Diskurs und Ideologie des Rassismus im österreichischen Staat
  
  Ljubomir Bratic
(aus Kurswechsel 2/2003)
  
  Rassismus ist heutzutage nicht mehr entlang der biologistischen Leitlinien definiert, 
  sondern kommt aus der Mitte der Gesellschaft, indem die "Fremden" 
  als eine grundsätzliche und für alle Zeit "andere" Kategorie 
  Menschen konstruiert werden. Die "Fremden" haben nach dieser ideologischen 
  Formation unbekannte und nicht einzuschätzende kollektive Absichten und 
  Interessen. Und ihre Anwesenheit ist für das sonst friedliche und gesittete 
  Gemeinwesen des "österreichischen Volkes" eine permanente und 
  unkalkulierte Bedrohung. Dieser ideologische Konsens steht hinter allen Beurteilungen 
  der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation im österreichischen 
  Staat. Daraus werden Schlüsse gezogen, die zu Gesetzen und somit zu Alltagsregulativen 
  der MigrantInnen führen. Alle machtrelevanten gesellschaftlichen Kräfte 
  teilen ihn und ringen gleichzeitig im öffentlichen Diskurs um schlüssige 
  Deutungen der relevanten Ereignisse. Die Charakteristika dieser ideologischen 
  Formation im österreichischen Staat können mit folgenden Punkten skizziert 
  werden: Erstens besteht ein gesetzliches Kontinuum der rassistischen Ausschließungsmaßnahmen 
  in der Ersten Republik, Ostmark und Zweiter Republik. Zweitens sind die TrägerInnen 
  dieses rassistischen Diskurses sowohl in der Ersten als auch in der Zweiten 
  Republik die Parteien und Interessensvertretungen, die üblicherweise für 
  sich die Bezeichnung "links" beanspruchen. Drittens brauchen sich 
  in dieser Situation die autoritärliberalen Parteien und die wirtschaftlichen 
  Interessensvertretungen überhaupt nicht um Restriktionen gegenüber 
  MigrantInnen bemühen. Sie konzentrieren sich auf die Unterstützung 
  der Betriebe, indem sie eine Liberalisierung der Migrationspolitik fordern oder 
  auf die strikte Ablehnung einer Änderung des jus sanginis und Verhinderung 
  jeglicher Reform des Staatsbürgerschaftsrechts beharren . Viertens kommt 
  es mit Anfang des Endes der fordistischen Wirtschaftsformation (ca. Anfang der 
  siebziger Jahre) auch zum Beginn der Erosion des linksliberalen und proletarischen 
  Rassismus. Mit dem Beginn der weltweiten Verbreitung des Neoliberalismus und 
  den Auswirkungen der Anatomie der Migration (Familienzusammenführung, migrantische 
  Netzwerke usw.) wird der Protektionismus und Nationalismus des ÖGB und 
  der SPÖ langsam aber sicher verdrängt - trotz ihrer weiteren, bis 
  in die 1990er Jahren erfolgreichen Kraftanstrengungen, die Themenvorherrschaft 
  zu behalten. Und fünftens transformiert sich dieser Rassismus seit Mitte 
  der 1980er Jahre (im Bewusstsein des naheliegenden EU-Beitritts) und übernimmt 
  allgemeine europäische multikulturalistische Züge. 
  
  Die HauptträgerInnen dieser ideologischen Formation sind die SPÖ und 
  der ÖGB bis in die 1990er Jahre. Ab Mitte der 1980er Jahre werden mit dem 
  Rechtsruck der FPÖ unter Jörg Haider und dem Einzug der Grünalternativen 
  Partei ins Parlament diese Trägerpositionen der dominanten rassistischen 
  Ideologieformation zunehmend bekämpft und in Frage gestellt, bis sie Anfang 
  des neuen Jahrhunderts in der Hand der ÖVP landen. 
  Die ideologische Formation 
  
  Innerhalb eines seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs formierten Konsenses blieb 
  der Begriff Rassismus lange vollständig aus dem offiziellen Diskurs ausgeschlossen. 
  Dieser Ausschluss bewirkte, dass auch keine Auseinandersetzungen über die 
  Inhalte und den Einfluss des Antisemitismus, Antislawismus usw. auf die sozialen 
  Verhältnisse, in denen diese Ideologie zuvor noch allgemein reproduziert 
  wurde, stattfanden. Offiziell wurde über die Kategorien, Zuschreibungen, 
  Klassifikationen und Bewertungen geschwiegen, die diese ideologische Formation 
  ausgemacht hatten. Die Frage, die sich dabei zwangsläufig stellt, ist: 
  Wurde rassistische Ideologie im österreichischen Staat nicht mehr reproduziert? 
  Das Verschwinden des Begriffes "Rasse" aus dem öffentlichen Diskurs 
  könnten wir als ein Zeichen dafür deuten. Nun aber kann, wie Morgenstern 
  (2002, 228) zeigt, eine Bevölkerungsgruppe auch ohne Verwendung des Begriffs 
  "Rasse" rassistisch konstituiert werden. Durch die Abgrenzung zur 
  Deutschtümelei der früheren Parteien konstituierte sich langsam eine 
  "österreichische Nation". Diese übernahm die Funktion einer 
  von anderen "Nationen" grundsätzlich verschiedenen, sich autark 
  kulturell und sprachlich reproduzierenden Einheit von Menschen, die eine gemeinsame 
  Lebensweise und ein Schicksal teilen und in unterschiedlichen Konkurrenzgraden 
  zu anderen "Schicksalsgemeinschaften" stehen. Bezugnehmend auf eine 
  solche ideologische Formation kann Angehörigen "fremder" Gemeinschaften 
  nur unterstellt werden, ihnen mangle es zwangsläufig an kultureller Zugehörigkeit 
  und natürlich Loyalität zum Gemeinwesen. Dabei bilden sie ein Gefahrenpotenzial, 
  das staatlich überwacht, kontrolliert und reglementiert werden muss. Das 
  ist der Konsens, der bis heute hinter den politischen Handlungen aller machtrelevanten 
  Parteien im österreichischen Staat steht und der zu einer ganz bestimmten 
  öffentlichen Darstellung der MigrantInnen führte. Diese Macht/Wissen 
  , die als Gesetz kodifiziert ist, hat entscheidende Auswirkungen auf das alltägliche 
  Leben der Menschen und wird dementsprechend als wichtige Botschaft von den Medien 
  reproduziert. Die Frage beispielsweise, welche Aufgaben öffentlich organisiert 
  werden, hängt davon ab, welche Bedürfnisse in Form von Forderungen 
  von Einzelnen und von Gruppen artikulationsfähig sind und welche Allianzen 
  sich für oder gegen diese Bedürfnisse und deren Befriedung in der 
  Gesellschaft knüpfen lassen (Pelizzari, 2003, 63). Die Äußerungen 
  der PolitikerInnen verfolgen dabei vor allem das Ziel, die anderen Machtgruppen 
  zu erreichen. Diese sollen darin enthaltene Deutungsmuster übernehmen und 
  sich - bewegt durch materielle oder ideelle Interessen - an der weiteren ideologischen 
  Reproduktion des damit verbundenen politischen Projekts beteiligen. Falls es 
  den PolitikerInnen gelingt, die ihrem Konzept zugrunde liegenden Begriffe, Kategorien 
  und Klassifizierungssysteme des politischen Diskurses zu dominieren, erreichen 
  sie in der Folge gleichzeitig die erforderlichen Mehrheiten für die Umsetzung 
  ihres politischen Projektes. Die Problemdefinition und die Lösungskonzepte 
  gehen dann von diesem Kompetenzvorsprung aus und erreichen in der Öffentlichkeit 
  und über die Parteigrenzen hinweg Unterstützung für das eigene 
  Vorhaben. 
  
