Montag, 29. Oktober 2001

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IN EIGENER SACHE:
für folgende termine werden aushilfs-reds gesucht:
4.11., 12.11., 18.11.
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01 Anthony Onyeij vermutlich abgeschoben!
von: Gemeinsam gegen Rassismus <gemeinsam@action.at>
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02 BBA 2001: Das wars
von: "q/depesche" <depesche@quintessenz.at>
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03 Bielefeld: Big Brother Award - And the winner is...
Ottooooo Scccchillyyyyyy
von: <aktuell@nadir.org>
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AKTIONEN UND ANKÜNDIGUNGEN
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04 Gesichtskontrolle
von: augustin <augustin@nextra.at>
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05 The Freud Museum Lecture
von: trustram/ernstbrunner <hx65@dial.pipex.com>
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06 Volksbegehren Sozialstaat Österreich: Diskussion
von: Pascale <pascale@depot.or.at>
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07 belly Demo? in Linz
von: "wolfgang" <wolfgang.lindert@liwest.at>

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MELDUNGEN UND KOMMENTARE
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08 aktivitäten der letzten tage...
Aus: tatblatt (www.tatblatt.mediaweb.at)
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DISKUSSION
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09 "Fatal real"
von: <aktuell@nadir.org>
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10 Antwort auf Karl Pfeifer
von: Petra Steiner, a9300620@unet.univie.ac.at
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LINKS / VERWEISE / HINWEISE
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11 Reportagen zur Flüchtlingspolitik
von: arbeiterfotografie <reportage@arbeiterfotografie.com>
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REDAKTIONELLES:

Für diese Ausgabe nicht aufgenommen: nichts

 

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Wie der MUND entsteht ....

Schickt uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen.
E-Mail-Adresse der Redaktion:

widerstand@no-racism.net

Im MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen" wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Ihr könnt Euch die Beiträge extra schicken lassen:
Mail an widerstand@no-racism.net genügt.

 




Quelle: www.popo.at


Und für nächsten Donnerstag:
Das Rechtshilfe-Manual
...und was mache ich eigentlich gegen rassisten?
online-diskussion

Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.

Bitte weitersagen:
Für Personen ohne Internetzugang gibt es aktuelle Terminankündigungen
unter der Rufnummer 589 30 22 12 (Demoforum)
 


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01 Anthony Onyeij vermutlich abgeschoben!
von: Gemeinsam gegen Rassismus <gemeinsam@action.at>
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BUNDESPOLIZEIDIREKTION WIEN VERHINDERT DURCH
GESETZESBRUCH ASYLANTRAG!


Um AsylwerberInnen allen Menschenrechtskonventionen zum Trotz abschieben
zu koennen, scheint der Bundespolizeidirektion Wien jedes Mittel recht zu
sein. Im Falle Anthony Onyeijs, der zuvor in Oesterreich ueber zwei Jahre
unschuldig eingesperrt wurde, gehoert zu diesen Mitteln auch offener
Gesetzesbruch. Und es ist anzunehmen, dass dies kein Einzelfall ist.

Dem Anwalt von Onyeij, Mag. Wilfried Embacher, wurde - ebenso wie der
Nationalratsabgeordneten Dr. Madeleine Petrovic und einem Vertreter einer
Menschenrechtsorganisation - angeblich auf Weisung der
Bundespolizeidirektion Wien gesetzeswidrig das Recht verweigert, Onyeij zu
besuchen. So wurde diesem die letzte Moeglichkeit genommen, noch vor
seinem Deportationstermin einen neuen Asylantrag zu stellen.
In diesem Zusammenhang moechten wir auch auf die Aussage von Dr. Wilhelm
Saurma (stv. Chefarzt der BPD Wien) in der Nachrichtensendung "Zeit im
Bild 2" vom 16. Mai 2001 hinweisen, der gefilmt wurde, als er waehrend
einer Polizeischulung den anwesenden BeamtInnen erklaerte, dass es ueblich
sei, bei so genannten "Problemabschiebungen" die Schubhaeftlinge vor der
Deportation mit Beruhigungsmitteln zu behandeln.

Wir schliessen nicht aus, dass auch das - oder irgendeine andere Form
nicht fuer die Oeffentlichkeit bestimmter Zwangsbehandlung - ein Grund
gewesen sein koennte, warum niemand Onyeij zu Gesicht bekommen durfte.

EILABSCHIEBUNG SAMSTAG FRUEH

Anthony Onyeij wurde hoechstwahrscheinlich am Samstag den 27.10. um fuenf
Uhr frueh - nicht einmal 24 Stunden nach dem er und sein Anwalt davon
informiert worden waren - zusammen mit anderen Schubhaeftlingen in einer
eigens gecharterten Maschine nach Lagos/Nigeria abgeschoben.
Bis jetzt gelang es uns weder, gesicherte Informationen ueber die
tatsaechliche Durchfuehrung der Abschiebung zu bekommen, noch wissen wir,
ob und wann Onyeij in Lagos ankam und was mit ihm danach geschah. Wir
befuerchten, dass er aufgrund seiner politischen Verfolgung und des
nigerianischen Dekrets 33 (siehe weiter unten), noch am Flughafen Lagos
verhaftet wurde.
Der Bundespolizeidirektion Wien und der Wiener Fremdenpolizei war diese
Gefahr bekannt!

PROTEST!

Auch wenn die Abschiebung dadurch nicht mehr verhindert werden kann,
protestiert gegen diese rassistische und menschenverachtende
Vorgangsweise!

Bundesministerium für Inneres
Herreng. 7, 1010 Wien
Fax: (+43 1) 53126-2580

Sekretariat Minister Strasser Tel.: (+43 1) 53126-2192
Sekretariat Ministerkabinett Fax: (+43 1) 53126-2554
e-mail Minister Strasser: ministerbuero@bmi.gv.at,
ernst.strasser@bmi.gv.at, ernst.strasser@oevp.at

Menschenrechtsbeirat Geschäftsstelle im BMI
Bräunerstr. 5, 1014 Wien
Tel.: (+43 1) 53126-5145
Fax: (+43 1) 53126-5212
e-mail: menschenrechtsbeirat@csi.com, office@menschenrechtsbeirat.at

Bundespolizeidirektion Wien
Schottenring 7-9, 1010 Wien
Tel.: (+43 1) 313 10
e-mail: bpdw.journal@polizei.gv.at

Fremdenpolizeiliches Büro
Wasag. 20, 1090 Wien
Tel.: (+43 1) 313 44
Fax: (+43 1) 313 44/9417
e-mail: bpdw.frb@polizei.gv.at

HINTERGRUND

Anthony Onyeij (geboren 1976 in Agbor/Nigeria), der wegen der politischen
Verfolgung seiner Familie aus Nigeria nach Oesterreich fluechtete, wurde
am 27.9.1999 bei einer rassistischen Razzia im Fluechtlingsheim
Zohmanngasse in Wien ("Operation Spring 2"), so wie alle anderen
BewohnerInnen des Heimes mit dunkler Hautfarbe, unter dem Vorwand
"Drogenhandel" verhaftet.

Waehrend zahlreiche andere Opfer der Operation Spring 1 und 2 und
nachfolgender Polizeiaktionen unschuldig oder wegen sehr geringfuegiger
Delikte zu langjaehrigen Haftstrafen (bis zu 13 Jahren) verurteilt wurden,
widersprach sich der - von der Polizei gekaufte - anonymisierte Kronzeuge
AZ1 im Falle Onyeijs derartig auffaellig und unleugenbar, dass sogar die
oesterreichische Justiz nicht umhin konnte, Anthony Onyeij am 6. November
2000 von allen Vorwuerfen freizusprechen. Er war somit auch offiziell mehr
als 13 Monate unschuldig in Untersuchungshaft, nach oesterreichischem
Gesetz wuerde ihm dafuer ca. eine halbe Million Schilling an
Haftentschaedigung zustehen.
Ueber seinen Entschaedigungsantrag wurde aber erst gar nicht entschieden,
sondern mit Hochdruck die Abschiebung vorbereitet. Onyeij wurde noch am
Tag seines Freispruchs in Schubhaft ueberstellt.


Bei seiner Deportation am 4. Dezember 2000 weigerte sich Anthony Onyeij,
das Flugzeug zu betreten, woraufhin die Abschiebung abgebrochen wurde und
er unter der Anklage "Widerstand gegen die Staatsgewalt" nach Korneuburg
erneut in Untersuchungshaft ueberstellt wurde. Auf eine Voruntersuchung
oder Befragung der Flugzeugbesatzung verzichteten Gericht und
Staatsanwaltschaft.

Bei seiner (vorerst) letzten Verhandlung am Landesgericht Korneuburg
bestand Onyeijs Verteidiger, Mag. Embacher, neuerlich auf der Einvernahme
der Besatzung des Abschiebeflugzeuges. Daraufhin war das Gericht durch
Fristablauf gezwungen, Onyeij Anfang Juni zu "enthaften". Er wurde jedoch
wieder nicht freigelassen, sondern ein weiteres mal in Schubhaft
ueberstellt.

