Mittwoch, 7. November 2001

 

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IN EIGENER SACHE:

für folgende termine werden aushilfs-reds gesucht:
11.11., 18.11., 25.11.
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01 Reichspogromnacht - RBH-Aussendung
From: Revolutionsbräuhof, rbh@inode.at
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AKTIONEN UND ANKÜNDIGUNGEN
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02 "Als Feministin und Mutter..."
From: frauenhetz@t0.or.at
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KOMMENTARE - MELDUNGEN
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03 Alles nur Panikmache? Das Dienstleistungsabkommen in der WTO
From: Walther Schuetz, buendnis.oeie@aon.at
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04 Steuergelder für Telefonüberwachung
From: depesche@quintessenz.at
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05 Stmk/Arbeitslose/Kapitalismus
From: kpoe_stmk@hotmail.com
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REDAKTIONELLES:

Für diese Ausgabe nicht aufgenommen: nix - moment, doch: für einen termin
war's zu spät, und einer war nicht widerstandsrelevant

 

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Wie der MUND entsteht ....

Schickt uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen.
E-Mail-Adresse der Redaktion:

widerstand@no-racism.net

Im MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen" wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Ihr könnt Euch die Beiträge extra schicken lassen:
Mail an widerstand@no-racism.net genügt.

 




Quelle: www.popo.at


Und für nächsten Donnerstag:
Das Rechtshilfe-Manual
...und was mache ich eigentlich gegen rassisten?
online-diskussion

Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.

Bitte weitersagen:
Für Personen ohne Internetzugang gibt es aktuelle Terminankündigungen
unter der Rufnummer 589 30 22 12 (Demoforum)
 

 

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01 Reichspogromnacht - RBH-Aussendung
From: Revolutionsbräuhof, rbh@inode.at
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RBH-Online

Revolutionsbraeuhof (RBH) - Postfach 142, A-1181 Wien
Tel.: (01) 310 76 93, 319 52 22 * E-Mail: rbh@inode.at *
http://www.inode.at/rbh
Treffen: Jeden Di, 20.00 Uhr. Anarchistische Buchhandlung;
Hahng. 15, A-1090 Wien.

Mit diesem Internetdienst versenden wir sowohl aktuelle
Informationen, Terminankuendigungen, als auch theoretische
Texte etc. Grundsaetzlich verstehen wir ihn als offenes
Medium, daß heisst, dass wir auch Zusendungen anderer
linker Gruppen/Personen weiterverbreiten. Zusendungen, die
wir über RBH-Online weiterverbreiten sollen, bitte
entsprechend kennzeichnen. Wir verschicken die Nachrichten
grundsätzlich
an alle, von denen wir glauben, dass sie sich vielleicht dafuer
interessieren koennten. Wenn ihr sie nicht mehr bekommen
wollt, reicht eine kurze Nachricht an uns.

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Kultur Zwischendurch 107
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"In den Jahren 1939-1942 wurden vom ehemaligen Aspangbahnhof
zehntausende oesterreichische Juden in Vernichtungslager transportiert und
kehrten nicht mehr zurueck"

Niemals vergessen!

Mahnwache und Kundgebung
Freitag, 9. November 2001 - 18 Uhr
Gedenkstein vor dem ehemaligen Aspangbahnhof
(1030 Wien, Platz der Opfer der Deportation/Aspangstrasse)


Zu dieser Kundgebung rufen auf:
NR Karl Oellinger - NR Madeleine Petrovic - LAbg Susanne Jerusalem -
Alternative und Gruene GewerkschafterInnen (AUGE) - Antifaschistische
Linke (AL) - ARENA - ARGE fuer Wehrdienstverweigerung und
Gewaltfreiheit - BUND Sozialdemokratischer Juden - AVODA - Frauengruppe
Abraxa - GPA-StudentInnen - Gruene Alternative Jugend (GAJ) - Gruene -
Die Gruene Alternative Wien - Hashomer Hazair - Infoladen 10 - Infoladen
Grauzone - Infoladen Wels - Initiative Aspangbahnhof - Israelitische
Kultusgemeinde Wien - Kommunistische Jugend Oesterreich - Junge Linke
(KJOE - Juli) - Kommunistische Partei Oesterreichs (KPOe) - Kommunistische
Partei Wien (KPOE-Wien) - Kommunistischer StudentInnenverband (KSV)
Kulturverein Saegefisch - Linkswende - KZ-Verband - Revolutionsbraeuhof
(RBH)Rosa Antifa Wien (RAW) - Redaktion "akin" - Redaktion "Augustin" -
Sozialistische Linkspartei (SLP) - Sozialistische Jugend Wien (SJ-Wien) -
Sozialistische Jugend Oesterreichs (SJOE) - Volksstimme