  Nun stehen bei dem Thema Migration jeweils wesentliche Bestandteile der allgemeinen 
  ideologischen Grundlagen des Nationalstaates zur Diskussion. Insofern erhalten 
  die Äußerungen der PolitikerInnen, die medial transportiert werden, 
  die ideologische Formation, aus denen der politische Konsens besteht und die 
  die Grenzen des herrschenden Diskurses markieren. 
  
  Die politischen Diskurse, welche MigrantInnen als AußenseiterInnen kennzeichnen, 
  markieren nicht nur, wie Bauböck (1996) argumentiert, die Grenzen einer 
  "unsicheren" nationalen Identität und dienen nicht allein dazu, 
  das weltanschauliche Profil der Parteien zu schärfen, sondern führen 
  zu einer der zentralen Möglichkeiten der politischen Handlung innerhalb 
  des nationalstaatliches Gebildes: zur Bildung der Interessensgemeinschaften 
  und Allianzen. 
  Die 1960er - Hegemonie und Inländerschutz 
  
  Bis Anfang der 1960er Jahre blieb im öffentlichen Diskurs des Politischen 
  unbemerkt, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen neue Minderheiten im österreichischen 
  Staat schafften. 
  Im Anschluss an die Einsicht Foucaults (1999, 197), dass Macht dann am stärksten 
  ist, wenn sie ihre Mechanismen verbirgt, lässt sich behaupten, dass diese 
  Zeit bislang die einzige war, 
  in der die PolitikerInnen der Zweiten Republik eine vollständige Hegemonie 
  über diese Problematik herstellen konnten. Durch die Beharrung der Sozialdemokratie, 
  des ÖGB und der KPÖ auf der Fortsetzung des Prinzips des Inländerschutzes 
  aus der Zeit der Ersten Republik wurden nach dem Krieg die notwendigen geschichtlichen 
  Kontinuitäten von rassistischer Ausschließungspolitik geschaffen. 
  Diese Politik wurde durch die Neubelebung der Idee der Sozialpartnerschaft Ende 
  der fünfziger Jahre praktisch bis Anfang der siebziger Jahren im Verborgenen 
  - außerhalb des Parlaments und jenseits jeglicher demokratischer Legitimität 
  - diktiert. Die wichtigsten Charakteristika dieser Politik stellen vor allem 
  die Art und Weise ihrer Erarbeitung dar, nämlich die Parität. (Sensenig, 
  1999, 585) Diese wurde im Rahmen des Raab-Olah-Abkommens von 1961 in Form der 
  außerparlamentarischen Paritätischen Kommission besiegelt. Wie Sensenig 
  (1999, 610) beschreibt, hatte dies unter anderem zur Folge, dass die nächsten 
  12 Jahren ohne Kontrolle durch die gewählten Volksvertreter und ohne gesetzliche 
  Basis Einwanderungspolitik zwischen der Paritätischen Kommission einerseits 
  und dem Sozialministerium, Innenministerium und Außenministerium andererseits 
  informell entwickelt und vollzogen wurde. Das "Anwerbesystem" aus 
  den Herkunftsländern war dabei als preisgünstiges Provisorium für 
  die Behebung vorübergehender Engpässe auf dem "österreichischen" 
  Arbeitsmarkt konzipiert. Offiziell galt die Rotation als Annahme, d.h. der politische 
  Wille "Fremdarbeiter" aufzunehmen wurde durch die wirtschaftliche 
  Konjunktur untermauert. In diesem Zusammenhang wurde vermutet, dass die "ausländischen" 
  Arbeitskräfte bei nachlassender Konjunktur durch die Beendigung des Aufenthalts 
  rasch reduziert werden könnten. Die juristische Grundlage für den 
  Aufenthalt von "Ausländern" im österreichischen Staat bildete 
  das auf die nazideutsche "Ausländerpolizeiverordnung" von 1938 
  aufbauende "Fremdenpolizeigesetz" von 1954. Somit waren der Umgang 
  mit MigrantInnen weitgehend dem Ermessen der Behörden überlassen, 
  die mit ausreichend Entscheidungsspielraum ausgestattet waren. Das Recht sah 
  keine Position für "Ausländer" vor, geschweige denn einen 
  Rechtsanspruch gegenüber staatlichen Institutionen. Als "Ausländer" 
  war damals wie auch heute der/diejenige zu betrachten, die nicht eingebürgert 
  würde. Dabei ist irrelevant, wie lange jemand im österreichischen 
  Staat lebt oder ob er/sie bereits auf dem Territorium dieses Staates geboren 
  wurde. "Dieses Festhalten am puren ius sanginius und der Ausschließlichkeit 
  der Bindung an den österreichischen Staat charakterisiert eine Grundhaltung: 
  Die rechtliche Trennlinie zwischen Einwanderern und Einheimischen wird durch 
  die Regeln des Erwerbs der Staatsbürgerschaft unzweideutig gezogen." 
  (Bauböck 1996, 16) Eine nennenswerte Diskussion über die rechtlichen 
  Ausschlussregelungen für die MigrantInnen gab es nicht und eine Auseinandersetzung 
  über die soziopolitischen Auswirkungen der Anwerbung gab schon gar nicht. 
  In den wenigen Aussagen zu diesem Thema wurden die MigrantInnen als "Fremdarbeiter" 
  bezeichnet. Beständig wurde dabei der "Gästestatus" dieser 
  "Arbeitskräfte" betont. Ein Status, der nach einer verbreiterten 
  Meinung ein besonderes Privileg darstellte und folglich zu keinen Ansprüchen 