Mag. Embacher stellte daraufhin einen Antrag auf "Unzulaessigkeit der
Abschiebung", da Anthony Onyeij schon alleine aufgrund des nigerianischen
Dekrets 33, das fuer Menschen, die "den Namen Nigerias in Verruf bringen",
eine fuenfjaehrige Gefaengnisstrafe vorsieht, in Nigeria erneut von Haft
bedroht waere.

Dieser Antrag wurde per Bescheid vom 25.10.2001 abgelehnt!

DEKRET 33

Das Dekret 33, das noch aus der Zeit der nigerianischen Militaerdiktatur
stammt, wird hauptsaechlich im Zusammenhang mit Suchtgiftdelikten, aber
auch generell nach Haftstrafen im Ausland angewendet und wird laut
Informationen nigerianischer Menschenrechtsorganisationen nach wie vor
exekutiert.
Amnesty International bewertet die Haftbedingungen in nigerianischen
Gefaengnissen als "lebensbedrohlich". Die Menschenrechtsorganisation
"Civil Liberties Organisation" berichtet von ueber 10.000 Todesfaellen in
den letzten fuenf Jahren. Allein im Bundesstaat Lagos sterben in den
Gefaengnissen rund 20 Menschen woechentlich (!) auf Grund von
Unterversorgung, unbehandelten Krankheiten und Seuchen.


Weitere Informationen unter http://united.action.at


NIEDER MIT DEM STAATSRASSISMUS!
NIEDER MIT DER RASSISTISCHEN KLASSENJUSTIZ!
BLEIBERECHT FUER ALLE!

**********************************
Verein Gemeinsam gegen Rassismus United Against Racism!
Waehringerstrasse 59
A-1090 Wien

gemeinsam@action.at
united@action.at

http://united.action.at

Spendenkonto: BAWAG
BLZ 14000, KtoNr 05410-668-507

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02 BBA 2001: Das wars
von: "q/depesche" <depesche@quintessenz.at>
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q/depesche 01.10.27/1

BBA 2001: Das wars

Tag ist. Die ersten Kakerlaken sollen aus ihren Plexi-Särgen
bereits frei gelassen werden, die übrigen gehen am Montag frei.

Ein Award, der beim zahllos erschienenen Publikum besondere
Emotionen auslöste war der Sieg der Ars Electronica: War es nur
Dummheit, Gier oder gar Perfidie, Fingerprint/Datenbanken aus
dem Stahlrevier als Innovation abzufeiern?

Als Peter Westenthaler [FPOE] einem Provinz-Bürgermeister
namens Köfer [SPOE] in der politischen Kategorie knapp unterlag,
ging ein Raunen durch das Flex. Das sich 30 Minuten später in
Ausgelassenheit verwandelte, als
am Ende fest stand: das Publikum im Netz hatte dem
Lautsprecher der Fingerabdrucks/partei mit überwältigender
Mehrheit den "People's Choice" Preis aufgebrummt.

Die Gewinner aus AT

http://www.bigbrotherawards.at/2001/winners/2001.shtml
Bilder BBAA 2001

http://www.moccabeans.com/dcs20011026/index.html

Die Gewinner DE

http://www.bigbrotherawards.de/current/docs/ceremony.html


terror und ueberwachung sind geschwister

http://www.bigbrotherawards.at
-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
q/depesche taeglich ueber
zivile freiheiten im netz

subscribe/unsubscribe

http://www.quintessenz.at/q/depesche/
comments
harkank@quintessenz.at miller@quintessenz.at

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03 Bielefeld: Big Brother Award - And the winner is...
Ottooooo Scccchillyyyyyy
von: <aktuell@nadir.org>
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> Big Brother Award - And the winner is...Ottooooo Scccchillyyyyyy
> Von : bigbrotheraward
> Ort : Bielefeld
> Datum: 28.10.2001
>
>
***Big Brother Award: And the winner is...***

Heute nachmittag wurden in Bielefeld die Preitraeger des deutschen
"Oscars fuer Datenkraken" bekanntgegeben.

In der zentralen Kategorie Politik des Negativ-Preises ist der
Gewinner kein Geringerer als Bundesinnenminister Otto Schily. Ihm
wurde der Hauptpreis verliehen, weil er - wie es in der Laudatio
heisst - "unter dem Deckmantel der Terrorbekaempfung eintritt fuer
den Abbau von Buergerrechten, fuer den Abbau von Datenschutz und die
Einschraenkung der informationellen Selbstbestimmung in Deutschland
und Europa".

Weitere Preistraeger sind:

* in der Kategorie Business und Finanzen: die Informa-
Unternehmensberatung fuer ein der Schufa aehnliches Scoring-
System zur Bewertung der Bonitaet von Kunden, das hinter dessen
Ruecken angewendet wird und ueber das der Kunde auch auf Anfrage
keinen detaillierten Aufschluss erhaelt.
* in der Kategorie Kommunikation: Bundeswirtschaftsminister
Werner Mueller fuer die Federfuehrung beim Zustandekommen der
Telekommunikations-Ueberwachungsverordnung (TKUeV). Aus der
Laudatio: "Mit der TKUeV werden Betreiber von
Telekommunikationsanlagen verpflichtet, auf eigene Kosten
Vorkehrungen zur Ueberwachung der Kommunikation der Teilnehmer
zu treffen. Zudem sollen die Betreiber quasi auf Zuruf der
ermaechtigten Behoerden Ueberwachungsmassnahmen in Gang setzen."

* in der Kategorie Arbeitswelt: der Software-Hersteller
ProtectCom fuer sein Produkt "Spector", das eine umfassende
Ueberwachung der Kommunikation am Arbeitsplatz moeglich macht.
Die Software ist in der Lage, in kurzen Abstaenden Screenshots
von Arbeitsplatzrechnern zu machen, ohne dass der Nutzer dies
merkt. Sie erlaubt die Protokollierung aller Tastatureingaben
und macht den Ueberwacher gegebenenfalls in Echtzeit auf die
Eingabe spezieller Keywords oder Internetadressen aufmerksam.
Auch Chats im Internet oder E-Mails werden mitgeschrieben. Alles
natuerlich im Normalfall ohne Kenntnis des Ueberwachten.

* in der Kategorie Technik: Der Software-Hersteller Real
Networks fuer sein Produkt "Real Player", das Daten ueber den
Benutzer ohne dessen Wissen an den Hersteller weiterleitet.


* den Regionalpreis erhaelt eine Schule in Bielefeld, die ihre
Schueler mit einer School-Card auf eine Kreditkarten-Existenz
vorbereitet. Die Identifikation erfolgt - ueber Fingerabdruck.

Link: http://www.bigbrotherawards.de

http://www.bigbrotherawards.de/current/
philipp

::
ESSEN FÜR ALLE - IMMER!

hier noch was zu tun für das überwachungssystem echelon:

Waihopai, INFOSEC, Information Security, Information Warfare, IW, IS,
Priavacy, Information Terrorism, Terrorism Defensive Information, Defense
Information Warfare, Offensive Information, Offensive Information Warfare,
National Information Infrastructure, InfoSec, Reno, Compsec, Computer
Terrorism, Firewalls, Secure Internet Connections, ISS, Passwords, DefCon V,
Hackers, Encryption, Espionage, USDOJ, NSA, CIA, S/Key, SSL, FBI, Secert
Service, USSS, Defcon, Military, White House, Undercover, NCCS, Mayfly,
PGP, PEM, RSA, Perl-RSA, MSNBC, bet, AOL, AOL TOS, CIS, CBOT,
AIMSX, STARLAN, 3B2, BITNET, COSMOS, DATTA, E911, FCIC, HTCIA,
IACIS, UT/RUS, JANET, JICC, ReMOB, LEETAC, UTU, VNET, BRLO, BZ,
CANSLO, CBNRC, CIDA, JAVA, Active X, Compsec 97, LLC, DERA, Mavricks,
Meta-hackers, ^?, Steve Case, Tools, Telex, Military Intelligence, Scully,
Flame,
Infowar, Bubba, Freeh, Archives


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04 Gesichtskontrolle
von: augustin <augustin@nextra.at>
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Aktionsradius Augarten
November-Schwerpunkt:
VERMESSENE GESICHTER

"Ich sehe nicht ein, wie der, der daran zweifelt, ob ob die Physiognomik
eine würkliche Wissenschaft sey, das ist, zweifelt, ob die
Verschiedenheit des inneren Charakters der Menschen eine erkennbare
Verschiedenheit in seinem Äußerlichen mit sich führe, auf den Namen
eines Philosophen oder Naturforschers den geringsten Anspruch machen
könne. Es empört sich in der That der menschliche Verstand gegen einen
Menschen, der behaupten könnte, daß Leibnitz oder Newton in dem Körper
eines Stupiden, eines Menschen aus dem Tollhause, der große Metaphysiker
oder Mathematiker hätten seyn können; daß der eine von ihnen im Schädel
eines Lappen die Theodicee erdacht, und der andere im Kopfe eines
Mohren, dessen Nase aufgedrückt, dessen Augen zum Kopfe herausragen,
dessen Lippen, so aufgeworfen sie sind, kaum die Zähne bedecken, der
allenthalben fleischlicht und rund ist, die Planeten gewogen und den
Lichtstrahl gespaltet hätte."


