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Änderung: 20.03.2002
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Prozessbericht Mittwoch, 18. März 2002 |
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Der Prozess |
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Die Anwesenden:
Das Einschreiten
des Rechtsanwalts Gabriel Lansky auf Seiten der Privatbeteiligten möchte
die Verteidigung nicht einfach hinnehmen. Verteidiger Rifaat meint, dass
Kollege Zanger doch bereits für Kinder und Eltern einschreite, es
solle also das Fragerecht nur einem der beiden Privatanwälte zukommen
und das sollen sie sich untereinander ausmachen. Außerdem richtet
er an RA Lansky die Frage, ob er denn überhaupt mit einer der vertretenen
Personen persönlich bekannt sei. Verteidiger Ofner bringt wiederum
die angebliche doppelte Identität von Marcus Omofuma ins Spiel und
fragt, welchen Schaden denn eigentlich Seitenverwandte (Schwestern und
Brüder) haben, der es rechtfertigen würde, dass sie in diesem
Prozess anwaltlich vertreten sind. Der Richter fragt nochmal bei RA Zanger
nach, der ihm ein Fax des Bruders von Marcus Omofuma weitergeleitet hat,
worin dieser meint, dass er nicht daran denke, einen anderen Anwalt zu
bestellen. RA Zanger antwortet, dass der Bruder natürlich nicht für
die Eltern sprechen könne und dass die mit Fingerabdrücken versehenen
Vollmachten von RA Lansky wohl nicht anzuzweifeln seien. Daraufhin fällt
der Richter den Beschluss, RA Lansky als Privatbeteiligtenvertreter zuzulassen.
RA Lansky schließt sich dem Verfahren mit einer Schmerzensgeldforderung
in Höhe von 10.000.- EUR an. RA Zanger gibt zu Protokoll, dass er
sich mit einer Schmerzensgeldforderung in Höhe von 100.000.- EUR
angeschlossen hat. Zeuge Mag.
Karl Schlögl RA Zanger fragt, ob Schlögl die Verklebungspraxis unterbunden hätte, wenn er davon gewußt hätte. Schlögl antwortet, er habe nach dem 1. Mai 1999 Maßnahmen gesetzt, damit nur mehr speziell ausgebildete Beamten die Abschiebungen durchführen. Zum Mundverkleben habe er angeordnet, dass dies nicht erlaubt sei. Die Adjustierung der abschiebenden Beamten sei ihm nicht bekannt. RA Lansky will mit seiner Befragung darauf hinaus, dass es doch Menschenrechtsschulungen bei der Polizei gegeben hätte und dass ein Minister wohl davon ausgehen könne, dass die Beamten zumindest den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei jedem Menschschenrechtseingriff berücksichtigen. Eine Frage von RA Lansky, ob Schlögl davon ausgegangen sei, dass Knebelungen stattfänden, wurde vom Richter mit dem Hinweis unterbrochen, man sei "in einer Verhandlung nicht per du". Beantwortet wurde die Frage mit Nein. Eine zweite Frage, ob Knebelungen rechtmässig seien, beeinspruchte Rifaat: Knebelung sei nicht verfahrensgegenständlich, unter einer Knebelung verstehe man einen gefüllten Mund, wenn das Verfahren nicht ausgeweitet werden solle, müsse weiterhin von Verkleben des Mundes gesprochen werden. Der Richter stimmte Rifaat zu. Lansky wiederholte die Frage mit dem vom Gericht gewünschten Ausdruck, Schlögl meinte, er sei hier Zeuge und gehe davon aus, diese Frage nicht beantworten zu müssen. Richter Fiala: es seien nur Fragen zum Fall statthaft, hier finde keine Politveranstaltung statt. Die nächste Frage bezog sich auf eine parlamentarische Anfrage, der Richter monierte, das entsprechende Protokoll liege dem Gericht nicht vor, eine 10-minütige Kopierpause wurde eingeschoben. Während dieser Pause kündigte Anwalt Zanger an, er werde sein Mandat zurücklegen. Dazu verteilte er kommentarlos folgende auf den nächsten Tag datierte Presseerklärung an die vor dem Gerichtssal wartenden JournalistInnen: Presseerklärung Gegenüber
