Skandalöse Polizeikontrolle in Wiener Neustadt
14.02.2001
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Skandalöse Polizeikontrolle in Wiener Neustadt: Handschellen, Fußtritte und gezückte Pistolen
14.02.2001

Acht Polizisten machten Jagd auf vermeintlich illegalisierte EinwandererInnen. "Beamtshandelt" wurden aber zwei Familien "aus Indien, die längst österreichische StaatsbürgerInnen sind.

WIENER NEUSTADT. Kein Platz für Menschenrechte am Platz der Menschenrechte in Wiener Neustadt. Parveen Kumar hat hier Bekanntschaft mit der Polizei gemacht. Das war Montag voriger Woche. Der 45jährige Postangestellte aus Wien fährt mit seinem
Renault über den Platz. Plötzlich sieht er von allen Richtungen Polizisten auf sich zulaufen. Einige haben Pistolen in der Hand. Er hält an, will aussteigen, da liegt er schon auf dem regennassen Asphalt. "Hände auf den Rücken!"
Sein Freund auf dem Beifahrersitz, Angestellter im SAS-Radisson-Hotel in Wien, ist so geschockt, daß er die Tür nicht aufbringt. "Aufmachen! Aussteigen!" Einem Polizisten geht es zu langsam. Er tritt mit dem Fuß gegen die Wagentür. Sekunden später liegt der zweite Mann im Matsch. Hände mit Handschellen auf den Rücken
gefesselt. "Augen auf den Boden", brüllt ein Beamter und zielt mit der Pistole auf den Kopf des Mannes. Auf dem Rücksitz des Autos sitzen die beiden Frauen und drei kleine Kinder. Zwillinge, vier Jahre alt, und Kumars sechsjähriges Töchterchen Nitika, die vor lauter Angst in die Hose macht.

Gefesselt im Regen

So hat es Parveen Kumar in Erinnerung. Kumar lebt seit 20 Jahren in Wien, und seit 10 Jahren österreichischer Staatsbürger. Seine Frau ist Krankenschwester im Haus der Barmherzigkeit. Keine Spur von Barmherzigkeit auf dem Platz der Menschenrechte. Kumar wird aufs Wachzimmer gebracht. Frauen und Kinder warten in einem Polizeiauto. Der Beifahrer bleibt gefesselt draußen im Regen stehen. Erst auf dem Wachzimmer wird Parveen Kumar nach seinen
Papieren gefragt. Die sind im Auto. Zurück auf den Platz
der Menschenrechte. "Ich habe den Polizisten Reisepaß, Führerschein, Postausweis gezeigt. Die sind dann ziemlich leise und
blaß geworden. Haben gesagt, wir können weiterfahren", erzählt Kumar.

Parveen Kumar will nicht gleich nach Hause. Zuerst will er einen Arzt. Was ist mit der kaputten Autotür? Ein schriftliches Attest wird ihm vom Amtsarzt nicht ausgestellt. Nur für die Tür gibt es ein Informationsblatt der Polizei. "Am 5. 2. 2001 um 16.00 Uhr ist bei einer von uns geführten Amtshandlung in Ihrem Bereich leider ein
Sachschaden aufgetreten . . ." Kumar holt sich am Abend im Wiener AKH ein Attest. "Schwellungen im Bereich des linken Handgelenks", "zwei mal zwei Zentimeter messende Schürfwunde" am linken Knie. "Unfallhergang: Mißhandlung durch Polizei." So steht
es im Befund. Tags darauf bringt Parveen Kumar den Vorfall in Wien zur Anzeige. Der Schaden am Auto beträgt 18.000 Schilling. Karl Hawliczek, Pressesprecher der Polizeidirektion Wiener Neustadt, bestätigt den rüden Hergang der Amtshandlung. Die Amtshandlung sei von acht Beamten durchgeführt worden. Die Polizisten hätten "zwecks Eigensicherung" die Waffen gezogen. Der Pkw sei beschädigt, eine Person leicht verletzt worden. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Polizisten.

Passiver Widerstand?

"Wir wurden von einem Anrufer informiert, daß sich in dem Wagen Illegale befinden", begründet Hawliczek die Amtshandlung. Den Einsatz selber will er nicht kommentieren. Zurück zum Platz der Menschenrechte: Bei der Wiener Neustädter Polizei sieht man die Amtshandlung nicht ganz so negativ. Ein leitender Beamter spricht von "divergierenden Aussagen". Die Autoinsassen hätten Widerstand geleistet, heißt es. Sie seien nicht sofort aus dem Auto ausgestiegen. Ob man das als Widerstand werten könne? "Man kann auch passiven Widerstand leisten."

 

   
 

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