Der Tod von Johann Caspar Lavater, dem Gesichtszugs-Kontrolleur, dem
Nasenlängen- und Stirnformenvermesser, dem "wissenschaftlichen"
Physiognomen, jährt sich heuer zum 200. Mal. Ob ein Mensch dumm,
kriminell oder geisteskrank sei, erkenne man schon an den Gesichtszügen,
an der Form der Nase, am Abstand der Augen, an der Breite des Kinns...
Lavaters »Menschenkunde« funktioniert immer noch. "Abschätzige Arroganz
und Brutalität steht Mira Markovic, der Ehefrau von Slobodan Milosevic,
ins Gesicht geschrieben", stand unter einem Foto der Kronen-Zeitung, die
die Mode des 'Physiognomierens' wie selbstverständlich fortsetzt. Und in
den Gesichtszügen der arabischen Verdächtigen, so suggerieren uns die
Steckbrief-Fotos der Mainstream-Meden nach dem Terroranschlag von
Manhattan, ist die Barbarei eingeschrieben.

Diese Lesart von Gesichtern ist folgenschwer. Sie ermöglicht die
gesellschaftliche Exklusion von Menschen mit Antlitzen, die nicht der
»Norm« entsprechen. Das Projekt VERMESSENE GESICHTER untersucht die
Alltags-wirksamkeit dieser »Gesichtskontrolle«, die Rolle der
Physiognomie als Instrument der Ausgrenzung. Doch das Projekt stellt
auch die Frage, wie das menschliche Gesicht abseits dieser dunklen
Lektüre, in der es von »jüdischen Nasen«, »Verbrechervisagen« und
»süd-ländischen Typen« wimmelt, gelesen werden kann. Was sagen uns
unsere Gesichter wirklich? Wie sehr haben wir unser Antlitz unter
Kontrolle? Handelt es sich noch um unser Antlitz ­ oder ist es ein
produziertes Objekt? Wie reden wir mit Blicken? Warum ist es so schwer,
gleichzeitig zu blicken und erblickt zu werden? Wieviele mögliche
menschliche Gesichter gibt es? Wie bestimmend ist die Typologie der
Filmgesichter für die Gesellschaft? Wie ist das Rätsel des
Auseinanderhaltens von weiblichen und männlichen Gesichtern zu lösen?
Sind die Kriterien für ein »attraktives« Gesicht kulturunabhängig?

Das November-Programm im Einzelnen:

Dienstag, 6. 11. 2001
"Küchenbilder" von Kurt Neuhold. Ausstellungseröffnung

Bei den "Küchenbildern" handelt es sich um ein tagebuchartiges
Fotoprotokoll. An seinem Küchentisch sitzend, fotografiert Neuhold sein
Gesicht möglichst jedes Mal, wenn er in seiner Werkstatt-Wohnung zu
arbeiten beginnt.
Begonnen hat er die Portraitserie am 20.1.1993. Geplant war ein Film.
Mit 36 Fotografien wollte er seinen Gesichtsausdruck zu Beginn eines
Arbeitstages erforschen. Diese erste Serie bildete das Ausgangsmaterial
für einen Zyklus von Grafiken und Zeichnungen zum Thema Gesicht. Die
grafischen, expressiven Arbeiten sollten die Fotografien ergänzen und
kontrastieren. Ursprünglich plante Neuhold eine Portraitserie pro Jahr,
seit September 1998 dokumentiert er möglichst jeden Arbeitsbeginn im
Wohnatelier.
Die Produktion der Küchenbilder ist eingebettet in ein Ritual, das ihm
hilft, den Arbeitstag zu strukturieren. Das Einrichten des Fotoapparats,
den Kopf immer an derselben Stelle, der Blick auf die Linse... während
des kurzen Wartens, bis der Selbstauslöser die Blende öffnet, versucht
der Künstler sich zu entspannen und möglichst neutral in die Kamera zu
blicken. Die "Küchenbilder" sind Suchbilder: "Ich blicke in die Linse

der Kamera, wie ich in einen Spiegel schaue. Beim genauen Betrachten
meines Spiegelbildes hoffe ich (noch immer), dass sich mein Denken und
Fühlen in diesem Abbild spiegelt ­ oder dass ich eine Spur vom Denken
und Fühlen auf dieser Oberfläche entdecken kann".

Dienstag, 13. 11. 2001
Wer war Johann Caspar Lavater?

Ein Vortrag mit Dias von Mag. Daniela Lachs, Österreichische
Nationalbibliothek. Die Porträtsammlung der Nationalbibliothek bewahrt
in 911 Portefeuilles und Schubern nicht weniger als 22.102 grafische
Blätter auf, die der Zürcher Gesichts- und Charakterdeuter Lavater
gesammelt hat.

Dienstag, 20. 11. 2001
Das Gesicht im Film

Ein Auswahl von Kurzfilmen der österreichischen Filmavantgarde (darunter
von Mara Matuschka und Valie Export) zum Thema "Gesicht" wird an diesem
Abend gezeigt. Speziell für das Projekt VERMESSENE GESICHTER ist der
Animationsfilm "Spurensuche" von Susanne Kompast (ca. 2min) entstanden.
Das Gesicht und seine entsprechenden Züge, die sich im Laufe der Zeit
eingeprägt haben, sind durch die Gestik um einiges verstärkt. Die
Wertungen von Lavater beziehen sich auf die Kopfform eines Menschen und
die ihm/ihr entsprechende Gestik, die sich im Laufe der Zeit durch
muskuläre Verspannungen und Tics auf dem Gesicht einprägt. Da der Moment
der Gestik aus der Bewegung erfolgt, wird Susanne Kompast den 100
physiognomischen Regeln Lavaters mit dem Medium Animationsfilm nachspüren.

Mittwoch, 21. 11. 2001
Phantombilder. Gesicht und Erinnerung.

Das visuelle Gedächtnis ist dem auditiven über weite Strecken überlegen.
Dies gilt besonders für das physiognomische Gedächtnis. Jeder von uns
kann Hunderte von Gesichtern speichern und auch langfristig
wiedererkennen: ohne diese Fähigkeit wäre der menschliche Alltag in
dieser Gesellschaft nicht zu bewältigen. Die Bildspeicherung in unserem
Kopf birgt aber trotzdem die Gefahr von Fehlern. So stellt sich in der
Kunst wie im Alltag das Problem der richtigen Erinnerung und Wiedergabe.
Individuelles wird vom Modellhaften (bzw. Stereotypischen) überlagert.
Dieses Phänomen kann an antiken Skulpturen wie in der Praxis der
Kriminalistik, aber auch im aktuellen alltäglichen Geschehen beobachtet
werden. Vortrag und Diskussion mit der Kulturhistorikerin Eleonora Louis.
Dienstag, 27. 11. 2001
Wessen Mund schief. Premiere.
Eine Theaterproduktion der Alptraumtöchter.

Die sechste der 100 physiognomischen Regeln Lavaters lautet (gekürzt):
"Wessen Figur schief, wessen Mund schief, wessen Gang schief, wessen
Handschrift schief ist, dessen Denkensart, dessen Charakter, dessen
Manier, zu handeln, ist schief, inkonsequent, einseitig, sophistisch,
falsch, listig, launisch, widersprechend, kaltschalkhaft,
hartgefühllos." Und die einundsechzigste lautet: "Jedes Gesicht ist
dumm, dessen Untertheil, von dem Ende der Nase an gerechnet, weniger als
den dritten Theil des Gesichts ausmacht..." Die Zwei-Frau-Theatergruppe
"Alptraumtöchter" (Hannah Fröhlich, Astrid Vesely; Regie: Werner
Schuster) setzt dieses imposante Regelwerk in Szene und fragt nach der
aktuellen populären Relevanz der Idee, den Charakter des Menschen aus
der Oberfläche des Gesichtes und des Körpers abzuleiten.

Weitere Vorstellungen: MIittwoch 28.11., Freitag 30.11., Samstag 1.12.,
Sonntag 2.12. 2001.
Beginn aller Veranstaltungen: 19.30 Uhr.
Eintritt: Filmabend öS 80,- Theaterabend öS 150,-, sonst frei.