dem Gericht kam im weiteren Verhandlungsverlauf es zu keiner Ankündigung
dieses Rückzugs. RA Rifaat setzte die Befragung fort, Schlögl bestätigte, von 1991 bis November 1994 Abgeordneter zum Parlament mit den Schwerpunkten Umwelt- und Finanzfragen gewesen zu sein. Im weiteren ging es um die Einrichtung eines Menschenrechtsbeirats nach dem Tod Marcus Omofumas. Schlögl hielt fest, die Einrichtung des Menschenrechtsbeirats sei bereits vorher geplant gewesen. Im weiteren ging es darum, ob der Zeuge die Empfehlungen dieses Beirats kenne. Dies hänge davon ab, ob sie in die Zeit fielen, in der er Minister war. Rifaat verlas die Empfehlungen: regelmässige Folgeschulungen mindestens einmal jährlich, Einrichtung einer Innenrevision, Schulungen auch hinsichtlich medizinischer Erkenntnisse (Schockzustand), Beiziehung von NGOs zu Schulungen, Vermittlung von Sprachkenntnissen und Wissen über mögliche Situtionen und Handlungsmöglichkeiten, Kenntnis der Judikatur des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Er fragte den Zeugen, ob ihm diese Empfehlungen bekannt seien, der meinte, im Detail nicht, er gehe davon aus, dass sie umgesetzt worden seien. Ob es das vor dem 1. Mai gegeben habe? Soweit der Zeuge wisse, nicht. Nach einer
Einführung des Richters in die Systematik von parlamentarischen Anfragen
und einer Einigung auf die Seitennummerierung zitiert RA Ofner eine Passage
in der unabhängig von der Verantwortung der Beamten für die
Wahrung der Menschenrechte Richtlinien uns Schulungsmaßnahmen gefordert
werden. Wie habe es passieren könne, dass es vor dem 1. Mai 1999
keine Richtlinien zu Abschiebungen außer zur Ticketbeschaffung gab?
Schlögl meinte, er könne nicht abstreiten, dass es Fehler gegeben
habe. Seine Verantwortung sei es gewesen, dafür zu sorgen, dass so
ein tragischer Vorfall nicht wieder passiere. Daher wurden nach dem 1.
Mai detailierte Regeln aufgestellt. Er habe nicht gewußt, dass die
Gendarmerie besonders für Abschiebungen geschult werde, die Kriminalpolizei
jedoch nicht. Ofner hält ihm vor, es habe doch auch Todesfälle
in anderen EU-Staaten bei Abschiebungen gegeben. Die seien aber, so Schlögl,
nicht an sein Ohr gedrungen. Es sei jedoch sicher im Gespräch mit
Spitzenbeamten darauf hingewiesen worden, dass "so etwas bei uns
nicht passieren darf". Anläßlich der nächsten Frage
von Ofner, Löschnak habe von der Verklebung gewusst und diese als
Notwehr akzeptiert, interveniert RA Zanger, das habe Löschnak nicht
so gesagt, der Richter gibt ihm recht, woraufhin Ofner die Angelegenheit
mit "Geh bitte gib Ruhe Georg!" quittiert. Schlögl meint,
er sei mit dem Problem nicht vertraut gewesen und habe daher keine Maßnahmen
gesetzt. Sodann stützt Ofner seine Befragung auf das Buch von Ex-Generaldirektor
Sika: Ob es richtig sei, dass schon am 2. Mai ein Telephonat mit dem österreichischen
Botschafter in Sofia stattgefunden habe, das von Spitzenbeamten laut mitgehört
wurde und wo dieser gemeint habe: Es sei alles in Ordnung, die Beamten
seien unschuldig, ein bulgarischer Arzt habe Herzversagen als Todesursache
festgestellt. Schlögl weiß das nicht mehr genau, die ersten