  aus den von ihnen bezahlten Steuern, Abgaben und Beiträgen zur Sozialversicherung 
  führen durfte. Dieses Privileg hatten MigrantInnen noch dazu mit Billigsein, 
  Nützlichsein und Anspruchslosigkeit zu bezahlen. Dass zu diesen Verhaltensweisen 
  auch Schmutzigsein, Einfachheit und Unterwerfung zählte, stellte eine gewisse 
  Erweiterung des Spektrum der rassistischen Zuschreibungen zusätzlich zu 
  jenen von der Wirtschaftskammer und dem ÖGB offiziell gewünschten 
  dar. Das gesetzliche Korsett, das diese und ähnliche Zuschreibungen ermöglichte 
  und hervorrief, stellte niemand in Frage. So verband sich mit der Definition 
  "Gastarbeiter" die Vorstellung, dass die Zugehörigkeit zur österreichischen 
  Nation ein Spiegelbild dieser Eigenschaften darstellt. Die MehrheitsösterreicherInnen 
  in den Heimatfilmen der sechziger Jahre sind meist gescheit, anspruchsvoll, 
  sauber, schlau und nicht unterwürfig. 
  Gleichzeit wurden aber diese MigrantInnen wegen ihrer Illoyalität gegenüber 
  dem österreichischen Staat und seiner Institutionen strenger überwacht, 
  kontrolliert und reglementiert. Geschichtliche Erklärungsgründe dafür 
  fand man in den nationalen Auseinandersetzungen innerhalb der Monarchie und 
  danach in der Ersten Republik. Der vorrangige Anknüpfungspunkt war dabei 
  der Versuch, einen "Feind im Inneren" zu vermeiden, der eine Gefahr 
  darstellte. Diese "Fremden" waren einfach, ungebildet, nahmen in einem 
  fremden Land fern von der Heimat niedrig entlohnte, schmutzige Arbeiten an, 
  akzeptieren primitive Unterkünfte und konnten aufgrund ihrer Ungebundenheit 
  auch gefährlich sein. Diese Vorstellung, die vor nicht so langer Zeit, 
  während der frühen Phase des Kapitalismus, den Armen und Arbeitslosen 
  galt, setzte sich an einem anderen Platz in der Gesellschaft fest. Dieses Mal 
  traf sie mit ähnlichen Konsequenzen die MigrantInnen (Castel 2000, 88). 
  Wenn "die Fremden" eine Bedrohung für die innere Sicherheit waren, 
  warum machten es sich die EntscheidungsträgerInnen dann allerdings nicht 
  leicht und wiesen sie aus? Mögliche Beispiele für solche Vorgangsweise 
  kann man bis heute z.B. in Saudi Arabien finden. Die Erklärung, dass die 
  Rahmenbedingungen der freien Marktwirtschaft und der liberalen Verfassungsdemokratien 
  diese Art der "Strukturbereinigung" prinzipiell verunmöglichen, 
  mag nur ein Teil davon sein (Bauböck 1996, 13). Ganz sicher ist aber, dass 
  die MigrantInnen durch die Rolle, die sie im Wirtschaftssystem einnehmen - ähnlich 
  der Position, die die Armen und Ausgeschlossenen in früheren Jahrhunderten 
  für die Herausbildung der nationalstaatlichen Gebilde hatten – einen 
  wesentlichen Teil ebendavon ausmachen. So wie die Armen notwendig waren, um 
  durch ihre Arbeit den Reichtum der Nationalstaaten zu vergrößern, 
  so sind es heute die MigrantInnen aus der Peripherie, die diese Rolle für 
  das Zentrum zu erfüllen haben. Es besteht eine Beziehung der Reziprozität 
  zwischen den gesellschaftlichen Positionen der wachsenden Mittelklasse und der 
  MigrantInnen und insofern können wir sie nicht autonom voneinander denken.
  
  Dem öffentlichen politischen Diskurs der Regelungen lag ein rassistischer 
  Konsens zugrunde, der eine rassistische ideologische Formation beinhaltete. 
  Die These, dass die Menschen in verschiedene konstante Kategorien fallen, die 
  über unterschiedliche Eigenschaften und Fähigkeiten verfügen, 
  ist aus dem Diskurs über Armut und dem über biologischen Rassismus 
  erhalten geblieben. Nun redet dabei niemand mehr über die "Rasse", 
  vielmehr wird der gleiche Inhalt in den Begriff "Herkunft" gepackt. 
  Postuliert wird dabei, dass die "Angehörigen" anderer "Völker" 
  immer das Interesse "ihrer" Gemeinschaft verfolgen, sei es im Zuge 
  eines militärischen Konflikts, wo sie sich leicht zu einer "fünften 
  Kolonne" entwickelt würden oder in Form des Abflusses der nationalen 
  Geldreserven, die seitens der "Gastarbeiter" ihren Angehörigen 
  in den Herkunftsländer geschickt werden. Dabei gibt es zwei Kategorien 
  Menschen, die "österreichischen" und jene "fremder" 
  Abstammung. An diesen Kategorien, die unter anderem mit dem Schutz der eigenen 
  "Abstammungsgemeinschaft" gerechtfertigt werden, knüpfen alle 
  Regelungen zur Migration im österreichischen Staat an. Darin gründet 
  sich vor allem die Tatsache der parallelen Rechtssysteme und Arbeitsmärkte, 
  in denen sich diese zwei grundsätzlich voneinander zu unterscheidenden 
  menschlichen Spezies zu bewegen haben. An dieser Grundvorstellung hat sich bis 
  heute nichts geändert.
  Die 1970er - Inländerschutz und Inländerprimat
  