Konzept: Susanne Kompast, Kurt Neuhold, Robert Sommer

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05 The Freud Museum Lecture
von: trustram/ernstbrunner <hx65@dial.pipex.com>
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The Freud Museum Lecture
Thursday 6 December 2001
7:00pm-9:00pm

Edward Said: "FREUD and the NON-EUROPEAN"

Discussant: Jacqueline Rose
(Professor of English, Queen Mary College)

Chair: Christopher Bollas
(Psychoanalyst, British Psychoanalytical Society)
Price: £ 20 Full time students/unwaged: £ 10
Please send a cheque and a stamped addressed envelope to:
Freud Lecture, The Freud Museum, 20 Maresfield Gardens,
London, NW3 5SX

The lecture will take place at a central London venue.
No one admitted without a ticket.
Proceeds from this event will go to support the work
of the Freud Museum

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06 Volksbegehren Sozialstaat Österreich: Diskussion
von: Pascale <pascale@depot.or.at>
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Mittwoch, 7. November, 19.00
Volksbegehren Sozialstaat Österreich
Diskussion

Ein überparteiliches Komitee sammelt seit 3. Oktober Unterschriften zur
Einreichung eines Volksbegehrens, das die verfassungsgesetzliche
Verankerung des
Sozialstaates fordert und damit soziale Errungenschaften verteidigt. Jede
Gesetzesvorlage müsste dann auch in Hinblick auf seine soziale
Verträglichkeit
geprüft werden: Ambulanzgebühren, Besteuerung der Unfallrenten,
Studiengebühren
oder ähnliche Verstärkungen sozialer Differenzen wären nicht mehr so leicht
zu
beschließen. Welche Realisierungschancen hat das Volksbegehren und was
spricht
dagegen?

Mag. Gertraud Knoll , Evangelische Superintendentin, Initiatorin des
Volksbegehrens.
Univ. Prof. Emmerich Tálos, Politikwissenschaftler, Initiator des
Volksbegehrens.
DI Klaus Woltron, Unternehmer und Kolumnist für den Kurier.
Univ.-Prof.Theodor Öhlinger , Vorstand des Instituts für Staatsrecht,
Universität
Wien.

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07 belly Demo? in Linz
von: "wolfgang" <wolfgang.lindert@liwest.at>
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Hallo u. so
Belly Wien kommt nach Linz!
Von1.11.01- 18.11.01 Täglich ausser Montags Vorstellungen
Täglich 15:00
Freitag u. Samstag 15:00 + 19:00
Ne Demo mit vielen Leuten wär sicher am 1.11.01 und an den folgenden 3
Sonntagen am besten.
Wer da Zeit hat, BITTE melden, Danke...
Wir brauchen das um rechzeitig eine Demo anmelden zu können (ab 3 Leut) und
so auch mehrere mobilisieren zu können.
Weil Wo-man ohne Anmeldung nur zu 2t verteilen darf *kampf dem Sexismus!
(o:
Wer Fr. und oder Sa. kann bitte auch melden
In Linz ist bei Veranstaltungen immer Polizeischutz da!
Würd mich freun wenn sich 50.000- 80.000 Leute melden, ansonsten wär i
extrem traurig!! :-/
grüßchens,
wolfi

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MELDUNGEN UND KOMMENTARE
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08 aktivitäten der letzten tage...
Aus: tatblatt (www.tatblatt.mediaweb.at)
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aus der widerstands-chronologie im tatblatt (www.tatblatt.mediaweb.at)

Donnerstagsdemo
Die Botschaft besorgter BürgerInnen erinnerte am Rande des am Vorabend des
Nationalfeiertags bereits vom Bundesheer okkupierten Heldenplatzes an ein
kleines gallisches Dorf. Ein Transparent für Friede und Neutralität hing
bereits, ebenso ein die grünen Tische der Militärs persiflierendes
Dartspiel, bei dem "Schurkenstaaten" getroffen werden sollten - was binnen
kürzester Zeit schwere Kollateralschäden an einem Reifen eines abgestellten
Fahrrades verursachte.
Die Donnerstagsdemo war trotz allem dem Gewerkschaftsbund gewidmet, der
angesichts der nun vorliegenden Ergebnisse der Urabstimmung wieder mal zu
mehr Kampfbereitschaft und zum Generalstreik aufgefordert werden sollte. Die
Route führte zu den Gewerkschaften Öffentlicher Dienst,
Handel/Transport/Verkehr sowie Post- und Fernmeldebedienstete, dem
ÖGB-Präsidium und der Arbeiterkammer, sowie mehr oder weniger zufällig auch
zur Kanzlei Böhmdorfer/Gheneff. Das Thema der Demo wurde vor
DemonstrantInnen und PassantInnen aber konsequent verborgen gehalten. Kein
Transparent oder Taferl und kaum ein Sprechchor nahm dazu Stellung. Und vor
den angeblichen Demozielen wurde nicht einmal mehr angehalten.
Probleme gab es unterwegs am Franz-Josefs-Kai mit einigen überwiegend
kahlköpfigen RechtsextremistInnen, die auf DemonstrantInnen einschimpften
und provozierten. Eine versuchte körperliche Attacke eines Skinheads auf
DemonstrantInnen konnte aber durch eine - laut derStandard.at 70-jährige -
Demonstrantin, die sich dem Rechtsextremisten in den Weg stellte,
erfolgreich verhindert werden.
Weitere Schwierigkeiten bereitete am Schluss die Polizei, die die Demo nicht
über den Heldenplatz zurück zur Botschaft besorgter BürgerInnen ziehen
lassen wollte. Erst blockierten BeamtInnen das Burgtor, dann auch noch das
Gittertor beim U-Bahn-Abgang nächst der Bellaria. Während die meisten
DemonstrantInnen daraufhin weiter zogen, um - vorbei am Parlament - über die
Maschek-Seite zum Ballhausplatz zu gelangen, verwehrten sich ca. 20

DemonstrantInnen gegen die auferlegte Demonstrationspflicht und begehrten so
lange Durchlass, bis ihnen dieser nach rund einer Viertelstunde endlich
gewehrt wurde.
Um ca. 22.15 Uhr löste sich die Demo bei der Botschaft besorgter BürgerInnen
auf.
Zur TeilnehmerInnenzahl: Optimistisch formuliert ist die Talsohle der
vorigen Woche (140 DemonstrantInnen) überwunden. Mit diesmal nach
TATblatt-Zählung knapp 145 TeilnehmerInnen geht es zweifellos wieder
aufwärts (Wir begrüßen die endlich aus ihrem Urlaub nachhause gekommenen
VertreterInnen von Transdanubien gegen Schwarzblau aus diesem Grund auf das
Allerherzlichste zurück auf der Straße!).
Route/Ablauf: Ballhauspatz (Losziehen um ca.20.05 Uhr) - Löwelstraße -
Teinfaltstraße (GÖD, HTV; TATblatt-Zählung: 143 DemonstrantInnen) -
Schottengasse - Helferstorferstraße (ÖGB-Präsidium) - Börseplatz -
Wipplingerstraße - Hoher Markt - Lichtensteg - Rotenturmstraße -
Franz-Josefs-Kai - Biberstraße (GPF) - Falkestraße - Ring -
Schwarzenbergplatz - Prinz-Eugen-Straße (AK) - Plösslgasse -
Argentinierstraße - Taubstummengasse - Favoritenstraße (Kanzlei
Böhmdorfer/Gheheff; TATblatt-Zählung: noch rund 120 DemonstrantInnen) -
Wiedner Hauptstraße - Kärntner Straße - Ring (ca. 22.00 Uhr:
Polizeiabsperrungen bei Burgtor und Gittertor zu Heldenplatz/Ballhausplatz
bei U-Bahn-Abgang; ca. 20 DemonstrantInnen bleiben zurück, viele gehen zur
U-Bahn; 30 gehen weiter, vorbei am Parlament ...) - Josef-Meinrad-Platz -
Löwelstraße - Ballhausplatz (Ende um 22.15 Uhr)
Freitag, 26. Oktober

