VolxTheaterKarawane bei Ferrero:
    "Danke für drei Wochen Gefängnis"
    [2004-04-13]
Zwei Aktivistinnen 
    waren zu einem Fest von Präsidentschaftskandidatin Ferrero-Waldner eingeladen. 
    Der Grund: Sie hatten (inkognito) einen Slogan-Wettbewerb gewonnen. Versöhnung 
    gab es aber keine. Securities haben die Aktivistinnen aus dem Saal gedrängt.
    
WIEN (red/ag.). Das Fest verlief nicht ganz nach Plan. Das Personenkomitee von ÖVP-Präsidentschaftskandidatin Benita Ferrero-Waldner lud rund 100 Personen - etwa Ex-Präsidentengattin Edith Klestil und der Regisseur Franz Antel - zu einem Heurigen Besuch. Auch die Gewinner des Sloganwettbewerbs der Initiative "Wir für Benita" waren geladen. Fünf der zehn Siegersprüche hatte die VolxTheaterKarawane eingesandt. Da half selbst das viel gepriesene Kampflächeln der Außenministerin nichts. Die Mitglieder der Anti-Globalisierungsbewegung sind auf Ferrero-Waldner seit den Vorfällen von Genua 2001 schlecht zu sprechen. Und die zwei Aktivisten der "VolxTheaterKarawane" waren sichtlich nicht auf Versöhnung aus. "Wir sind keine Freunde", wiesen sie Annäherungsversuche der Außenministerin zurück. "Wir sind gekommen, um uns für drei Wochen Gefängnis zu bedanken."
Protest gegen Ferrero
    Der Protest der 
    jungen Damen richtete sich gegen das Agieren Ferrero-Waldners im Umfeld der 
    Verhaftung einiger VolxTheater-Aktivisten bei Demonstrationen in Genua. Die 
    Außenministerin hatte sich kurz danach mit ihrem italienischen Amtskollegen 
    getroffen und dabei verkündet, dass "einige" der 17 verhafteten 
    Österreicher wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" 
    "polizeibekannt" seien. "Die dürfen sich nicht wundern, 
    dass sie von der Polizei festgenommen werden, sei es in Italien oder sonstwo", 
    so die Außenministerin damals.
Außerdem beklagten sich die Aktivisten darüber, dass das Außenministerium ihren Misshandlungs-Vorwürfen gegen die italienischen Behörden nicht entsprechend nachgegangen sei.
"Wer hat denn 
    solche Trottel eingeladen?"
    Bei den anderen, 
    etwa 100 geladenen Gästen stieß die Aktion auf Unverständnis. 
    "Wer hat denn solche Trottel eingeladen?", empörte sich ein 
    älterer Herr. Ein anderer forderte halblaut, man möge das "Gsindel" 
    doch entfernen. Dass man die Aktivistinnen überhaupt eingelassen hatte, 
    hatten sie dem Slogan-Wettbewerb für Ferrero-Waldner zu verdanken: Daran 
    hatten sie sich (inkognito) beteiligt, mit Sprüchen wie "Weil Frauen 
    manches anders sehen" den Sprung unter den Top 10 geschafft und damit 
    ein Abendessen mit Ferrero-Waldner gewonnen.
Aus Saal gedrängt
    Von den anwesenden 
    Securities wurden die beiden Aktivistinnen aber rasch aus dem Saal gedrängt. 
    Draußen warteten schon knapp zwei Dutzend Kollegen, die mit rosa "Benita 
    wir lieben dich"-Plakaten aufmarschiert waren und Slogans wie "Benita 
    öffnet Tür und Tor für Flüchtlinge" skandierten.
Rückkehr abgelehnt
    Als Kurt Bergmann, 
    Leiter des Personenkomitees für Ferrero-Waldner, die beiden dann zur 
    Rückkehr ins Lokal überreden wollte, um die Urkunden für die 
    prämierten Slogans entgegenzunehmen, lehnten sie ab. Schließlich 
    seien sie soeben "mit Gewalt" aus dem Saal entfernt worden.
Ferrero verteidigt 
    Vorgehen
    Erst nach einigem 
    Hin und Her fanden sich doch zwei Karawanisten bereit, ins Lokal zu einem 
    Gespräch mit Ferrero-Waldner zu kommen. Die Außenministerin verteidigte 
    dabei ihr Vorgehen rund um Genua: Für die Verhaftung der Aktivisten könne 
    sie nichts, danach habe sie sich aber für sie eingesetzt wie für 
    jeden anderen Österreicher auch. "Das können Sie glauben, oder 
    nicht."
"Sprachliche Probleme"
    Warum sie die Misshandlungsvorwürfe 
    nicht ernst genommen habe, wollten Aktivisten wissen. Ferrero-Waldner: Es 
    sei sogar ein Sondergesandter geschickt worden, mit dem Verteidiger habe es 
    sprachliche Probleme gegeben. Aber immerhin: "Sie sind schneller herausgekommen 
    als die Deutschen."
Keine Versöhnung
    In einem Fall räumte 
    die Außenministerin allerdings einen Fehler ein, nämlich die Bekanntgabe 
    der polizeilichen Vormerkung. "Dass ich eine interne Information nicht 
    hinausgeben sollte. Das würde ich nicht mehr machen." Danach zogen 
    die Aktivisten wieder ab. Versöhnung gab es aber keine: Die Sieger-Urkunde 
    wurde wenig später vor dem Lokal verbrannt, die nach draußen gebrachten 
    Brötchen blieben unberührt.
Von einer anhaltenden Verstimmung scheint Ferrero-Waldner nichts bemerkt haben. Auf ihrer Homepage schreibt sie: Heute abend standen zwei Heurigen-Besuche auf dem Programm. Im Heurigen Zeiler in Döbling traf ich die Wiener Landesinitiative und die ÖGV-Frauen, im Heurigen Schreiberhaus Angela Reyer, Franz Antel und viele andere Freunde. Dabei wurden auch die Wiener Sieger des Slogan-Wettbewerbs geehrt. Unter den Siegern waren auch zwei Mitglieder der Volxtheater-Karawane. In einem Gespräch mit den Betroffenen konnte ich klarstellen, dass ich mich immer für ihre Freilassung in Genua eingesetzt hatte, ihre Freilassung schon vor der Enthaftung ihrer deutschen Mitgefangenen erreicht hatte. Es tut mir leid, dass ich deren polizeiliche Vormerkung damals erwähnt hatte  ich würde das heute nicht mehr tun.
Die Presse, 13.04.2004