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SA-Befehl zur »Reichskristallnacht« am 9. November 1938:

Sämtliche jüdische Geschäfte sind sofort von SA-Männern in Uniform zu
zerstören... Jüdische Synagogen sind sofort in Brand zu stecken... Die
Feuerwehr darf nicht eingreifen... Der Führer wünscht, daß die Polizei
nicht eingreift... An den zerstörten jüdischen Geschäften, Synagogen
usw. Sind Schilder anzubringen mit etwa folgendem Text: Rache für Mord
an vom Rath. Tod dem internationalen Judentum...
zit. Nach: H. D. Schmid, Fragen an die Geschichte, Hirschgraben-Verlag
Frankfurt am Main, S. 60


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Die Bestrebungen, das Ungeheuerliche zu leugnen und zu ignorieren
gehören zur guten »Tradition« der Geschichtsaufarbeitung in
Österreich. Denn niemand will etwas gewußt, gesehen haben und schon
gar niemand will beteiligt gewesen sein. Und das, obwohl Ereignisse
wie die Reichspogromnacht am 9. November 1938 alles andere als
übersehbar waren.

Währendessen die Nazipropaganda den angeordneten Pogrom als
»berechtigten Volkszorn« titulierte, stellte sich »plötzlich« nach
1945 heraus, daß das gesamte Volk gerade offensichtlich mit anderen
Dingen beschäftigt war, aufgefallen ist nichts, denn von der
Judenverfolgung und später -vernichtung hat ja niemand was gewußt. Und
wenn man nach den ehemaligen jüdischen Nachbarn fragt bekommt man
allenfalls zur Antwort, diese seien damals irgendwann »verreist« oder
»ausgewandert«.

Die Österreicher, dieses Volk von »Unschuldigen«, haben sich wohl
niemals daran ergötzt, wie man die Juden zwang, die Straßen zu
waschen, die brennenden Synagogen sind ihnen genausowenig aufgefallen
wie die schwarzen Rauchschwaden aus den Schornsteinen des KZ
Mauthausen.

Die Österreicher, dieses Volk von Denunzianten und Vernaderern, haben
ihre Nachbarn bei der Gestapo angezeigt, weil sie deren Wohnung
wollten, wohlwissend, daß die Nachbarn niemals wieder kehren
werden. Mit Begeisterung haben sie jüdische Geschäfte geplündert, die
Verzweifelten hinters Licht geführt und betrogen, als diese
hilfesuchend ihre letzten Habseeligkeiten feilboten.

Von den Wiener Juden hat kaum wer überlebt. Niemand war bereit, die
Verfolgten und mit Tod bedrohten aufzunehmen, ihnen Unterschlupf zu
gewähren. Der Antisemitismus, der moderne rassistische Antisemetismus,
ist eine Wiener Erfindung. Schon zur Wende des 20. Jahrhunderts war
die Stadt übersät von antisemitischen Hetzschriften. Der beliebte
Volksbürgermeister Lueger hat nur Dank rassistischer und
antisemitischer Propaganda das »goldene Wienerherzen« auf sich ziehen
können. Nein, es bedurfte keiner Nazi-Propaganda, um den Wienern den
Judenhass einzuimpfen. Es war vielmehr so, daß der junge Hitler in
Wien, von Wienern, seine kruden Ideen bezog. Er brauchte nichts
erfinden, er hat alles schon fertig vorgefunden: den rassischen
Antisemitismus, die Deutschtümelei, den Vernichtungswahn.
Österreicher waren an der Vernichtung der europäischen Juden
überproportional beteiligt. Und Österreich hat sich nach 1945 schnell,
sehr schnell aus der Verantwortung gezogen. Die wenigen Überlebenden,
die rechtzeitig trotz aller Widrigkeiten fliehen konnten, wurden nicht
zurück geholt. Im Gegenteil, es wurde alles unternommen, daß sie nur
ja dort bleiben, wo sie waren. Ihr Hab und Gut wurde bis heute nicht
ordentlich zurückgegeben. Denn die Arisierungen wurden und werden von
den Gerichten als »Verkäufe« interpretiert. Die Überlebenden der
Vernichtungslager wurden mit Brosamen abgespeist. Es bedurfte erst der
medienwirksamen Sammelklagen aus den USA, damit sich, über ein halbes
Jahrhundert später, überhaupt etwas getan hat. Keine Regierung, keine
Partei hat sich Gerechtigkeit auf ihre Fahnen geschrieben.