(13. Geburtstag des TATblatts)
Antimilitaristische Proteste gegen die Bundesheershow am Heldenplatz
... gab es eher wenig. Versuche, die Angelobung zu stören misslangen
weitgehend. Dafür wurden vorbeiziehende Soldaten und jubelnde Massen bspw.
mit Aussagen von Albert Einstein zu Krieg und Militarismus konfrontiert. Und
die United Aliens gegen FPÖVP - wegen Verzerrungen im Raum-Zeit-Kontinuum
diesmal im Hippie-Outfit - sekkierten Soldaten mit Friedensbotschaften.
Nachtrag: Dazu erreichte uns der folgende Bericht:
Langsam eintreffende Aktivistinnen vermehren sich bis ca. 10 Uhr auf ca. 30
Leute. Nach längerem Zögern zieht die Gruppe mit zwei Transparenten -
"Soldaten morden global für das Kapital" und "Bildung statt Bomben -
Menschen statt Profite" - vom Ballhausplatz den Weg zwischen Heldenplatz und
der Hofburg entlang, bis auf Drängen einzelner Polizisten die Gruppe stehen
blieb und lautstark einige Sprüche anbrachte.
Immer mehr Menschen kamen um zu sehen, woher der Lärm kommt - dann wandert
die Gruppe wieder zurück zum Ballhausplatz und versucht über den Weg
Richtung Volkstheater näher an die Angelobung zu gelangen,. wird aber neben
der Botschaft besorgter BürgerInnen wieder von einzelnen Polizisten
aufgehalten, die dann durch die WEGA verstärkt wurden.
Einige Trupps von Rekruten kamen den Weg entlang und wurden angewiesen, dort
stehen zu bleiben, sodass sie die Gruppe der AktivistInnen in zwei Teile
trennten.
Sie wurden mit den Sprüchen "Das Militär hat einen Zweck - Schmeiß Gehirn
und Rückgrad weg" "Keinen Groschen für den Krieg - he! he!" "Bildung statt
Bomben - Menschen statt Profite!" und einem kurzen Text von Einstein über

das Militär konfrontiert.
Nach einiger Zeit wurden die Aktivistinnen angewiesen, den Platz zu
verlassen - die Transparente und politische Kleidung [was ist das denn?;
Anm. Tb] musste abgelegt werden. Auf dem Weg zum Eingang Richtung
Volkstheater bekamen die Aktivistinnen dann die Anweisung, den Heldenplatz
zu verlassen, da sie "nicht zum Ortsbild passen".
Nach einer längeren Diskussion über Demokratieverständnis bzw.
Lächerlichkeit der Begründung gingen die AktivistInnen vor das Eingangstor,
diskutierten dort mit PassantInnen und amüsierten sich mit einigen
Propaganda-Menschen des Heeres (von einem wurde die Behauptung aufgestellt,
"das ist alles privat", aber auch die Charakteristik des "demokratischen
Staates" löste viel Gelächter aus...)
Um ca. 11 Uhr waren nur noch einzelne AktivistInnen anwesend.
Anti-Kriegs-Demo
Zwischen 2.000 und 2.200 Menschen (TATblatt-Zählung) demonstrierten am
Nachmittag gegen den Krieg gegen Afghanistan. Laut KPÖ waren es 4.000
DemonstrantInnen.
Die unzähligen RednerInnen bei Auftakt-, Zwischen- und Schlusskundgebung
spiegelten die Bandbreite der höchst widersprüchlichen Ansichten zu dem
Krieg halbwegs wider - freilich ohne aufeinander einzugehen. Ein ähnliches
Bild bot die Menge der DemonstrantInnen. Die üblichen stereotypen Parolen
gab es ebenso zu lesen und zu hören wie antimilitaristische und
pazifistische.
Die Route führte vom Stock-im-Eisen-Platz über Bundeskanzleramt bzw.
Außenministerium am Ballhausplatz - wo eine Polizeiabsperrung freilich
verhinderte, dass die DemonstrantInnen der Bundesheershow am Heldenplatz zu
nahe kamen - bis knapp vor die US-Botschaft.
Route/Ablauf: Stock-im-Eisen-Platz (Auftaktkundgebung von 15.30 bis ca.16.20
Uhr) - Graben - Kohlmarkt (TATblatt-Zählung: ca. 2.000 bis 2.200
DemonstrantInnen) - Michaelerplatz - Schauflergasse (ca. 16.35 bis 17.05
Uhr: Zwischenkundgebung an der Ecke Schauflergasse / Bruno-Kreisky-Gasse /
Ballhausplatz bei Bundeskanzleramt und Außenministerium; Polizeiabsperrung
mit Tretgittern und einer Reihe WEGA ohne Helme oder Schilde in Richtung
Ballhausplatz / Heldenplatz) - Bruno-Kreisky-Gasse - Minoritenplatz (hier
wäre der Lautsprecherwagen fast zwischen geparkten Autos hängen geblieben) -
Landhausgasse (TATblatt-Zählung: noch rund 1.500 DemonstrantInnen) -
Herrengasse - Freyung - Schottengasse - Währinger Straße - Boltzmanngasse
(Absperrung nach der Ecke Strudlhofgasse rund 50 Meter vor der US-Botschaft
mit Tretgittern und einer Reihe WEGA ohne Helm oder Schild;
Abschlusskundgebung von ca. 17.45 bis 18.15 Uhr).
Samstag, 27. Oktober

Kundgebung gegen den Terror militanter AbtreibungsgegnerInnen und für das
Selbstbestimmungsrecht von Frauen
Bericht von C., leicht gekürzt:
Die AbtreibungsgegnerInnen wurden - wie schon im Vormonat - kurz vor 9.00
Uhr bei der Kirche der Barmherzigen Brüder von
Gegenkundgebungs-TeilnehmerInnen "abgeholt" und bis zur Klinik hin begleitet
.
Vor der Klinik waren dann anwesend: 15 bis 20
Gegenkundgebungs-TeilnehmerInnen, 26 betende und singende
AbtreibungsgegnerInnen (auch die waren schon mal mehr!), vier Polizisten,
vier WEGA-Leute, zwei von der Stapo, ein Kameramann von den

AbtreibungsgegnerInnen, eine Frau fotografierte für - wie sie sagte -
private Zwecke (sie sagte mir, dass sie Infos zur Aktion im Internet
gefunden habe und sich das mal anschauen wollte).
Die akustische Leistung war heute auf beiden Seiten nicht gerade
berauschend.
Vor der Klinik gab es auch diesmal wieder interessante Gespräche mit
PassantInnen, wobei einigen offenbar nicht klar war, dass die, die
Flugzettel verteilten, nicht zu den AbtreibungsgegnerInnen gehörten.
Wie immer zogen die AbtreibungsgegnerInnen um ca. 10.00 Uhr zurück zur
Kirche. Wieder gingen die Gegenkundgebungs-TeilnehmerInnen mit und
verteilten weitere Flugzettel.
Kurz nach 10.00 Uhr war dann alles für diesen Monat vorbei.
Das Lokal der AbtreibungsgegnerInnen ist übrigens nach wie vor mit weißen
Frauenzeichen bemalt.

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DISKUSSION
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09 "Fatal real"
von: <aktuell@nadir.org>
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> "Fatal real"
> Von : ç a ira-Verlag / Sabine Grosch
> Ort :
> Datum: 28.10.2001
>
>
> Dubioses Erbe einer einstmals feministischen Theorie.
>
>
> Von Sabine Grosch
>
> Spätestens seit Erscheinen der Übersetzung von Judith Butlers "Gender
Trouble" ("Das Unbehagen der Geschlechter") ist der feministische Diskurs
auch hierzulande ohne dekonstruktivistische Modelle nicht mehr denkbar.
Butler hat mit ihrer Dekonstruktion der Kategorie Geschlecht zwar zunächst
heftigste Kontroversen ausgelöst, doch haben sich die Wogen allmählich
geglättet, und fast könnte man sagen, daß sich das Butler-Modell und seine
Weiterführungen trotz ihres machtdiskurskritischen Anspruchs auf dem
akademischen Terrain selbst zu einem gewissen Machtdiskurs ausgewachsen
haben. Elisabeth List schreibt hierzu: "Wer die neue Sprache der
'Dekonstruktion' nicht beherrscht, mit ihren Vokabeln nicht jonglieren kann,
ist nicht 'in', nicht 'interessant'. (...) Anders gesagt: Theorien, auch
feministische und natürlich nicht nur die poststrukturalistischen, können
zum 'symbolischen Kapital' werden, akkumuliert in den Händen einer neuen
Elite von Meisterdenkerinnen." Obschon hier nicht eine nochm alige Kritik

