Erneut zwei Russen rechtswidrig in Schubhaft
02.04.2001
no-racism.net | Rassismus und Festung Europa

       
Schubhaft abschaffen!
 

Eine Information von SOS-Menschenrechte
und Kurzkommentar von no-racism.net

Erneut zwei Russen rechtswidrig in Schubhaft
Unabhängige Haftprüfung nach 2 Monaten gefordert

Wie schon im Februar konnte SOS-Menschenrechte erneut eine rechtswidrige Anhaltung von zwei russischen Staatsbürgern in Schubhaft aufzeigen.

Seit 16. Jänner 2001 waren die Tschetschenien-Deserteure Alchazur L. (22) und Ruslan S. (25) in Schubhaft. Die zuständige Bezirkshauptmannschaft in Niederösterreich hat es verabsäumt, in den ersten zwei Monaten Schubhaft gegen die beiden Asylwerber eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, die Schubhaft aber dennoch entgegen § 69 Fremdengesetz über den 16. März hinaus verlängert.
Der Beschwerde von SOS-Menschenrechte war daher - so der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) Niederösterreich - stattzugeben und die Anhaltung ab dem 16.3.2001 für rechtswidrig zu erklären. Alchazur L. und Ruslan S. wurden mittlerweile aus der Schubhaft entlassen.

"Die Schubhaftbetreuung leistet hier zweifellos einen unverzichtbaren Beitrag zu einer gesetzeskonformen Vollziehung des Fremdengesetzes" verweist Vesna Kolic auf vier Fälle gesetzwidriger Anhaltung russischer Staatsbürger in Schubhaft im ersten Quartal 2001.
"Das allein ist als Rechtssicherheit für die Betroffenen aber ungenügend. Spätestens nach zwei Monaten sollte ein Richter des Unabhängigen Verwaltungssenats von sich aus überprüfen, ob eine weitere Verlängerung der Haft überhaupt gesetzeskonform ist." Daher fordert SOS-Menschenrechte von Innenminister Dr. Ernst Strasser die Einführung einer obligatorischen Haftprüfung durch den UVS nach 2 Monaten Schubhaft.

Nähere Infos bei ecker@sos.at

 

Kurzkommentar von no-racism.net:

Sosehr es zu begrüssen ist, daß sich SOS Menschenrechte über den gesetzlich vorgeschrieben Rahmen der Schubhaftbetreuung für zwei Asylwerber einsetzt, die mehr als die Zweimonatsfrist grundlos gefangen gehalten werden, so ist auch der Stellenwert der Schubhaft generell zu bedenken. Die willkürlichen Grenzziehungen, die Abschottung und die Perfekt funktionierende Abschiebemaschinerie manifestieren sich am deutlichsten in der Schubhaft. So stellt sich vielleicht weniger die Frage der Rechtmässigkeit der Dauer als der Rechtfertigung, daß Menschen, deren einziges Vergehen darin besteht, über kein gültiges Aufenthaltsrecht zu verfügen, einfach bis zu sechs Monate eingesperrt werden können.

Durch die Schubhaftbetreuung werden zwar die sozialen Bedingungen verbessert, aber gleichzeitig stellt sie eine Bejahung und Unterstützung dieses Systems dar. Die früher (medial) schärfer geübte Kritik an der Praxis der Schubhaft wurde u.a. dadurch ruhig gestellt, daß seit März 98 sogar durch NGOs (Non Government Organisations) für die sozial-rechtliche Betreuung der Schubhäftlinge gesorgt sei. Niemand spricht jedoch davon, daß diese eigentlich den reibungslosen Ablauf der Abschiebemaschinerie unterstützt z.B. durch die als ihr Aufgabengebiet beschriebene "Minimierung des Konfliktpotentials" und "Vorbereitung auf die Abschiebung".

"Die Schubhaftbetreuung leistet hier zweifellos einen unverzichtbaren Beitrag zu einer gesetzeskonformen Vollziehung des Fremdengesetzes"- so eine Mitarbeiterin von SOS Menschenrechte, aber ist es positiv zu werten, wenn man einem großteils unmenschlichen Gesetz zum Vollzug verhilft?

Eine Haftprüfung wird bereits seit langem von den meisten NGO s im Flüchtlingsbereich gefordert, diese umfasst jedoch oftmals auch das generelle Verbot, AsylwerberInnen überhaupt in Schubhaft zu nehmen. Und nicht erst nach 2 Monaten Haft darüber zu entscheiden, ob die weitere Anhaltung nun rechtwidrig ist oder nicht.

 

   
 

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