Aufruhr und Widerstand gegen Schwarz-Blau
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last update: 24.04.2002
 
Botschaft der Besorgten BügerInnen geräumt - Wideraufbau hat bereits begonnen


Am Morgen des 24. April 2002 wurde zwischen 6.00 und 7.00 Uhr Morgens von ca. 15 Bauarbeitetern der Container weggegeräumt, in dem sich bis dahin die Botschaft der Besorgten BürgerInnen befand. Ca 10 PolizistInnen sollen als Zuschauende Anwesend gewesen sein. Der Container steht nach Angaben eines ORF-Journalisten derzeit auf einem Platz der Räumungsfirma, es ist uns derzeit aber nicht näher bekannt, um welche Firma es sich dabei handelt.

Jedenfalls wurde der Container zwar abtransportiert, was die BotschafterInnen aber nicht davon abhielt, gleich wieder eine neue Botschaft zu errichten. So wurde am Nachmittag nach der Räumung Holz herbeigeschafft und Gehämmert und genagelt.

Es werden auf jeden Fall noch viele Leute benötigt, die Botschaftsdienst leisten und so ein Weiterbestehen der Botschaft ermöglichen.
Da das komplette Inventar der Botschaft mitsamt dem Container entfernt wurde, werden außerdem benötigt:Böromaterial, Megaphon, Eddings, Infomaterial, Transparente, Wasserkanister und was sonst noch alles das Protestieren bei der Botschaft interessant macht.

Die Entfernung des Containers geschah nach Angaben einiger BotschafterInnen auf Anlass des zuständigen Bundesministers Bartenstein. Erst am Vortag waren ÖVP-PolitikerInnen - allen voran Clubchef Andreas Kohl - öffentlich aufgetreten, und redeten eine gewaltbereite Demoszene her. Die Botschaft wurde dabei in den Nachrichten als von einem möglichen Demoverbot betroffen präsentiert.

Die Räumung der Botschaft der Besorgten BürgerInnen muss als rechtsextreme Attacke gegen den Widerstand gegen die Regierung begriffen werden. Seit Februar 2000, dem Antritt der Regierung ist die Botschaft dort ein sichtbare Zeichen des Widerstandes. Die Regierungsmitglieder sahen sich damals, am Tag ihrer Angelobung aufgrund häftiger Proteste dazu gezwungen, einen unterirdischen Tunnel zu benutzen, um zum Bundespräsidenten zu gelangen. Seit damals treffen sich am Ballhausplatz jeden Donnerstag ab 19.00 Uhr Leute zur wöchentlichen Donnerstagsdemonstration. Bereits ab 17.00 finden dort immer donnerstags Widerstandslesungen statt.


Gegenüber dem Bundeskanzleramt gelegen, ist die Botschaft, die in der letzten Zeit immer wieder in Aussendungen betonte, dass sie Unterstützung benötigt, um den Betrieb aufrecht zu erhalten, ein sichtbarers Signal gegen die schwarz/blaue Regierung. Rund um die Uhr, bei jedem Wetter können sich dort Vorbeikommende über den Widerstand gegen Schwarz-Blau informieren.

Durch die dauerhafte Präsenz über mehr als zwei Hare erlangte die Botschaft ein "Gewohnheitsrecht". Die Räumung der Botschaft ist nicht nur eine Attacke gegen die Widerstandbewegung, sondern auch rechtswidrig. Um eine Räumung den Gesetzen entsprechend durchzusetzen, müsste ein Kurator eingesetzt werden, der einen Antrag auf "Wegräumung des herrenlosen Gutes" stellt. Ein derartiger Kurator wurde aber bisher nicht eingesetzt, somit fällt auch die rechtliche Voraussetzung für die Räumung weg.

Nach Angaben einiger BotschafterInnen sei es nicht die Polizei bzw. das Innenministerium gewesen, die die Räumung veranlassten, sondern die Burghauptmannschaft unter dem Vorsitz von Burghauptmann Beer und der zuständige Minister Bartenstein. Die Räumung erfolgte nur wenige Tage vor einem neuerliche rechtsextremen Aufmarsch am Heldenplatz.