  Anfang der siebziger Jahre kam es zu ersten längeren, diskursiven Auseinandersetzungen 
  über die Kosten und Nutzen der Beschäftigung von MigrantInnen. Plötzlich 
  kamen Themen wie "Gastarbeiterschmuggel" , "Slumbildung am Stadtrand" 
  und "Ghetto" auf die politische und mediale Tagesordnung. Am 06.02.1974 
  titelte die Kronen Zeitung "Kein Gastarbeiter darf den Arbeitsplatz eines 
  Österreichers in Zukunft gefährden" und im Artikel wird der SPÖ-Sozialminister 
  Häuser mit der Aussage zitiert, dass die "Österreicher" 
  durch die Beschäftigung von "Gastarbeitern" niemals einen Nachteil 
  erleiden werden dürfen. Die sozialliberale Regierung unter Bruno Kreisky 
  entdeckte nun, dass die, angesichts der de facto stattfindenden Einwanderung 
  lange verschwiegene Tatsache der Notwendigkeit zusätzlicher sozialer Infrastruktureinrichtungen 
  akut zu werden begann. Das öffentliche Wörterbuch entsprach nicht 
  mehr den tatsächlichen gesellschaftlichen Entwicklungen. Der "Plafond" 
  , wie Kreisky es damals ausdrückte, wurde erreicht und es bedurfte einer 
  Tat. Durch die Verkoppelung der restriktiven Einreise-, Aufenthalts- und Rückreisebestimmungen 
  war auch ein aktives Eingreifen durch den ÖGB jederzeit gewährleistet. 
  (Sensenig 1999, 613) Als Resultat dieses Eingreifens führte die sozialliberale 
  Alleinregierung in Allianz mit dem ÖGB eine massive, vergleichsweise die 
  größte europäische Vertreibung der MigrantInnen aus dem österreichischen 
  Staat durch. Der Glaube an die Volkswirtschaft gewann eindeutig Primat über 
  die Betriebswirtschaft und setzte den in der Partei der SPÖ und der Interessensvertretung 
  ÖGB bestehenden Antiinternationalismus und die Ablehnung des Prinzips der 
  Solidarität außerhalb der engen nationalstaatlichen Grenzen fort. 
  Das waren allerdings die letzten verzweifelten Versuche, das eigene Klientel, 
  die mehrheitsösterreichischen Lohnabhängigen, mittels rassistischem 
  Protektionismus auf Kosten der MigrantInnen vor der gerade antretenden neoliberalen 
  Welle zu schützen. Die "ausländischen" ArbeitnehmerInnen 
  wurden mittlerweile in den Medien für die "österreichische" 
  Gesellschaft nur als eine soziale Belastung dargestellt; eine Belastung, die 
  zu sozialen Konflikten führen kann. Die Lösung ist Begrenzung, Ausweisung 
  und "Zuzugsstopp". Zu diesem Zuzugsstopp kam es im Jahr 1973. Den 
  Hintergrund dafür bot vordergründig der sogenannte "Ölschock" 
  und die daraus entstandene Konjunkturflaute. So übertrug diese, sonst für 
  ihre sozialen Errungenschaften bis heute gefeierte, Regierung in einem noch 
  nie da gewesenen Ausmaß die Verantwortung für die wirtschaftliche 
  Fehlentwicklung (vor allem für den raschen Anstieg der Arbeitslosenquoten) 
  auf die MigrantInnen. Die Lösung, die sich anbot und der alle entscheidenden 
  Machtzentren der Gesellschaft zustimmten, war die Vertreibung "ausländischen" 
  KollegInnen von ihren Arbeitsplätzen. Ein Säuberungsprojekt für 
  den Arbeitsmarkt, für das die sozialliberale Regierung unter der SPÖ 
  die alleinige Verantwortung trug. 
  
  Diese rassistische Vorgangsweise war allerdings nichts anderes als eine Reaktion 
  auf die tatsächlich stattfindende Einwanderung. Während die PolitikerInnen 
  und die Öffentlichkeit davon ausgingen, dass die "Gastarbeiter" 
  bald in ihre "Heimatländer" zurückkehren würden, holten 
  immer mehr von diesen Menschen ihre Familien nach und situierten damit einen 
  nicht mehr "rück zu bringenden" Prozess. Seitens der Wirtschaft 
  fand dieser Prozess unter anderem deswegen Unterstützung, weil die Betriebe 
  kein Interesse zeigten, alle paar Jahre neue ArbeiterInnen aufzunehmen, zu schulen 
  und zu versorgen. Die Industriellenvereinigung hatte sich beispielsweise schon 
  sehr früh mit der tatsächlichen Lage der MigrantInnen beschäftigt 
  und Vorschläge für eine "Integration" , unter anderem zur 
  Verbesserung der Wohnungslage , gemacht. So war es auch die Industriellenvereinigung, 
  die die erste Zeitung für "Gastarbeiter" in ihrer Muttersprache 
  (auf türkisch) herausgab . 
  
