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Kolumbien: Todesdrohung Vöest-Kraftwerk    
  TATblatt plus 116, 20. Mai 1999
18.02.01
   
Quellen: Earth First! Journal, Vöest, Informationsstelle Lateinamerika (Berlin), Corporate Watch, Survival International      


In Kolumbien steht das Wasserkraftwerk Urra I vor der Fertigstellung. Im April wurde, wie schon mehrmals zuvor, ein Vertreter der betroffenen Indigenen der Embera Katio von Todesschwadronen ermordet. Und wie bei ähnlichen Projekten, etwa auf den Philippinen oder in Kurdistan, ist auch diesmal die Vöest Alpine MCE am Bau beteiligt.

Der Bau des Kraftwerks in der Provinz Cordoba im Norden Kolumbiens wurde 1991 beschlossen und 1993 begonnen. Urra I wird mit 340 Megawatt die Größe eines Donaukraftwerks haben, etwa 7.400 Hektar Land am Rio Sinú überfluten und 3.000 Indigene der Embera Katio vertreiben. Ungefähr 20.000 Menschen leben dort vom Fischfang, der durch den Stau des Flusses vernichtet wird. Ein Teil des Baugebiets liegt im geschützten Naturreservat Paramilo. Die Zufahrtsstraßen werden schon jetzt von Großgrundbesitzern genutzt, den Wald für Rinderweiden niederzubrennen.

Todesschwadronen

Die Embera wehrten sich von Anfang an gegen das Projekt, was zunächst die Errichter nicht weiter berührte. Die Betreibergesellschaft Empresa Multiproposita Urra I S.A., ein Unternehmen der kolumbianischen staatlichen Gesellschaft Corporacion Electricita de Costa Atlantica (CORELCA), beauftragte zunächst die schwedische Firma Skanska als Generalunternehmer. Da die Embera mit ihren Forderungen auf taube Ohren stießen, besetzten sie 1996 daher die schwedische Botschaft in Kolumbien und verhandelten einen Kompensationsvertrag mit der Urra S.A.. Obwohl der Vertrag abgeschlossen wurde, beschloß danach der Aufsichtsrat der Urra S.A. auf Anregung des zuständigen Ministeriums für Bergbau und Energie sich nicht an die Vereinbarungen zu halten.
Die Embera brachten daher eine Klage ein, die 1998 in ihrem Sinne vom Obersten Gericht Kolumbiens entschieden wurde und das seitdem die Fertigstellung des Kraftwerks blockiert. Als Reaktion auf den Widerstand der Embera hatten lokale Grundbesitzer, die von Urra I profitieren, eine paramilitärische Einheit namens "Autodefensas de Cordoba y Uraba" (Selbstverteidigung von Cordoba und Uraba), gegründet, die seit 1997 Todesdrohungen verschickt. Erste Bedrohte war Ana Cecilia Betancur, Anwältin des kolumbianischen Dachverbandes der Indigenen (ONIC); ONIC unterstützt die Embera Katio von Beginn an. Als die Embera im Februar 1998 mit Unterstützung von ONIC die Klage einbrachten, wurde das Büro von ONIC mehrmals von Unbekannten auf Motorrädern oder in Autos ohne mit gefälschten Nummerntafeln direkt bedroht.
Am 25. August 1998 ermordeten die Autodefensas den wichtigsten Anführer der Embera, Alonso Dominco Jarupia. Außerdem hinterließen sie eine Liste mit weiteren fünf Personen. Der Berater von ONIC in Fragen der Anthropologie, Efrain Jaramillo, wurde im September von den Autodefensas "informiert", daß er "zum Tode verurteilt worden sei", weil er "ein Ideologe der Guerilla sei". Ein weiterer Mitarbeiter von ONIC, Hector Mondragon, verließ mit seiner Familie, die ebenfalls mit dem Tode bedroht wurde, Kolumbien.
Währenddessen erhielten auch MitarbeiterInnen der Menschenrechtsabteilung der Generalstaatsanwaltschaft in Bogota, die Menschenrechtsverletzungen aufklären sollen, Todesdrohungen. Der Staatsanwalt dieser Abteilung, der den Mord an Alonso Jarupia aufklären soll, sagte eine Ermittlungsreise in die Provinz Cordoba wegen mangelnder Sicherheit ab.
In den letzten Monaten eskalierten die Todesschwadronen ihre Kampagne. Im November hatte der Oberste Gerichtshof für die Embera entschieden, sodaß das Kraftwerk nur mehr mit Zustimmung dieser fertig gebaut werden kann. Am 24. Dezember und am 29. Jänner ermordeten die Todesschwadronen insgesamt sechs Personen, am 31. Jänner errichteten sie eine Straßensperre am Rio Sinú und entführten zehn Menschen, die seither verschwunden sind.
Am 24. April schlugen die Todesschwadronen erneut zu und ermordeten Lucindo Domico Cabrera, der als Sprecher der Embera aufgetreten war und im Gesundheitsdienst der Provinz arbeitete. Zwei maskierte Männer drangen in sein Haus ein und liquidierten Cabrera kaltblütig.