Recht Umtriebe am Heldenplatz

Rechte, wollen den Ballhausplatz offenbar nun für sich beanspruchen. Am 13. April 2002 demonstrierten dort Neonazis unter massiven Polizeischutz gegen die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht - Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 - 1945", die noch bis 26. Mai 2002 im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien (Lehargasse 8, 1060 Wien) zu sehen ist. Die Polizei ging damals gewaltsam gegen AntifaschistInnen vor, während Neonazis ungehindert und unter Beobachtung der Staatspolizei unter dem Gröhlen von Naziparolen und "Ausländer Raus!" durch die Innenstadt marschieren konnte, während die Exekutve zeitgleicht brutal gegen Antifademo vorging. Gegen AktivistInnen, die zum Teil mit Pflastersteienen und Latten gegen die Absperrungen der Polizei vorgingen, wurden unter anderem Wasserwerfer eingesetzt. Hunde wurden auf DemonstratntInnen gehetzt, mehrere AktivistInnen mit Schlagstöcken verprügelt und zumindest ein Polizist bedrohte einen Demonstratnten mit der Schusswaffe, nachdem dieser in eine Wiese pinkelte.

Die im Wiener Korporationsring (WKR) zusammengeschlossenen deutschnationalen Studentenverbindungen planen gemeinsam mit dem Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) und dem Ring Volkstreuer Verbände (RVV) Aktionen für den heurigen 8. Mai. Dieser gilt im burschenschaftlichen Milieu nicht als Tag der militärischen Zerschlagung Nazideutschlands, sondern als Tag der "totale[n] Niederlage", wie es die Burschenschaft Olympia in ihrer "Festschrift" offen bekennt. 1988, im "Gedenkjahr an den Anschluss an Nazideutschland", legte die Olympia am Heldenplatz einen Kranz mit schwarz-rot-goldener Schleife und dem Spruchband "Der historischen Wahrheit - Burschenschaft Olympia" nieder.

siehe auch: Burschenschaft Olympia: Alten "Werten und Grundsätzen treu geblieben"


In den vergangenen Jahren war es unter anderen der Wiener Akademische Turnverein (WAT), der die "Heldengedenken" am Heldenplatz mit Kranzniederlegung beim "Grab des unbekannten Soldaten" (das sich in einer Seitenkammer des Heldentores befindet) organisierte. Minister Bartenstein ist selbst Mitglied beim Grazer Akademischen Turnverein, der wie der WAT Teil des rechtsextremen Österreichischen Turnerbundes ist.


Weitere Informationen zum 8. Mai 2002:

Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DOEW):
- Neonazis mobilisieren für den 8. Mai
- Geschichtslügen und Trauer am 8. Mai

TATblatt:
- "Totenehrung: Wenn "Besiegte" der "totalen Niederlage" gedenken" (Bericht zu "Totenehrung" und Widerstand 1998)

Gegen den Nationalen Konsens: Homepage gegen den Naziaufmasch am 13.4.2002 - mit Infos zum 8. Mai 2002

indymedia



Erste Aussendung der Botschaft der Besorgten BürgerInnen nach der Entfernung des Containers am 24. April 2002:

In einer Nacht und Nebel Aktion wurde heute Nacht die Botschaft der Besorgten BürgerInnen (BBB) durch BM Bartenstein geräumt.

Die BBB am Heldenplatz, eine überparteiliche Institution der Zivilgesellschaft, die seit Antritt dieser blau-schwarzen Regierung als Ansprech- und Kommunikationsstelle für besorgte BürgerInnen aller politischen Richtungen eine wichtige und auch anerkannte Funktion erfüllt hat, ist nicht mehr. Eine Botschafterin meint dazu: "Es mag sein, dass diese Regierung uns das Botschaftszelt weggenommen hat, aber die Idee der Botschaft und der Widerstand gegen diese Regierung wird weiterleben, und wenn wir mit dem Schlafsack dort am Heldenplatz schlafen müssen." Ein anderer Botschafter meint: " Die Räumung der BBB passt in den Kontext der vergangenen Wochen. Eine Verrohung der politischen Kultur, der politischen Sprache, gipfelt in der Räumung einer Institution, in der Demokratie als ein Wettstreit der Argumente begriffen und gelebt wurde."