  Die Reaktion der auf dem Gipfel ihrer Macht stehenden sozialliberalen SPÖ 
  und des nationalistischen ÖGB war drastisch. Sie war aber eine Reaktion, 
  die letztlich ihre Hilflosigkeit angesichts der tatsächlich stattfindenden 
  sozialen Prozesse zeigte. Und es offenbarte sich eine eindeutige, bis heute 
  wirkende Fehleinschätzung der gesellschaftlichen Realitäten. Somit 
  können wir hier festhalten, dass alle (auch die späteren) Versuche 
  der Sozialliberalen, durch Gesetze auf die stattfindende Migration einzuwirken, 
  die Autonomie der Migration als Voraussetzung nicht mitgedacht hatten. Die Aktionen 
  der sozialliberalen SPÖ vollziehen sich bis heute in der Vorantreibung 
  und lückenlosen Zustimmung zum Projekt "Festung Europa" (situiert 
  im Schengener Abkommen vom 1985). Die Initiative lag aber schon Anfang der 1970er 
  nicht mehr auf der Seite der SPÖ und ÖGB. Die Autonomie der Migration 
  wird auch in enge Verbindung mit dem Begriff "migrantischer Widerstand" 
  gebracht. Der größte Erfolg dieses Widerstands ist, wie August Gächter 
  es in einer internen Diskussionsrunde ausdrückte, vor allem die Tatsache, 
  dass die MigrantInnen trotz allem weiter hier sind. Trotz Überwachungen, 
  Repressionen, Vertreibungen und Kontrollmechanismen haben es die MigrantInnen 
  geschafft, sich auf Dauer einzurichten. Diese neu entstandenen Bedingungen führen 
  innerhalb der parlamentarischen Demokratie zu einer politischen und diskursiven 
  Auseinandersetzung, innerhalb deren der bestehende rassistische Konsens aktualisiert 
  wird. Genau das geschah in der ersten Hälfte der 1970er Jahren im österreichischen 
  Staat. Es kam zu einer diskursiven Verschiebung, die am besten durch die Ablösung 
  des Begriffes "Inländerschutz" mit dem des "Inländerprimats" 
  charakterisiert ist. 
  
  Den Mittelpunkt des Rassismus im österreichischen Staat bildete die Teilung 
  des Arbeitsmarktes in zwei Segmente. In den Jahren 1921 bis 1923 verabschiedete 
  sich nach Sensenig die freie Gewerkschaft, die sozialdemokratische Partei Deutschösterreichs 
  und die neugegründete Arbeiterkammer vom Gedanken des Internationalismus: 
  "Mit dem Versuch, eine sozial gerechte und demokratisch gestaltete Gesellschaft 
  für alle Inländer deutscher Sprache und Rasse zu schaffen, werden 
  Ausländer und Nichtdeutsche grundsätzlich aus der österreichischen 
  Gesellschaft ausgegrenzt." (Sensenig 1999, 587) Das "Ausländerbeschäftigungsgesetz" 
  (AuslBG) von 1975 ist nur der Versuch einer konsequenten Fortführung dieser 
  Politik, wobei das zentrale Prinzip im Konzept des Inländerprimats zu finden 
  ist. Das Konzept des "Inländerprimats" stellte eine Neuerung 
  in der Regulierung der MigrantInnen dar. In der Abhängigkeit von den wirtschaftlichen 
  Konjunkturen und Interessen der mehrheitsösterreichischen Lohnabhängigen 
  wurde 1975 das bis dahin geltende Prinzip des "Inländerschutzes" 
  ersetzt. Wenn die mehrheitsösterreichischen Lohnabhängigen nicht mehr 
  grundsätzlich geschützt werden konnten, unter anderem aufgrund der 
  neoliberalen Deregulierung der nationalen Arbeitsmärkte als Reaktion auf 
  die Krise der fordistischen Produktionsweise, dann galt es zumindest eine Regulierungslinie 
  zu schaffen, in der sie in einer privilegierten Stellung verharren konnten. 
  Diese Position der mehrheitsösterreichischen Lohnabhängige als "Primaten" 
  bedeutete aber auch ihre weitere Entmachtung: Einerseits galt es die Positionen 
  der Privilegierten durch Entsolidarisierung mit ihresgleichen zu verteidigen 
  und andererseits wurde ihnen ununterbrochen ein Spiegelbild der Ausschließungsstrategien 
  vorgeführt, das auch sie treffen kann. Einerseits nahmen die sozialliberalen 
  Kräfte zur Kenntnis, dass die Migration stattfindet, andererseits versuchten 
  sie auf möglichst vielen Ebenen das rassistische Prinzip des Inländerprimats 
  einzuführen. Das Prinzip der Arbeit als Produktion von Mehrwert wird dabei 
  nicht in Frage gestellt. Was dabei erstrebt und erreicht wird, ist eine Ungleichheit 
  im Zugang zur Arbeit, und stellt so einen machtpolitisch sehr geschickter Schachzug 
  der Normierung und Normalisierung beider Gruppen Lohnabhängiger dar.
  
  In diesem Zusammenhang erlangen in den 1970er Jahren Begriffe wie "Ghetto" 
  oder die Betonung der Gefährlichkeit von MigrantInnen Konjunktur. Das "Ghetto", 
  das zu infrastrukturellen Problemen (nach der Meinung des Politikers und ArbeiterInnenvertreters 
  Holztetter) führt, brächte (nach der Meinung des Sozialwissenschaftlers 
  Dr. Spira) "politische und soziale Spannungen" . Dort steige die Kriminalität, 
  Gewalt und die Gefahr von Aufruhr. Der Niedergang des Arbeiterviertels wird 
  kurzerhand auf die Niederlassung der "ausländischen" Arbeitskräfte 
  zurückgeführt. Nach diesen Meinungen sind die Ghettos – die 
  es übrigens nie in irgendeiner Form gab - ein soziales Problem, dessen 
  Lösung noch ansteht. Und die Lösung, die sich anbietet, ist eine rigorose 
  Politik des Ausschlusses, verkörpert vor allem im AuslBG. Durch die Diskussion 
  um das AuslBG gelangte auch ein neuer, bis dahin nicht so oft verwendeter, Begriff 
  in die Öffentlichkeit: Die "Gastarbeiter" waren offiziell nicht 
  mehr "Gastarbeiter" sondern wurden nun zu "Ausländern". 
  Nachdem die Niederlassung der MigrantInnen bereits voll im Gang war, musste 
  die Hoffnung auf Schutz der "Inländer" durch geschlossene Grenzen 
  aufgegeben werden, und damit musste auch zwangsläufig die Hoffnung auf 
  die Endlichkeit des Gästestatus begraben werden. Diese Position wurde mit 
  einem Begriff gefestigt, mit dem sich eine weitere Ausschließung am besten 
  verschleiern und rechtfertigen lässt. Und in der Tat ist eine der häufigsten 
  Argumentationslinien gegen die Gleichheit der MigrantInnen im österreichischen 
  Staat die, dass sie eben "Ausländer" sind - und nirgendwo auf 
  der Welt haben "Ausländer" und "Inländer" gleiche 
  Rechte. "Ausländer" sind nach diesen Vorstellungen Menschen, 
  die nicht die Staatsbürgerschaft der MehrheitsösterreicherInnen besitzen, 
  unabhängig davon wie lange jemand wo lebt. Diese Bezeichnung impliziert 
  eine Nicht-Anerkennung des Status der Einwanderer. Außerdem verschwindet 
  hinter dem neuen Begriff "Ausländer" das Wort "Arbeiter" 
  und somit auch die Verbindung zu sozialen Leistungen. Die neue Vorstellung, 
  die sich hier anbahnte, deutet eindeutig darauf hin, dass diese Menschen per 
  "Herkunft" nicht hierher gehören. Von 1974 bis 1984 verringerte 
  sich die Zahl der "Ausländer" durch die Maßnahmen der sozialliberalen 
  Regierung Bruno Kreiskys um 40%.
  Die 1990er - multikulturalistische Neustrukturierung
  