Die Täter

Es wäre ein einfaches, die Täterschaft alleine auf lokale Grundstückspekulanten und die Autodefensas zu schieben. Gebaut und finanziert wird das Kraftwerk jedoch wieder einmal von den Industrieländern, im konkreten Fall mit einem Finanzierungsanteil von 60% der Errichtungskosten. Beteiligt daran sind die schwedische Firma Skanska, die russische Energomachiexport, die kanadische staatliche Exportfinanzierungsgesellschaft Export Development Corporation (EDC), die skandinavische Investitionsbank Nordik Investment Bank, die Weltbank und, wie so häufig, Österreich.
Die Vöest Alpine MCE, Teil der VA Tech, erhielt von Skanska einen Auftrag, wonach sie auf der von lästigen Indigenen gesäuberten Baustelle diverse Stahl- und hydraulische Ausrüstungen liefern soll. Der Auftrag sollte bis Ende Oktober 1998 beendet sein, ob das angesichts der Bauverzögerungen noch immer Stand der Dinge ist, ist unbekannt. Jedenfalls hat die Vöest auch die Technische Universität Graz in diesen Auftrag mit eingebunden.
Weiters kann eine staatliche Exportfinanzierung bzw. Haftungsgarantien der Österreichischen Kontrollbank, die zudem ein Kooperationsabkommen mit der EDC von Kanada hat, als äußerst wahrscheinlich angenommen werden.
Urra I wurde von der kolumbianischen Planungsgesellschaft Consultatoria Colombiana S.A. geplant, mit der die österreichischen Consultingunternehmen ILF (Ingenieurgemeinschaft Lässer & Feizlmayr) und Geoconsult kooperieren. Die ILF ist bei prekären Baustellen kein unbekanntes Unternehmen, war sie doch in die Planung von Stollen und anderen Anlagen für das Militär in Taiwan und in Saudi-Arabien eingebunden. Da einem Lieferauftrag bei Kraftwerken in der Regel ein Planungsauftrag an ein Consultingunternehmen desselben Landes vorausgeht, ist eine teilweise Planung aus Österreich ebenfalls alles andere als unwahrscheinlich.

Unterstützung

An die Firmenmanager zu appellieren scheint aussichtslos. Immerhin ließ sich das Management von Vöest und Elin schon in den 70er Jahren auf Kraftwerksbaustellen nicht vom Weiterbau abhalten, obwohl Arbeiter - selbstverständlich nur philippinische - auf der Baustelle standrechtlich erschossen wurden. Erst als die Guerilla auf Mindanao zwei Elin-Angestellte erschoß, zog sich die Firma zurück.
Die Vöest kennt sich auf jeden Fall in Kolumbien bestens aus, das Management fühlt sich unter den gegebenen Verhältnissen geschäftlich sehr wohl. Als eines von mehreren Kraftwerken in Kolumbien war die Vöest 1985 an Salvajina beteiligt, etwa so groß wie Urra I. 5.000 Indigene wurden vertrieben, ihre archäologische Kunst und Kultur versank im Staubecken. Kommentar des damaligen Montage-Chefs, nunmehr in der VA Tech-Hierarchie aufgestiegenen Fritz Rauchdobler: "Das Kraftwerk Salvajina ist von einer Größenordnung, wie sie in Österreich von Bürgerinitiativen, die keine Initiative haben, verhindert werden".
Mittlerweile versuchen viele große Umwelt- (Environmental Defense Fund, etc) und Menschenrechtsorganisationen (amnesty international, Survival International, Gesellschaft für bedrohte Völker u.a.) durch internationale Kampagnen zu verhindern, daß die Todesschwadronen weiterhin ungehindert morden können.
Die Zielrichtung der Kampagnen sind die kolumbianische Regierung, Botschaften und staatliche Behörden, sowie staatliche Einrichtungen der Industrieländer, die an der Finanzierung beteiligt sind. Näheres ist bei amnesty international usw. zu erfahren.

Der kolumbianische Staatspräsident freut sich immer auf Post.

President Andres Pastrana Arango
Casa de Narino
Carrera 8 no. 7-26
Santafa de Bogota, D.C.
Colombia
Fax: (+57-1) 286 6842

. TATblatt
 

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