Nachrichten seien widersprüchlich gewesen. RA Zanger wirft ein, dass Einem darauf hingewiesen habe, dass die Beamten gegen das Bissrisiko auch Handschuhe hätten verwenden können. Schlögl wisse nicht mehr, ob Handschuhe im Gespräch waren. An die Idee, den Abzuschiebenden einen Sturzhelm aufzusetzen, könne er sich erinnern, aber das habe man zum Glück nicht gemacht, weil wenige Wochen nach dem 1. Mai 1999 in Deutschland bei einer "Sturzhelmabschiebung" auch ein Mann zu Tode gekommen sei. Zanger schiebt eine Frage an den Angeklagten B. dazwischen: Ob er der Stewardess gesagt habe, dass Marcus Omofuma ein Drogenhändler sei? B. beantwortet dies mit Ja. Er habe der Stewardess erzählt, dass der Häftling ein Drogenhändler sei, damit er nicht die Details des Asylverfahrens erklären müsse. Zanger fragt nach, ob B. irgendwelche Informationen darüber gehabt habe, dass Marcus Omofuma ein Drogenhändler sei. Dies verneint B. Zur Frage nach den Handschuhen antwortet B., dass sie damals keine Handschuhe gehabt hätten. RA Rifaat fährt dazwischen mit der Aussage, dass Handschuhe ja wohl nicht genügen würden, um die Beamten vor Bissen zu schützen. Da würde es doch ein Vollkörperpräservativ brauchen. RA Lansky empört sich über diesen ekelhaften Zynismus und fordert den Richter auf, solche Äußerungen zu unterbinden. Er erhält daraufhin die zweite Ermahnung gemäß 236a StPO mit der Androhung, dass die nächste Ermahnung zu seinem Verweis aus dem Gerichtssaal führen werde. RA Zanger fährt mit der Befragung fort: Was wäre gewesen, wenn die Angeklagten Handschuhe getragen hätten. B. verweigert auf Anraten seines Anwalts die Beantwortung. Der Angeklagte R. weiß es nicht und der Angeklagte K. meint, das sei rein spekulativ. Der Richter lenkt die Befragung wieder in Richtung Schlögl: Ob Abschiebekosten von 60.000.- ATS bzw. bis zu 650.000.- ATS bei Charterabschiebungen denn für ihn nie ein Problem gewesen seien. Schlögl meint, das sei für ihn nie ein Problem gewesen. RA Ofner kommt nochmals zurück auf den Hergang der Verständigung des damaligen Innenministers Schlögl am 2 Mai durch den österreichischen Botschafter in Bulgarien. Er hätte an diesem Tag nach Kanada fliegen sollen, habe aber nach dem Anruf vom damaligen Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit die Reise abgesagt. Ofner will auf das Telephonat und die angeblich gefallene Aussage hinaus, wonach zunächst Herzversagen als Todesursache festgestellt worden sei und fragt Schlögl, wer denn damals eine gegenteilige Meinung vertreten habe. Dagegen interveniert der Staatsanwalt. Ofner will das Sika-Buch vorlegen aber der Richter will es nicht haben. Schlögl meint, vor der Krisensitzung im Innenministerium gab es nur 2 Telephonate mit ihm und er habe den Bundeskanzler informiert. Die genaue Todesursache war noch Tage danach nicht bekannt. Der Senat zieht sich zur Beratung über die Frage der Zulassung der Frage von Lansky zurück. Ergebnis: Die Frage wird zugelassen, weil sie eh schon in anderen Fragen enthalten war. Sie braucht nicht nochmal gestellt werden. Rifaat wird wegen des Ausdrucks "Ganzkörperpräservativ" gemäß 236a stop vom Richter verwarnt. Er nimmt daraufhin den Ausdruck "Ganzkörperpräservativ" zurück und ersetzt ihn durch "Taucheranzug". Dann werden
noch Fragen an die Angeklagten zu dem gestellt, was der Zeuge Schlögl
gesagt hat. Der Angeklagte K. gibt an, dass die Ausbildungen nicht 2 Jahre
dauern und dass es keine Ausbildungen für Abschiebungen gegeben habe.
Ofner zitiert aus der Antwort auf die parlamentarische Anfrage, wo Klebebänder
als Kanzleibehelfe gewertet wurden, die als solche nicht separat statistisch
erfasst wurden.
Mehr Info: Medizinisches Gutachten von Prof. Brinkmann http://www.8ung.at/gutachten |
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