Warum auch? Denn die Vertriebenen und Exilierten waren als Wähler
ebensowenig von Bedeutung wie die ermordeten. Ganz im Gegensatz zu den
Millionen an Tätern, Mördern und Mitläufern. Entnazifiziert wurde
Österreich nie. Die Nazis waren überall gern gesehene Wähler,
Parteimitglieder und Nachbarn. Richter und Ärzte, in die
Nazi-Todesmaschinerie verstrickt, übten weiter ihre Ämter und Berufe
aus. Die alten Seilschaften sind bis heute intakt. Man braucht nur auf
den Fall des Psychiaters Gross hinweisen, der aktiv am
Euthanasie-Programm auf den Spiegelgründen (heute Neurologisches
Krankenhaus Steinhof) beteiligt war. Nach 1945 konnte er seine
Karriere fortsetzen, war bis vor nicht all zu langer Zeit honoriges
SPÖ-Mitglied und vielbeschäftigter Gerichtsgutachter. Versuche, Herrn
Gross zur Verantwortung zu ziehen wurden bis heute vereitelt - von
seinen ehemaligen Kumpanen in der Justiz?

Herr Gross ist kein Einzelfall, er ist nur prominent geworden. Zu
Abertausenden findet man die Ewiggestrigen. Sie führten und führen ein
»ganz normales Leben«. Sie sind, wenn etwas strammer, bei der FPÖ,
sonst eben in den anderen Parteien organisiert. Sie bestimmen seit
Jahrzehnten das, was man so schön als »stumme Mehrheit« nennt, sie
sind der Volkswillen, der immer seine Stimme, sein Sprachrohr
findet. Und so still sind sie nicht: Denn egal, ob man durch die
Landgasthäuser, die Vorstadtbeiseln oder die gutbürgerlichen
Gasthäuser geht, die Hetze, die Häme und die Hinterlist ist
geblieben. Vom rassistischen, antisemitischen Witz bis zum Bekenntnis
»ich erwürg' noch heute jeden Juden eigenhändig« ist dort alles zu
finden.

Es ist müßig, darüber zu diskutieren, auf welche Volksgruppe zu einem
bestimmten Zeitpunkt sich der allgemeine Hass konzentriert. Die
Schablonen - Juden, Zigeuner, Neger, Sandler, Schwule ... - sind
austauschbar. Die Methode und der Sinn bleiben gleich: Zuerst
Runtermachen, haltlose Beschuldigungen aussprechen - irgend etwas wird
schon hängen bleiben - und letztendlich zuerst vereinzelt tätliche
Angriffe bis zur systematischen Vernichtung.

Die dünne Tünche der Zivilisation und des Rechtsstaates täuscht über
die reale Gefahr hinweg. Eine erschreckend große Minderheit ist
jederzeit zur Barbarei bereit. Und vice versa finden sich ausreichend
Politiker und Schreiberlinge, die diese Klientel bedienen, den Boden
aufbereiten. Und es verwundert nicht, daß nachdem jahrelang über
»nigerianische Drogendealer« gehetzt wurde und Schwarzen allerhand
Schandtaten zugeschrieben werden, Graffities mit dem Mordaufruf »Tötet
Neger!« auftauchen. Und den ersten Todesfall hat es schon längst
gegeben, nicht begangen von Nazi-Skins, sondern geschehen bei einer
Abschiebung durch Exekutivbeamte. Und es bedarf schon eines besonderen
gesellschaftlichen Klimas, um jemanden im Todeskampf öffentlich
solange mit Klebebändern den Mund zu knebeln, bis die Person ruhig ist
- weil sie erstickt ist. Ob das mit »Absicht« geschehen ist, oder nur
»unabsichtlich passiert«, ist egal. Denn es zeigt, wie wenig
Minderheiten als Menschen angesehen werden. Und warum hat niemand im
Flugzeug eingegriffen? Weil es eben normal ist, Schwarze zu
drangsalieren.

