Informationen zu Deserteuren aus Jugoslawien in Ungarn, dem SafeHouse Projekt und Seobe 99

FRY: Bojan Aleksov and Women in Black - human rights defenders at risk

BRJ: Bojan Aleksov und Frauen in Schwarz – MenschenrechtlerInnen in Gefahr

amnesty international ist beunruhigt über die Sicherheit von MenschenrechtlerInnen und Mitgliedern nichtstaatlicher Organisationen in Serbien. Die Besorgnis von amnesty international hat sich durch die Festnahme und Misshandlung von Bojan Aleksov erhöht.

Bojan Aleksov ist serbischer Nationalität, er lebte über zwei Jahre in Budapest, in denen er hauptsächlich im Rahmen des "Safe-House Project" für nach Ungarn geflohene Kriegsdienstverweigerer aus der Bundesrepublik Jugoslawien arbeitete. Er ist auch eng mit der in Belgrad ansässigen nichtstaatlichen Organisation "Frauen in Schwarz gegen Krieg" verbunden. Nachdem er am 7. Juli 2000 nach Belgrad zurückgekehrt war, um seine Familie zu besuchen, wurde er festgenommen. Er kehrte auch zurück, da er über die Lage der Gruppe "Frauen in Schwarz" beunruhigt war. Im Juni diesen Jahres hatten die staatlichen Sicherheitskräfte und die Finanzpolizei "Frauen in Schwarz" und Mitglieder anderer nichtstaatlicher Organisationen über ihren finanziellen Status, ihre Arbeit sowie dortige und internationale Kontakte verhört.

Bojan Aleksov wurde vom 7. Juli um 20.00 Uhr bis zum 8. Juli um 19.00 Uhr in Haft gehalten, nachdem er mit Gewalt aus seinem Auto heraus entfernt und zur zentralen Polizeistation in Belgrad gebracht worden war. Während des 23-stündigen Zeitraums wurde er wiederholt mit dem Tode bedroht. Er wurde über seine Arbeit im Zusammenhang mit dem "Safe-House Projekt" für Kriegsdienstverweigerer verhört, über die Aktivitäten von "Frauen in Schwarz" und ihre Kontakte innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien und auf internationaler Ebene. Während des Verhörs wurde es Bojan Aleksov klar, dass die staatliche Sicherheitspolizei über einen Zeitraum von zumindest zwei Jahren "Frauen in Schwarz" überwacht und Gespräche aufgezeichnet hat, einschließlich von Telefongesprächen, die in Büros und privaten Räumen geführt wurden.

Während des Verhörs bei der staatlichen Sicherheitspolizei wurde Bojan Aleksov wiederholt geschlagen, beschimpft und beleidigt, einschließlich homophober Drohungen und anderer erniedrigender Behandlung. Fünf Stunden lang wurde er misshandelt. So zwang man ihn, auf seinen Zehen zu stehen und schlug seinen Körper mit einem Gummiknüppel. Ihm wurde in diesen fünf Stunden, trotz einer Temperatur von 30 Grad Celsius, Wasser verweigert. Er wurde während der Nacht wach gehalten und am nächsten Morgen um 11.00 Uhr von drei Polizeibeamten mit einem Gummiknüppel auf die Fußsohlen, die Handflächen und andere Teile seines Körpers geschlagen.

Während des Verhörs betonte Bojan Aleksov gegenüber der Polizei wiederholt, dass er keine Spionage betrieben habe, sondern für die Menschenrechte in Serbien arbeite, insbesondere zur Frage der Kriegsdienstverweigerung. Am Ende wurde er dazu gezwungen, eine zwölfseitige Erklärung zu schreiben, die ihm von einem der Untersuchungsbeamten diktiert wurde, mit Details über seine Aktivitäten zur Kriegsdienstverweigerung und bei "Frauen in Schwarz", inklusive von Details über seine in- und ausländischen Kontakte und seine Besuche in andere Länder. Zudem wurde er zu einer kürzeren Erklärung gezwungen, um die Verantwortung für frühere "Verbrechen" einzugestehen. Unter Todesdrohung erklärte er sich bereit, für den staatlichen Sicherheitsdienst zu arbeiten.