  Die Differenzierung zwischen zwei Kategorien Menschen, für die auch zwei 
  Rechtssysteme und Parallelarbeitsmärkte geschaffen wurden, dauerte bis 
  Mitte der 1990er Jahre an. Mit dem Beitritt zur EU änderte sich auch diese 
  rassistische, begriffliche Bipolarität. Die Gesetzeslage verkomplizierte 
  sich und es wurden neue Zuschreibungen wie "EU-BürgerInnen", 
  "Drittstaatsangehörige", "AusländerInnen deren Herkunftsstaaten 
  ein Assoziationsabkommen mit der EU haben", "de facto Flüchtlinge" 
  usw. gefunden. Welchen dieser Kategorien die "Ausländer" zugewiesen 
  werden, hat weitreichende Konsequenzen für ihre alltäglichen Lebensbedingungen. 
  Dadurch wird entschieden, ob es ein Wahlrecht gibt und auf welcher Ebene und 
  innerhalb welcher Interessensvertretung es ausgeübt werden kann, welche 
  Wohnmöglichkeit zur Verfügung steht und wie es mit den Chancen, eine 
  Arbeit zu bekommen und im Beruf voranzukommen, steht. Solche Differenzierungen, 
  die unter anderem auch ein Zeichen des Verlusts der vollständigen Kontrolle 
  seitens SPÖ und ÖGB bedeuten, zeigen auch, dass das EU-Recht über 
  dem Nationalrecht steht. Das allerdings nur insofern, als es die "EU-BürgerInnen" 
  und deren Angehörige betrifft. Die "Drittstaatsangehörigen" 
  haben weiterhin den geringsten Rechtsstatus, für sie wurden während 
  der 1990er Jahre die Einreise, der Aufenthalt und Arbeitsmöglichkeiten 
  weiter eingeschränkt. Am besten charakterisiert diese Situation bis 01.01.2003 
  die im AuslBG aufgelistete Prioritätenliste für die Erteilung der 
  Beschäftigungsbewilligungen. Auf dieser Liste gab es zehn "Integrationsgrade" 
  für MigrantInnen, d.h. eine rassistische Auflistung der verschiedenen Kategorien 
  Menschen, die besagt, wer nach wem die Priorität der Erteilung einer legalen 
  Arbeitsmöglichkeit innerhalb des österreichischen Staates ergattern 
  darf. Die MigrantInnen leben somit unter ganz verschiedenen Bedingungen, je 
  nachdem welcher juristischen Kategorie der "Ausländer" sie zugewiesen 
  werden.
  
  Um dieser neuen sozialen Wirklichkeit diskursiv gerecht zu werden, bedurfte 
  es auch einer neuen ideologischen Formation. Die Formel, die dafür gefunden 
  wurde, tauchte Anfang der 1990er Jahre zum ersten Mal auf und heißt: "Integration 
  vor Neuzuwanderung". Plötzlich wurden die "lang eingesessenen" 
  MigrantInnen als bedrohte Gruppe entdeckt und zwar nicht durch die ihnen aufoktroyierte 
  rassistische Gesetzgebung, sondern durch die "unkontrollierte Zuwanderung". 
  Vor allem kümmerte sich die Öffentlichkeit dabei um die Stellung der 
  "Zweiten Generation", die unter anderem als "zerrissen in ihrer 
  Identität" und als "tickende soziale Zeitbombe" wahrgenommen 
  wurden. So transformiert tauchte wieder das Bedrohungspotential auf und leitete 
  Handlungen im Bereich der Gesetzgebung ein. Dabei ist natürlich die "Integrationsfähigkeit" 
  der Gesellschaft zu berücksichtigen, weil "das Boot" schon lange 
  "voll" ist. Die kulturellen Unterschiede etablierten sich zum allerwichtigsten 
  Diskussionsthema: Ganz offensiv wurden dabei die Unterschiede zwischen den Kategorien 
  "Ausländer" und "Asylwerber" diskutiert, neu festgelegt 
  und bewertet. Das "Asylproblem" rückte somit in den Vordergrund 
  und es kam zu einer bis heute andauernden Verbindung des Migrationsdiskurses 
  mit dem Sicherheitsdiskurs. Das Innenministerium drängte sich im öffentlichen 
  Diskurs in den Vordergrund und verdrängte die Stellung, die bis dahin vom 
  Sozialministerium eingenommen wurde (Zuser, 1996, 20). Die Themen wechselten 
  von "Tresorknackern" aus Rumänien Anfang der 1990er bis zu "nigerianische 
  Drogendealer", die ihre höchste Konjunktur in der - nach der Tötung 
  des abgelehnten Asylwerbers Marcus Omofuma durch drei Polizisten durchgeführten 
  - "Operation Spring" hatten. Der "Feind im Inneren" ist 
  nicht mehr nur ein virtueller, im Falle des Krieges auftretender, sondern der 
  reale, alltäglich auftretende Kriminelle. 
  