Wir sind zutiefst besorgt über die bewusste und gezielte Eskalation, die hier seitens der Regierung betrieben wird und sehen seitens der Regierung auch keinerlei Versuch die zu befürchtenden Ausschreitungen am 8.Mai einzudämmen. Im Gegenteil, hier wird anscheinend bewusst versucht Institutionen wie die BBB, die zwar gegen diese Regierung ist, aber sich der Gewaltlosigkeit verpflichtet fühlte und auch immer in diesem Sinne gewirkt hat, auszuschalten. Anscheinend will die Regierung, dass es zu Ausschreitungen kommt, um dann ein Demonstrationsverbot für den Heldenplatz aussprechen und um längerfristig das Demonstrationsrechtes auszuhöhlen zu können.

Diese Räumung wurde im Namen der Burghauptmanschaft und im Auftrag des zuständigen Ministers Bartenstein durchgezogen. Ausdrücklich wollen hier wir festhalten, dass diese Räumung nicht seitens der Polizei durchgeführt bzw. des BM für Inneres initiert wurde.


Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger

... ist die ständige Vertretung für alle Menschen, die Probleme mit der blauschwarzen Regierung haben, sowie für jene, die Widerstand leisten. Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger wird von Betroffenen betrieben, die sich durch die derzeitige Regierung nicht vertreten fühlen.

Die Botschaft dient als Drehscheibe. Sorgen und Anregungen können an die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger gerichtet werden, die diese an EntscheidungsträgerInnen und relevante Stellen im In- und Ausland weiterleitet.

Die Existenz der Botschaft am Ballhausplatz ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass es Probleme mit und durch die blauschwarze Regierung gibt. Die Botschaft ist Treffpunkt, Ort und Ausgangspunkt für Veranstaltungen des Widerstands gegen Blauschwarz. Darüber hinaus sollen Personen, die bei Aktionen mitmachen wollen, hier eine erste Anlaufstelle finden.
Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger ist überparteilich und an keine Organisationen gebunden. Gleichzeitig soll eine größtmögliche Vernetzung erreicht werden.

Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger ruft zum friedlichen Widerstand auf und setzt sich vehement gegen jegliche Art von Verhetzung ein. Wir wenden uns auch gegen die Diffamierung und Kriminalisierung einzelner bzw. aller Widerstandsgruppen.
Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger steht für ein Zusammenleben aller Kulturen, das von Akzeptanz, gegenseitigem Respekt und Lebensfreude getragen wird.

Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger will ihren Betrieb aufrecht erhalten, solange diese Regierung im Amt ist, und solange die Unabhängigkeit der Botschaft gewährleistet ist.

Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger ruft alle auf, die mit dem Leitbild konform gehen, sich als BotschafterInnen zu betätigen, indem sie diese ständige Vertretung benachrichtigen oder/und mitgestalten (ganz nach dem Motto: "Wir alle sind BotschafterInnen.").

Einstweilen soll ein Zelt/Container sowohl als Botschaft dienen, aber auch als solche verstanden werden.

A-1010 Wien, Ballhausplatz 1a,
Wien, 14. April 2000
Verantwortlich: W.Schüssel

 



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- Die Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger





Botschaft besorgter Bürgerinnen und Bürger
A-1010 Wien, Ballhausplatz 1a
botschaftbesorgterbuergerinnen.cjb.net
BotschaftbesorgterBuergerInnen@blackbox.net
Neues Telefon: 0664-936 88 37


Weitere Infos:
Widerstandslesungen: hier + hier
ballhausplatz.at
at.indymedia.org

Fotobericht nach der Räumung: Ewiges Archiv
Stellungnahme der IG AutorInnen



Proteste an:

Burghauptmannschaft Österreich
Hofburg, Schweizerhof, Säulenstiege, 1010 Wien
Tel. 01-53649-0
FAX 01-53649-592

 

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