Dann wurde er gezwungen, Auszüge aus der zwölfseitigen Erklärung vor einer Videokamera zu wiederholen. Er musste eingestehen, dass er für ausländische Geheimdienste gearbeitet, Informationen über Stanislavka (Stasa) Zajovic – die die Polizei als Führerin von "Frauen in Schwarz" bezeichnete – und das von ihr dort initiierte Netzwerk gesammelt habe. Er musste erklären, dass er diese Informationen dann an ausländische Geheimdienste übermittelte und bewusst gegen die Sicherheit, Integrität und Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Jugoslawien gearbeitet habe.

Er wurde dazu gezwungen, das gleiche bezüglich seiner zweiten Erklärung zu machen – er musste es drei Mal wiederholen, bevor die Aufnahme für überzeugend genug gehalten wurde. Er musste wiederholen, dass er die "strafrechtliche und moralische Verantwortung" für seine vorherigen Handlungen übernehme und dass er von nun an für den "Dienst" (Staatliche Sicherheitspolizei) arbeiten würde – "sogar unter Einsatz des eigenen Lebens"

amnesty international befürchtet, dass diese unter Bedrohung gegebenen Erklärungen als Basis zur Anklage von Bojan Aleksov wegen "Spionage" und "Verbreitung falscher Informationen" benutzt werden können. Solche Anklagen wurden kürzlich von den Behörden der Bundesrepublik Jugoslawien in einer Mehrzahl von Fällen benutzt. So wurde der Journalist Miroslav Filipovic wegen dieser Anklagen zu sieben Jahren Haft verurteilt. amnesty international befürchtete, dass diese Anklagen nicht der legitimen Verteidigung der Sicherheit des Staates dienen, sondern zur Einschränkung der Meinungsfreiheit benutzt werden.

Bojan Aleksov floh nach seiner Verhaftung aus Serbien und fürchtet nun um sein Leben. Kurz vor und nach seiner Verhaftung wurden drei weitere Mitglieder der Gruppe verhört und während "informativer Gespräche" von der staatlichen Sicherheitspolizei beschimpft und beleidigt. Die Räume von "Frauen in Schwarz" in Belgrad und eine private Wohnung, in der ein Mitglied der Gruppe lebt, wurden überfallen und durchsucht. Material, darunter Papiere und zwei Computer-Festplatten, wurde konfisziert.

Nach diesen Ereignissen flohen mehrere Mitglieder von "Frauen in Schwarz" aus Belgrad, weil sie Verhaftung, Verfolgung oder Schlimmeres befürchten. Aufgrund der Festnahme und Misshandlung von Bojan Aleksov ist amnesty international extrem beunruhigt über die Sicherheit der Mitglieder von "Frauen in Schwarz", die in Serbien geblieben sind sowie über Einzelpersonen und Mitglieder anderer nichtstaatlicher Organisation, die in der Bundesrepublik Jugoslawien für die Menschenrechte arbeiten.

Übersetzung aus dem Englischen: Rudi Friedrich, Connection e.V.)


 AI Index EUR 70/039/2000 - News Service Nr. 159
FRY: Bojan Aleksov and Women in Black - human rights defenders at risk

Amnesty International is concerned for the safety of  human rights
defenders and members of non-governmental organizations (NGOs) in
Serbia. Amnesty International's concerns have increased following the
arrest and ill-treatment of Bojan Aleksov.

 Bojan Aleksov is a Serb national who has been living in Budapest for
two years, working primarily with the Safe-House project for
Conscientious Objectors from the Federal Republic of Yugoslavia (FRY)
who have fled to Hungary. He is also closely associated with the
Belgrade-based NGO Zene u Crnom protiv Rata (Women in Black against
War). He was arrested by the State Security Police on 7 July 2000 after
he had returned to Belgrade to visit his family.  He also returned
because of his concern for the Women in Black group. In June this year
the State Security and Financial Police interviewed the Women in Black
group and members of other NGOs about their financial status, their work
and local and international contacts.