an einzelnen Thesen Butlers geübt werden soll, ist es angebracht, mehrere
Jahre nach Einsetzen des "Butler-Booms" (Annuß) darauf hinzuweisen, daß
mit dem Dekonstruktivismus ein Bruch vollzogen wurde, der zur Ablösung
feministischer Theorie vom Feminismus geführt hat, so daß dieser - wenn
überhaupt - allenfalls noch als Kathederfeminismus auftritt.
>
> Will man bestimmte Schritte feministischer Theorieentwicklung skizzieren,
so läßt sich eine Linie ziehen von einem Konzept der Subjekt-
beziehungsweise Gleichwerdung der Frauen (Simone de Beauvoir) zu einem
radikalen Differenzkonzept (maßgeblich Luce Irigaray). Die hierauf folgende
Theorieströmung, die von der Subjekt-Frau-Dekonstruktion (Judith Butler)
schließlich zur Entwertung des Körperlichen und zur Unterordnung der Frauen
unter die technophilen Ideale von Cyber-Utopien führt (Donna J. Haraway),
wird zwar irrtümlicherweise oft noch als feministische Theorie aufgefaßt. Es
ist jedoch kein Zufall, daß zumindest Butlers Dekonstruktivismus unter dem
Signum Gender-Theorie firmiert, wodurch eine gewisse Abgrenzung zur
einstmals feministischen Theorie auch explizit deutlich wird. Weniger klar
scheint das beim Cyber-Feminismus, und so muß unmißverständlich gezeigt
werden, daß dieser keinerlei feministischen Gehalt hat.
>
> Anzusetzen ist hier zunächst bei der von Butler in "Das Unbehagen der
Geschlechter" vorgeschlagenen Dekonstruktion der Kategorie des Subjekts
(Frau) und des Geschlechts. Der damit vollzogene radikale Bruch im
Feminismus affirmiert Theorien, die objektiv mit derzeitigen
gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Tendenzen korrespondieren, und
legitimiert die weitere Entpolitisierung einer bereits in der Krise
befindlichen Frauenbewegung. Butlers Subjektdekonstruktion geht einher mit
ihrer Kritik am Axiom einer einheitlichen Geschlechtsidentität, die von der
gesamten philosophischen Theorietradition ontologisiert und ratifiziert
worden ist, und der sich laut Butler auch fortgeschrittenere feministische
Theoriekonzepte nicht gänzlich entziehen konnten. So konstatiert sie
beispielsweise bei Monique Wittig "das Festhalten an der Metaphysik der
Substanz, die das normative Modell des Humanismus auch als Rahmen für den
Feminismus bestätigt". Nach Butler behalten also auch feministische
Theorien die Metaphysik der Substanz und den Ursachen- und
Ursprungsgedanken der Philosophie bei, die sie für den "vorherrschenden
disziplinären Mechanismus" hält. Daraus läßt sich umgehend schließen, daß
Butler sich in ihrer Kritik der Geschlechts- und Subjektkategorie weitgehend
auf die philosophische Dekonstruktion essentialistischer Konzepte beschränkt
und die Konstitutionsbedingungen eines solchen Geschlechts und Subjekts in
erster Linie in der Begriffs- und Ideensphäre verortet. Dies verhindert die
Thematisierung des Subjekts und des "Geschlecht(s) als gesellschaftliche
Strukturkategorie" (Annuß).
>
> Es kann hier weder darum gehen, im Gegenzug zu Butlers Thesen einer
Ontologisierung oder Substantialisierung von Kategorien das Wort zu reden,
noch darum, den Subjektbegriff für einen politischen Feminismus stark zu
machen - auch wenn dies in Zeiten der zunehmenden Entpolitisierung eine
berechtigte Intention wäre. In Frage gestellt werden muß die Annahme, die
Philosophie sei als vorherrschender disziplinärer Mechanismus die
wesentliche subjektkonstituierende Macht. Dabei wird nämlich das Verhältnis
von Theorie und (gesellschaftlicher) Praxis nicht mehr reflektiert. Diese
Tendenz ist der neueren feministischen Theorie allgemein schon bescheinigt
worden: "Spätestens seit dem realpolitischen Abgang marxistischer Theorie
scheint auch ihr zentrales Anliegen einer Verbindung von Theorie und Praxis
historisch entsorgt. Jahrzehntelang kreisten und rangen um diese Verbindung
die verschiedensten Varianten gesellschaftskritischen Denkens. Nun sind die
Handlungsimpulse erschöpft. Die Dialektik von Theorie und Praxis zerfällt.
Auch die feministische Theorie hat von dieser Dialektik ihren Abschied
genommen." (Rauschenbach)
>
> Butlers Theorie mag zwar eine relativ treffende Beschreibung von der Macht
des Diskurses über Geschlechtsidentität sein, und der "selbstreferentiellen
Debatte" (Nickel) des akademischen Feminismus hat sie entscheidende Impulse
geliefert, aber eine gesellschaftskritische Analyse der Kategorien
Geschlecht und Subjekt leistet sie nicht. So bemerkt auch Evelyn Annuß
hierzu: "Die historisch zu bestimmende Kategorie des (bürgerlichen)
Subjekts, seines Geschlechts und die gesellschaftlichen Bedingungen seiner
möglichen Dezentrierung bleiben bei Butler unproblematisiert." (Annuß) Das
heißt, Butler bleibt trotz kritischen Anspruchs gesellschaftstheoretisch
ignorant und damit letztlich affirmativ.
>
> Die Analyse auf einer gesellschaftstheoretischen Ebene führen, hieße, die
gesellschaftlichen und historischen Bezüge des Geschlechts- und
Subjektbegriffs herauszuarbeiten, um zeigen zu können, daß die Geschlechter,
wie sie in westlich-kapitalistischen Gesellschaften - denn nur in diesen ist
überhaupt eine derart aufwendige Theoretisierung solcher Kategorien zu
verzeichnen - bestanden und bestehen, fremdbestimmte sind, deren
philosophischer, aber auch gesellschaftlich-sozialer Konstruktion bestimmte
Vergesellschaftungsformen zugrunde liegen. Ausgehend davon, daß die
Geschlechter als Geschlechterrollen, als gesellschaftlich erzwungene
geschlechtsspezifische Verhaltenskonditionierung zu verstehen sind, gilt es,
in kapitalistischen Gesellschaften das fremdbestimmte Geschlecht vom
Geschlecht zu unterscheiden. Das heißt, es geht um die Thematisierung der
konkreten geschlechtsspezifischen Fremdbestimmung und nicht um eine
vorwiegend philosophische Dekonstruktion von Begrifflichkeiten, wie Butler
sie vornimmt.
>
> Ein Grund für diesen blinden Fleck bei Butler ist sicherlich ihr Standort
im postmodernen Denken, das genauer zu betrachten und selbst kritisch zu
hinterfragen wäre. Hierbei ist zunächst zu konstatieren, daß postmoderne
Theorien - besonders solche, die den Tod des Subjekts verkünden und die
Vervielfältigung von Bedeutungen und Identitäten an seine Stelle gesetzt
sehen wollen - mit einer gesellschaftlichen Tendenz korrespondieren, die
sich durch funktional fragmentierte und ständig neu zusammensetzbare und
sich zusammensetzende Identitäten und Standpunkte auszeichnet. In treffender

Weise führt Annuß Fredric Jameson an, wenn sie bemerkt: "Im Kontext der
Expansion kapitalistischer Vergesellschaftung zum Weltsystem geht Jameson
von der Ablösung bisheriger Entfremdungserfahrungen durch fragmentierte
Subjektivitätsformen aus." (Annuß)
>
> Dieser multiple Charakter, wie er in der spätkapitalistischen Gesellschaft
erfordert ist, wird von einigen feministischen Theoretikerinnen
offensichtlich
als Errungenschaft gefeiert. Sabine Hark führt als Beispiel Teresa de
Lauretis an: "Sie sieht in feministischer Theorie und Praxis eine neue
Konzeption von Subjekt erwachsen, die von heterogener Subjektivität und
multipler Identität ausgeht; es ist ein Subjekt, das Bewegung und nicht
Person oder Idee ist." Die Verhältnisse, die eine solche multiple Identität
erforderlich machen, bleiben konsequent unhinterfragt und werden gar als
Freiheitshorizont vorgestellt. Cornelia Eichhorn hingegen weist sehr klar
auf die in diesen Theorien drohende Gefahr der blinden Wiederholung
gesellschaftlicher Prozesse und auf ihre entpolitisierenden Implikationen
hin: "Gegenwärtig, wo so viel von einer Pluralisierung der Lebensstile, dem
Anwachsen räumlicher, politischer und sozialer Mobilität, der Zunahme
biographischer Wahlmöglichkeiten und ähnlichem die Rede ist, wenn es
um die Entwicklungstendenzen in den kapitalistischen Zentren geht, kann
eine 'Verviefältigung der Bedeutungen' und 'Pluralisierung der
Identitäten' auch einer Anpassung an die Erfordernisse dieser
Entwicklungen gleichkommen. Es ist noch nicht lange her, da wurde
die Anforderung an Frauen, vielfältig und flexibel, Mutter und Vater,
Kumpel und Freundin, Geliebte und Kampfgefährte, Karriere- und
Putzfrau in einer Person zu sein, als Teil der sexistischen Arbeitsteilung
begriffen und als Zumutung zurückgewiesen. Heute hingegen könnte frau
mit Butler glauben, hinter dieser Anforderung das Licht der Freiheit
aufblitzen zu sehen." (Eichhorn)
>
> Die Frage an dieser Stelle jedoch lautet: Was ist mit der Pluralisierung
für die Frauen gewonnen? Will man sich damit nicht in den "akademischen
Wettbewerb", in die "Konkurrenz zwischen Feministinnen" (List) begeben,
also sich nicht in die schon oben erwähnte Riege der neuen Elite von
Meisterdenkerinnen einreihen, sondern den Anspruch einer Theorie
vertreten, die das Verhältnis von Theorie und Praxis reflektiert, dann
fällt die
Antwort vernichtend aus. Es läßt sich nämlich nichts anderes erkennen als
der Trend zur Zersprengung beziehungsweise zunehmenden Entpolitisierung
einer politischen Frauenbewegung. Ein Artikel zum Internationalen Frauentag
in der Zeit vom 7.März 1997 hat wohl nicht zufällig den Titel "Solidarität
gibt es nicht". Und in der Beschreibung der Reihe Coyote-Texte im
Argument-Verlag heißt es: "Die neunziger Jahre sind für den
gesellschaftskritischen Feminismus Jahre des Rückschlags und der Defensive.
Herrschaftskritik wurde (...) aus ihrer polymorphen Gestalt in eine
universitäre depolitisierte Institution ge- und verdrängt." (Die
Herausgeberinnen, in: Haraway II,3) Wenn die Herausgeberinnen
Haraways Theorien und Vorschläge dann allerdings als ein Beispiel für
"kontinuierlichen Widerspruch" zur "neuen Weltordnung" präsentieren und ihr