  Die Ungebundenheit, Unberechenbarkeit und kulturelle Differenz macht nun alle 
  MigrantInnen zu potentiellen TäterInnen. Dabei besteht ein Konsens zwischen 
  den autoritärliberalen und den sozialliberalen Parteien: generell wird 
  davon ausgegangen, dass das Zusammenleben von Menschen verschiedener "Kulturen" 
  für die "Gesellschaft" ein Problem darstelle. Und zwar unabhängig, 
  ob damit die Mehrheitsangehörigen oder MigrantInnen gemeint sind. Je größer 
  dabei der "kulturelle" Unterschied ist, umso größer ist 
  das Problem. Die "außereuropäischen Muslime" scheinen dabei 
  die Gruppe zu sein, die am meisten Schwierigkeiten bereitet. Die "Ausländer" 
  sind "integrationsfähiger", je nachdem welche gesetzliche Regelung 
  für sie vorgesehen ist. Diejenigen, die am wenigstens von Restriktionen 
  betroffen sind, werden auch als die "integrationsfähigsten" dargestellt. 
  Der politische öffentliche Diskurs reproduzierte sich Anfang der 90er Jahre 
  (unter anderem im Rahmen einer Artikelserie in der Tageszeitung "Der Standard") 
  dabei immer wieder durch die Anwesenheit von "zu vielen Ausländern". 
  Während die Große Koalition die "Gesetze" schuf, kümmerte 
  sich die FPÖ um die "Hetze". Um dieser Partei "den Wind 
  aus den Segel zu nehmen", warnten die Grünen vor der "Diffamierung 
  der Ausländer" und beschworen die Erhaltung der "Menschenrechte". 
  Dabei vertraten die Grünen das Konzept der "multikulturellen Gesellschaft". 
  Der Begriff "Kultur" und, mit ihm eng verknüpft, jener von "kultureller 
  Identität" wird ein fester Bestandteil des öffentlichen politischen 
  Diskurses. Was damit einhergeht ist eine Neudefinierung der Ein- und Ausschlusskriterien 
  in der nationalstaatlich definierten Gesellschaft. Und je größer 
  der Unterschied zwischen den "Kulturen" ist, umso größer 
  sei die Gefahr eines Konflikts zwischen ihnen. Auf diesen Linien trafen sich 
  während der 1990er Jahren alle im Parlament vertretenen Parteien, nur dass 
  die einen darin eine "Gefahr" erblickten und die anderen trotz "Schwierigkeiten" 
  eine "Bereicherung" für die "österreichische Kultur" 
  witterten. Die grundsätzliche Frage nach den politischen und sozialen Rechten 
  werden dabei von der Diskussion um die "Scheinasylanten" und "verschiedene 
  Kulturen" aus der Öffentlichkeit und damit auch aus dem politischen 
  Diskurs bis heute völlig verdrängt. Es verbreiterte und verbreitet 
  sich ein kulturalistischer Rassismus, dessen Hauptcharakteristika die Unterscheidung, 
  Bewertung und Hierarchisierung verschiedener Menschenkategorien anhand ihrer 
  "kulturellen Herkunft" ist. Die Hierarchisierung erfolgt dabei durch 
  die gesetzlichen Regelungen. Abschließend lässt sich konstatieren, 
  dass sich während der 1990er Jahre und auch am Beginn des 21. Jahrhunderts 
  der kulturalistische Rassismus fortsetzt. Die TrägerInnen davon sind im 
  österreichischen Staat allerdings nicht mehr die gleichen. Heute ist die 
  ÖVP die federführende Kraft hinter dem rassistischen Diskurs. Und 
  allein der ÖVP gelingt es mittels der ihrem Konzept zugrunde liegenden 
  Begriffe, Kategorien und Klassifizierungen, die rassistischen Ausschließungen 
  der MigrantInnen zu definieren und damit gleichzeitig, die erforderlichen Mehrheiten 
  für die Umsetzung ihres politischen Projektes zu erreichen. Insofern ist 
  die ÖVP die einzige Partei im österreichischen Staat, die imstande 
  ist, Interessensgemeinschaften und Allianzen mit diversen Interessensvertretungen 
  und allen anderen, im Parlament vertretenen, politischen Parteien zu bilden. 
  Somit ist es auch kein Zufall, dass diese Partei während der vergangenen 
  Regierungsverhandlungen zunächst mit den Grünen eine Vereinbarung 
  über die Migrationspolitik treffen konnte, um das gleiche zwei Wochen später 
  mit der FPÖ zustande zu bringen. 
 Literatur
  
  Bauböck, Rainer (1996): "Nach Rasse und Sprache verschieden" 
  Migrationspolitik in Österreich von der Monarchie bis heute. Institut für 
  Höhere Studien (IHS), Reihe Politikwissenschaft Nr. 31. Verfügbar 
  unter: www.ihs.ac.at/publications/pol/pw_31.pdf
  Bratic, Ljubomir (2002): Rassismus und migrantischer Antirassismus in Österreich, 
  In: Bratic, Lj. (Hg.) Landschaften der Tat. Vermessung, Transformationen und 
  Ambivalenzen des Antirassismus in Europa, St. Pölten.
  Castel, Robert (2002): Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der 
  Lohnarbeit, Konstanz.
  Foucault, Michel (1994): Überwachen und Strafen, Frankfurt am Main.
  Foucault, Michel (1999): Der Wille zum Wissen, Frankfurt am Main. 
  Morgenstern, Christine (2002): Rassismus – Konturen einer Ideologie. Einwanderung 
  im politischen Diskurs der Bundesrepublik Deutschland, Hamburg.
  Moulier Boutang, Yann (2002): Nicht länger Reservearmee. Thesen zur Autonomie 
  der Migration und zum notwendigen Ende des Regimes der Arbeitsmigration, In: 
  Subtropen / Jungle World Nr. 15, 1–3. 
  Pelizzari, Alessandro (2003): Jenseits von Privatisierungspolitik: Perspektiven 
  gesellschaftlicher Aneignung, In: Kurswechsel Nr. 1/2003, S61-70. 
  Sensenig, Eugene (1999): Reichsfremde, Staatsfremde und Drittausländer. 
  Immigration und Einwanderungspolitik in Österreich, Salzburg.
  Silverman, Maxim (1994): Rassismus und Nation. Einwanderung und Krise des Nationalstaates 
  in Frankreich, Hamburg; Berlin. 
  Zuser, Peter (1996): Die Konstruktion der Ausländerfrage in Österreich, 
  Institut für Höhere Studien (IHS), Reihe Politikwissenschaft Nr. 35. 
  Verfügbar unter: www.ihs.ac.at/publications/pol/pw_35.pdf
 