 Bojan Aleksov was detained from 8pm on 7 July to 7pm on 8 July, after
being forcibly removed from his car and taken to the central police
station in Belgrade. During this 23-hour period he was repeatedly
threatened with death. He was interrogated about his work with the Safe
House Project for Conscientious Objectors, the activities of Women in
Black and their contacts within the FRY and internationally. It became
clear to Bojan Aleksov during his interrogation that the State Security
Police had been engaged in the long-term surveillance of Women in Black,
and had been recording conversations, including telephone conversations,
which took place in their offices and in their private apartments for at
least two years.

 During his period of interrogation by the State Security Police, Bojan
Aleksov, was repeatedly beaten and subjected to verbal abuse, including
homophobic abuse, and other humiliating treatment. For a period of five
hours, he was subject to ill-treatment which included being forced to
stand on his toes and being beaten with a truncheon on his body. He was
denied water for this initial period of five hours, despite a
temperature of over 30 degrees. He was kept awake throughout the night,
and at 11am the following day he was beaten on the soles of his feet,
the palms of his hands and other parts of his body by three police
officers, using a baton or truncheon.

 Throughout the interrogation, Bojan Aleksov repeatedly stressed to the
police that he had not been engaged in espionage, but had been working
for human rights in Serbia, particularly in relation to the rights of
conscientious objectors. He was finally forced to write a 12-page
statement, dictated to him by an interrogating officer, detailing his
activities relating to Conscientious Objectors and to the activities of
Women in Black, including details of his local and foreign contacts and
visits made to other countries.  In addition, he was forced to make a
shorter statement admitting responsibility for his previous "crimes",
and under threat of death, to agree to work for the State Security
Service.

 He was then forced to repeat parts of the 12-page statement on video
camera.  He had to admit that he was working for foreign intelligence
services, collecting information through Stanislavka (Stasa ) Zajovic  -
who the police described as the leader of Women in Black - and the local
network she had created. He had to state that he was then transmitting
this information to foreign intelligence services and was consciously
working against the security, integrity and defence capability of the
FRY.

 He was forced to do the same for his second written statement - having
to repeat it three times before the recording was deemed convincing
enough.  He had to repeat that he would accept "criminal and moral
responsibility" for his previous actions and that henceforward he would
work for the "service" (State Security Police) - "even at the risk of
his own life".

 Amnesty International is concerned that these statements made under
threat could be used as the basis for charging Bojan Aleksov with
"espionage" and the "spreading of false information". Such charges have
been used by the FRY authorities in a number of recent cases.
Journalist Miroslav Filipovic  was sentenced under these charges to
seven years imprisonment.  Amnesty International was concerned that the
charges were used to limit freedom of expression rather than in the
legitimate defence of the security of the state.

 Bojan Aleksov fled Serbia following his arrest, and now fears for his
life. Shortly before and after the arrest, three other members of the
group, were interrogated and verbally abused by the State Security
Police during "informative talks".  The premises of Women in Black in
Belgrade and a private apartment where one of the group lived, were
raided and searched, and materials including papers and two computer
hard-discs were confiscated.

 Following these incidents, several members of Women in Black have fled
from Belgrade, fearing arrest and prosecution or worse. Given the arrest
and ill-treatment of Bojan Aleksov, Amnesty International is extremely
concerned for the safety of members of Women in Black who remain in
Serbia and for individuals and members of other NGOs working for human
rights in FRY.

 Amnesty International calls on the authorities to conduct exhaustive
and impartial investigations into the arrest and ill-treatment of Bojan
Aleksov; and urges that members of the state security police alleged to
be responsible for the ill-treatment of Bojan Aleksov should be
immediately suspended from active service until the investigations are
completed. Further they should ensure that perpetrators of human rights
violations against human rights defenders do not benefit from legal
measures exempting them from criminal prosecution or conviction.