"die Formulierung von alternativen Möglichkeiten" (ebd.) bescheinigen, so
zeugt dies nur vom Mangel an theoretischen Alternativen.
>
> Die entsinnlichte, technophile und letztlich im Dienste des Kapitalismus
stehende Struktur des wissenschaftlichen Denkens galt der feministischen
Theorie anfangs als etwas, das kritisch hinterfragt werden muß. Die neueren
Theoretikerinnen laufen jedoch mit der Übernahme technomorpher Kategorien
Gefahr, mit dem einstmaligen Gegner identisch zu werden. Dies soll anhand
einiger Aussagen aus dem Manifest für Cyborgs von Donna Haraway
veranschaulicht werden. Auch wenn Haraways Manifest als kritische
Auseinandersetzung des Feminismus mit den Technowissenschaften gemeint ist,
läßt sich die problematische Affinität Haraways zu den neuen Technologien
nicht leugnen. So konstatiert sie für das Zeitalter der Gen- und
Computertechnologien den "Zusammenbruch der klaren Unterscheidung von
Organismus und Maschine" (Haraway ) und geht davon aus, daß wir alle
mittlerweile zu cyborgs, zu Maschinenmenschen durch ständige Konfrontation
mit Computern, Faxgeräten und Anrufbeantwortern geworden sind. Sie sieht
hierin zwar eine gewisse Gefahr, hält es aber für fruchtbarer, die Chancen
dieser neuen Möglichkeiten aufzugreifen, anstatt nur Verluste und
Niederlagen zu beklagen. In welches Fahrwasser sie sich damit begibt,
scheint für sie keine Rolle zu spielen. Da ihr Manifest ständig oszilliert
zwischen metaphorischer und begrifflicher Ausdrucksweise, sind ihre
Thesen auf den ersten Blick nur schwer einzuordnen und erwecken eher
den Anschein spielerischer Mimikry denn kritischer Auseinandersetzung
mit einer relativ neuen Problematik; eine Verfahrensweise, die die Gefahren
der kompletten Technisierung bis hin zur Abschaffung des Menschen nicht
wirklich thematisiert und die letztlich entgegen ihrer Intention von den
alten Denkformen beherrscht wird.
>
> Haraway favorisiert in ihrem Manifest eine Cyber-Utopie, die eine
"Post-Gender-Welt" (Haraway) begründe und als Emanzipation von jeglichen
"Imperativen westlicher Epistemologien" anzusehen sei. Mit dieser
Cyborg-Metaphorik läßt sich ihr zufolge jenseits von Kategorien wie Gender,
Identität, Ursprung und jenseits jeglicher Dualismen argumentieren, was sie
als Chance für Feministinnen betrachtet: "Feministinnen können allerdings
großen Gewinn daraus ziehen, wenn sie die Möglichkeiten explizit aufgreifen,
die sich aus dem Zusammenbruch der klaren Unterscheidung von Organismus
und Maschine und ähnlicher Unterscheidungen ergeben, die das westliche
Selbst strukturiert haben." Dieses "westliche Selbst" meint Haraway mit der
Cyborg-Metapher umgehen zu können und unterstreicht ihrerseits ebenfalls den
multiplen Charakter, von dem bereits die Rede war: "Die Cyborg ist eine Art
zerlegtes und neu zusammengesetztes, postmodernes kollektives und
individuelles Selbst. Es ist das Selbst, das Feministinnen kodieren müssen."
Auch wenn Haraway Cyborg überwiegend als Metapher meint, so bedient sie
sich damit eines Modells der neuen Technologien und ist somit "mittendrin",
wie sie selbst in einem Interview sagt. Dieses Mittendrin-Sein ist Ausdruck
einer Anerkennung dessen, was eben im Maße dieser Anerkennung zu

erkennen nicht mehr möglich ist. Es impliziert jedoch auch den Wunsch
teilzuhaben, das heißt dieses Mal wollen die Frauen dazugehören und
mitmischen, egal um welchen Preis. Und hierbei geht Haraway davon aus,
Frauen beziehungsweise Cyborgs seien in der Lage, besser mit den
neuen Technologien umzugehen: "(...) dann werden wir unser eigenes
Handlungsfeld und unsere Hoffnung auf lebenswertere Welten genau darin
finden, diese Praxen zu formen, statt uns vor ihnen zu verstecken."
>
> Derartige Argumentationen gehören zu der landläufigen, vor allem in den
Technowissenschaften vertretenen, von kritischen Autoren jedoch längst als
interessierte Naivität entlarvten "Vorstellung, daß die Wissenschaften und
ihre technischen Projekte im großen und ganzen schon in Ordnung und auch
nützlich seien, freilich käme es wohl zunehmend darauf an, daß diese
Instrumente nicht in falsche Hände geraten, nicht von einseitig
interessierten Auftraggebern genutzt und bestimmt würden und daß der
einzelne Wissenschaftler über eine integre Moral verfüge, also auch schon
einmal ein Forschungsprojekt einstellt, wenn die (absehbaren) Folgen prekär
zu werden drohen oder eben Folgen nicht mehr absehbar sind usw."
(Müller-Warden)
>
> In ihrer Erläuterung des Netzwerks, von dem sie sich Chancen für Frauen
verspricht, weil es die "Verschmelzung verschiedener Räume und Identitäten"
und die "Durchlässigkeit der Grenzen des individuellen Körpers wie der
Körperpolitik" (Haraway I) garantiert, greift Haraway schließlich explizit
auf einen Vergleich mit kapitalistisch bewährten Konzepten zurück:
"'Vernetzung' ist nicht nur eine multinationale Unternehmensstrategie,
sondern auch eine feministische Politikform, das Weben von Netzen ist die
Praxis oppositioneller Cyborgs." Auch hier gilt: indem Frauen anfangen, für
ihre Ziele Argumente aus der Tradition funktionaler Vergesellschaftung,
mithin der des Gegners zu bemühen, werden sie "in dem Maße mit ihm
identisch, wie sie ihn verstehen". (Müller-Warden)
>
> Feministinnen, die eine solche Cyber-Utopie favorisieren, unterliegen
letztlich doch der elementaren Struktur von Wissenschaft, wie sie bereits in
den weltflüchtigen Maßstäben der Philosophie Platons formuliert ist: "Und
solange wir leben, werden wir, wie sich zeigt, nur dann dem Erkennen am
nächsten sein, wenn wir, soviel möglich, nichts mit dem Leibe zu schaffen
noch gemein haben, was nicht höchst nötig ist, und wenn wir mit seiner Natur
uns nicht anfüllen, sondern uns von ihm rein halten, bis der Gott selbst uns
befreit." Aber auch Descartes kommt einem in den Sinn. So weist Jochen Rack
darauf hin, daß "die cartesianische Vorstellung von einem körperlosen Geist
zur Grundlage (wurde), auf der man Mitte des 20. Jahrhunderts die Metapher
vom Geist als Softwareprogramm entwickelt hat" (Rack). "Ich erkannte
daraus", heißt es bei Descartes, "daß ich eine Substanz sei, deren ganze
Wesenheit oder Natur bloß im Denken bestehe und die zu ihrem Dasein weder
eines Ortes bedürfe noch von einem materiellen Ding abhänge, so daß dieses
Ich, das heißt die Seele, wodurch ich bin, was ich bin, vom Körper völlig
verschieden und selbst leichter zu erkennen ist als dieser und auch ohne