  1 Die zwei diskursiven Pole, die den Alltag der MigrantInnen regulieren, sind 
  einerseits der nationalistische Rassismus von ÖGB und SPÖ, die ihre 
  protektionistische und nationalistische, auf das mehrheitsösterreichische 
  Klientel, orientierte Politik betreiben und andererseits die Wirtschaftskammer 
  und ÖVP, die sich liberal geben und dabei eine Liberalität der Wirtschaft 
  betreiben. Letztere treten für einen offenen Arbeitsmarkt ein, weil das 
  die Löhne drückt. Insofern können wir diese beiden Positionen 
  als zwei Seiten einer Machtbeziehung bezeichnen, in der den MigrantInnen die 
  Rolle der Manövriermasse zugedacht wird. Es sind zwei Seiten einer Medaille.
  2 "Diskursformationen setzen sich aus Aussagen zusammen, die in diskursiven 
  Prozessen miteinander verbunden werden und einen bestimmten Sinn ergeben." 
  (Morgenstern, 2002, 64) "Eine Diskursformation wird zur ideologische Formation 
  (...), wenn sie nicht nur in den Auseinandersetzungen der einzelnen Subjekte 
  um die Macht über die Anderen, sondern in den Kämpfen um die politische 
  ideologische Führung und Hegemonie in der Gesellschaft benutzt wird. Dies 
  bedingt durch medial verbreitete politische Propaganda, öffentliche Sanktionierung 
  und Umsetzung in Gesetze, Institutionen, Verfahrensweise und somit in gesellschaftliche 
  Realität einen Grad an Verbreitung und Verallgemeinerung, den andere Diskursformationen 
  nicht erreichen können." (Morgenstern, 2002, 66)
  3 Foucault (1994, 39) verdanken wir die Einsicht "dass es keine Machtbeziehung 
  gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein Wissen, 
  das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und konstituiert."
  4 Der "paritätische Beirat" bei der "alljährlichen 
  Festlegung der kontingentierten Leiharbeiter aus der Tschechoslowakei" 
  durch das Inländerarbeiterschutzgesetz vom 1928 konstituiert, ist ein Produkt 
  der "vorsozialpartnerschaftlichen Kompromisspolitik", die ihre direkte 
  Fortsetzung in dem System der Sozialpartnerschaft nach dem Zweiten Weltkrieg 
  findet. (Sensenig 1999, 544-545)
  5 Der biologische Rassismus ist wissenschaftlich durch den Genozid im Zweiten 
  Weltkrieg nicht mehr relevant. Er existiert aber bis heute in der Medizin, wenn 
  z.B. erforscht wird, dass ausgehend von den Ergebnissen der Genetik verschiedene 
  Krankheiten bei verschiedenen Rassen vermehrt auftreten. (Der Standard, 06.03.2003)
  6 Die Presse, 25.03.1972
  7 Arbeiter Zeitung 14.08.1972
  8 Die Presse, 12.03.1972
  9 "Bei der Verwendung von Gastarbeitern habe Österreich bereits "den 
  Plafond" erreicht, erklärte Bundeskanzler Dr. Kreisky am Sonntag. 
  Dies bedeute in der Praxis, daß man bemüht sein werde, das Problem 
  der illegalen Gastarbeitern durch verschärfte Kontrollen und eine entsprechende 
  Gesetzgebung zu lösen." (Arbeiter Zeitung, 02.12.1973) Hervorgehoben 
  von Lj. Brati_ 
  10 Damit tauchte dieser, heute zentrale, Regulierungsmechanismus für MigrantInnen 
  zum ersten Mal als Forderung seitens der Wirtschaft auf, lange bevor die Grünen 
  und die SPÖ sie übernahmen.
  11 Die Presse, 03.04.1971
  12 Arbeiter Zeitung, 14.01.1972
  13 "... die Autonomie der Migration zeigt sich in ihrer Selbständigkeit 
  gegenüber der politischen Maßnahmen, die darauf zielen, sie zu kontrollieren. 
  Migration unter dem Gesichtspunkt ihrer Autonomie zu betrachten, bedeutet, die 
  sozialen und subjektiven Dimensionen der Migrationsbewegungen zu betonen." 
  (Moulier Boutang 2002, 1)
  14 Mit dem Begriff "Ghetto" taucht wieder die Idee der "gefährlichen 
  Klasse" auf. (Silverman, 1994, 109) Es ist eine diskursive Linie, die sich 
  von tatsächlich existierenden Arbeiterklasse-Ghettos im 19. Jahrhundert 
  bis zu nicht-existenten, aber umso wirksameren Ghettos der MigrantInnen am Beginn 
  der 1970er Jahre im österreichischen Staat, zieht. Vgl. dazu "Gastarbeiter 
  zwischen Schmutz und Ratten" in der Presse vom 14.09.1974. 
  15 Sozialwissenschaftler Dr. Leopold Spira am 15.05.1974 in Arbeiter Zeitung: 
  "Es liege im österreichischen Interesse, soziale und politische Spannungen 
  nicht anwachsen zu lassen, sondern ihnen rechtzeitig entgegen zu wirken."; 
  Der leitende Sekretär des ÖGB-Abgeordneten Erich Holztetter gibt als 
  Begründung für den einstimmigen Beschluss des AuslBG im Parlament 
  am 21.03.1975 in der Wiener Zeitung an: "Ein solches Aufblähen des 
  Arbeitsmarktes mit Ausländern bringe (...) eine Fülle von Problemen 
  mit sich – etwa solche auf dem Gebiet der Infrastruktur".