Körper nicht aufhören werde, alles zu sein, was sie ist."
>
> Diese Vorstellungen scheinen heute dank des technischen Fortschritts
weitgehend Wirklichkeit geworden zu sein, wie auch ein Beispiel aus einem
zeitdiagnostischen Artikel belegt: "Millionen von Cybernauten 'surfen' hier,
ihrer Körper entledigt, in einem idealisierten immateriellen Reich. Als
Wesen des Äthers sind die Cybernauten (...) aller physischen Begrenzung
enthoben. Sie sind frei von Mißbildung, Krankheit und Häßlichkeit. (...) Im
Cyberspace, sagen die Freaks, kann man einfach 'sein' - eine reine Seele,
die körperliche und nationale Grenzen überschreitet." (Wertheim)
>
> Es scheint, als wolle die feministische Theorie auf diesen wohl
unaufhaltsamen Zug des Homo cyber sapiens aufspringen. Daß dies jedoch
keine Lösung ist, sondern neue alte Probleme mit sich bringt, darauf weist
Käthe Trettin hin: "Der Cyberfeminismus ist kein ernstbafter
Lösungsvorschlag
(...). Er berauscht sich an Multimedia-Visionen und fällt im übrigen zurück
in einen völlig unreflektierten Umgang mit der Kategorie 'Frauen'."
(Trettin) Statt sich jedoch blind an den Zug anzuhängen, gibt es immerhin
die Möglichkeit, sich gegen alle akademischen Trends und Modeerscheinungen
einiger vorhandener kritischer Auseinandersetzungsmodelle zu erinnern, die,
wie Annuß schreibt, "zu der Einsicht führen, daß auch der Gegenstand
Geschlecht nur als exemplarischer einer kritischen
(Gesellschafts-)Wissenschaft sinnvoll ist".
>
>
>
> Annuß, Evelyn: Umbruch und Krise der Geschlechterforschung: Judith Butler
als Symptom. In: Das Argument 216, Heft 4,1996
>
> Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechte., Frankfurt a.M. 1991
>
> Eichhorn, Cornelia: Zwischen Dekonstruktion und Identitätspolitik. Eine
Kritik zur feministischen Debatte um Judith Butler. In: Die Beute, Heft 1,
1994
>
> Haraway, Donna (Haraway 1): Ein Manifest für Cyborgs. In: Dies.: Die
Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen. Frankfurt a.M./New
Yorck 1995
>
> Haraway, Donna (Haraway II): Monströse Versprechen. Coyote-Geschichten zu
Feminismus und Technowissenschaft. Hamburg 1995
>
> Hark, Sabine: Vom Subjekt zur Subjektivität: Feminismus und die
Zerstreuung des Subjekts. Nr. 12 der Vortragsreihe Berliner
Wissenschaftlerinnen stellen sich vor, Vortrag vom 14. Januar 1992
>
> List, Elisabeth: Politik, Geschlecht, Lebensform. Perspektiven
feministischer Theorie und Praxis. In: Grosz-Ganzoni, Ita-Maria (Hg.):
Widerspenstige Wechselwirkungen. Tübingen 1996
>
> Müller-Warden, Joachim: "Was ist Wissenschaft?" In: Ders./Welzer, Harald
(Hg.): Fragmente kritischer Theorie. Tübingen 1991
>
> Nickel, Hildegard Maria: Feministische Gesellschaftskritik oder
selbstreferentielle Debatte? Ein (ostdeutscher) Zwischenruf zur Frauen- und
Geschlechterforschung. In: Berliner Journal für Soziologie, Band 6, 1996
>
> Platon: Sämtliche Werke 3, Phaidon, Politeia. Hamburg 1985
>
> Rack, Jochen: Homo Cyber Sapiens. Die Kolonisierung des Körpers.
Sendeskript des Features vom 14. Februar 1997 im Deutschlandradio
>
> Rauschenbach, Brigitte: Erkenntnispolitik als Feminismus. Denkformen und
Politikformen im feministischen Bildungsprozeß der Erfahrung. In: Die

Philosophin, Heft 11, Mai 1995
>
> Trettin, Käthe: Es geht weder mit noch ohne Frauen. In: Frankfurter
Rundschau, 10. Juni 1997.
>
> Wertheim, Margaret: Ehre sei Gott im Cyberspace. In: Die Zeit, Nr. 22, 24.
Mai 1996
>
>
> aus: "Fatal real",
>
> bei ç a ira, Freiburg 1997
>
> *** nadir-aktuell-abo -- Aboliste mit Nachrichten von http://www.nadir.org
> *** Beitraege: nadir-aktuell@nadir.org / Redaktion:
nadir-aktuell-red@nadir.org

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10 Antwort auf Karl Pfeifer
von: Petra Steiner, a9300620@unet.univie.ac.at
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Lieber Herr Pfeifer,

Der "großzügige" Camp David-Vorschlag vom Juli 2000 sah einen Staat(?)
Palästina mit kontrollierten Grenzen vor. Knapp 10 Prozent des
Westjordanlandes sollten annektiert werden, langfristig sollte eine
Sicherheitszone entlang dem Jordan eingerichtet werden, Israel hätte die
Kontrolle über die Grenzen Palästinas behalten und in der Flüchtlingsfrage
gab es keinerlei Lösungsvorschläge. Dass diese Pläne sämtliche in Frage
kommenden UN Sicherheitsratsresolutionen ingnorierten, (allen voran 242, die
Beendigung der Besetzung des W-Jordanlandes, des Gaza-Streifens und
Ostjerusalems, also der 1967 besetzten Gebiete) nahm die internationale
Medienöffentlichkeit nicht besonders übel, es fiel ja auch kaum jemandem
auf! Offensichtlich hatten, dank einer gelungenen Desinformationskampagne,
sich bereits alle mit dem israelischen Selbstverständnis des "Besatzers",
der den "Besetzten" den Frieden nach eigenen Regeln diktiert, abgefunden. In
Anbetracht des Drucks daheim schien Barak das eigene Angebot vielleicht
tatsächlich "großzügig" zu sein. Tatsächlich war er es aber, der bei diesen
Verhandlungen das Völkerrecht mißachtete. In den österreichischen Medien
höre ich dazu jedenfalls bis heute die "richtige" Version, dass nämlich dies
"das äußerste Angebot war, das Israel machen konnte". Brav, brav. Der
Vorwurf der Friedensunwilligkeit richtet sich aber nur gegen Arafat. - Diese
Position bekommen Sie beim Verzehr der auf den weiten Wiesen der
österreichischen Medienlandschaft dargebotenen Speisen doch beim
nächstbesten Kuhfladen bestätigt!

Ist das Ihr Ausdruck von "Friedenswilligkeit", einer Politikerin, die der
palästinensischen Bevölkerung ihre Unterstützung im Kampf für ein Ende der
Besatzung ausspricht, die Unterstützung von Selbstmordattentätern zu
unterstellen? Oder nein, wo es keine gleichberechtigten Verhandlungspartner
gibt, sondern von vornherein "Sieger" und "Verlierer", wo der eine sagt,
wo's lang geht und der andere ablehnt, dann kann das wohl nur wieder eines
bedeuten: Israel soll vernichtet werden.

Die Fortschritte, die die Gespräche in Taba Anfang 2001 hätten einleiten
können, waren mit den Neuwahlen und der Provokation Sharons auf dem
Tempelberg endgültig vertan. Ob die Frustration, die sich dann einstellte,
noch übermäßig angestachelt werden musste? Natürlich, jene, die meinen, dass
Gewalt immer weiter mit Gewalt beantwortet werden muss, gibt es auf beiden
Seiten. Aber verlangt ein erster Schritt zum gegenseitigen Verständnis
nicht, dass endlich mit den einseitigen Schuldzuweisungen aufgehört wird?
Israelische Politik zu einer einzigen Notwehraktion zu erklären - das Land,
das sich in der militärischen Überlegenheit befindet - ist absurd und schürt
die Emotionen der Entzweiung nur weiter fort.

MfG
Petra Steiner


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11 Reportagen zur Flüchtlingspolitik
von: arbeiterfotografie <reportage@arbeiterfotografie.com>
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Liebe Leute,

es gibt zwei neue Reportagen:

> Demonstration gegen die rassistische Flüchtlingspolitik der Stadt Köln
Köln, 25.10.2001 (Hintergrundinformation: rotes i)
> Roma-Flüchtlinge verlassen unter Druck das Flüchtlingsheim an der
Boltensternstraße
Köln, in der Nacht vom 25. auf den 26.10.2001

Eine weitere Reportage zu diesem Themenkomplex ist in Vorbereitung!

Die Reportagen sind zu finden unter:
<http://www.arbeiterfotografie.com/reportage >

Ihr könnt die Bilder für nicht kommerzielle Zwecke gerne kostenlos
verwenden, für Flugblätter, Zeitungen, Internet,... (bei Autorenangabe
'arbeiterfotografie' und Mitteilung über die Verwendung bzw. Zusendung
eines Belegexemplars).

Mit besten Grüßen
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

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Arbeiterfotografie - Forum für Engagierte Fotografie
Anneliese Fikentscher
Andreas Neumann
Merheimer Str. 107
D-50733 Köln
Tel: 0221/727 999
Fax: 0221/732 55 88
eMail: arbeiterfotografie@t-online.de
Web: www.arbeiterfotografie.com

 

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Redaktionsschluss: 28. Oktober 2001, 22:00 Uhr
Diese Ausgabe hat Edgar Ernstbrunner <hx65@dial.pipex.com>
zusammengestellt



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