Und der, vorallem von der Rechten eingebrachte, Hinweis, daß in
Österreich, im Gegensatz zu anderen Ländern, keine Asylantenheime
brennen, verbirgt die reale existierende Gewalt. Der Rassismus, die
Verfolgung und auch Bedrohung von Minderheiten erfolgt vom Staate, von
der Verwaltung aus. Es beginnt damit, daß Opfer von Übergriffen -
seien es Beleidigungen oder Tätlichkeiten - es nicht wagen, sich an
die Behörden zu wenden. Wohl auch, weil dort die Diskriminierung
weitergeht, und eine Verfolgung der Täter nicht wirklich vorgesehen
ist. Rechtsextreme, rassistische Straftaten, wie die Schändung von
Friedhöfen, werden nicht als politische Taten behandelt. Es waren
immer verwirrte Einzeltäter, am besten besoffen, die ohne politischen
Hintergrund handeln; auch dann, wenn sie gerade rassistische Motive
angeben. Flüchtlinge werden mittels der Armee gejagt, von Politikern
als Straftäter und Terroristen verunglimpft, von der Journaillie der
sensationsgeilen Meute vorgeworfen. Verschleppten Mädchen, die zur
Prostitution gezwungen werden, wird keine Hilfe angeboten, sondern im
Gegenteil, durch die gängige Abschiebepraxis in die Arme ihrer
Zuhälter, Peiniger getrieben.

Österreich und seinen Politikern ist kein Anlaß zu peinlich, um nicht
der Lächerlichkeit anheim zu fallen. Den Krieg, den Österreich gerne
mitführen und -gewinnen will, spielt das Land als Operetten-Groteske
zu Hause. Abgesehen von den massenpsychotischen Panikattacken im
Angesicht von Staubzucker, basteln Politik und Journaille daran, den
Notstand zur Normalität zu erheben. Keine Schikane gegen Flüchtlinge
kann arg genug sein, daß sie nicht noch verschärft wird. Nachdem das
Asylrecht de facto schon von der SPÖ abgeschafft wurde, schickt sich
die ÖVP an, das Rechtsverfahren in ein Schnellverfahren
umzuwandeln. Ein bißchen Schein soll bleiben, aber nur ein
bißchen. Von den bizarren Vorschlägen der Gesellschaft um Haider und
Hojac ganz abgesehen.

Die Hetzpresse jubelt: nach dem wir es dem Saddam und dem Slobo
gezeigt haben, ist jetzt der Osama dran. Aber bumsti! Und der
barbarische Bodensatz versteht schon richtig: Waren »gewisse Kreise an
der amerikanischen Ostküste« an unserer Verunglimpfung schuld, so
haben dies die wenigen orthodoxen Juden in Wien deutlich zu spüren
bekommen. Und jetzt, wo wir den Osama jagen, der übrigens laut
Zeitungsberichten von der Bevölkerung mehrmals in Wien gesichtet
wurde, bekommen Sikhs den gerechten Volkszorn zu spüren. Die haben
zwar mit der ganzen Sache gar nichts zu tun, schauen aber genau so
aus, wie sich ein durchschnittlich minder bemittelter Österreicher die
Taliban vorstellt.

Und doch, wenn man dem Volksmund und seinen Sprachrohren aufs
geifernde Maul schaut, so zeigt sich doch Erstaunliches. Genauso wie
in manchen arabischen Ländern die paranoide Idee kursiert, der Mossad
sei für die Anschläge in New York und Washington verantwortlich,
vermutet so mancher Leserbriefschreiberling die eigentliche Schuld an
allem noch immer bei »den Juden«. Und sowohl die linken und die
rechten Nationalisten haben immer sofort »Dresden« auf ihren Parolen
stehen. Wenn es so etwas wie moralisch gerechtfertigte Bombardements
überhaupt gibt, dann war die völlige Zerstörung von Hitler Deutschland
(und Österreich) sicher so ein Fall. Denn die Bevölkerung war bis zum
Schluß gewillt, jegliche Sauerei mitzutragen und hat sich, wie man an
den Todesmärschen sehen kann, eigenhändig und mit Freude an der
Vernichtung der europäischen Juden beteiligt. Auch dann, wenn die
russischen und amerikanischen Panzer nicht mehr weit waren. Noch
schnell ein paar Juden erschlagen, bevor es nicht mehr geht. So manche
»Helden«-Geschichte wird noch immer, vor gar nicht vorgehaltener Hand
erzählt.

Nein, Österreich ist zu weiten Teilen noch immer dieser faschistische,
rechtsradikale Sumpf, der sich während des Hitlerregimes so
fürchterlich hervorgetan hat. Und es ist völlig falsch, das bei der
FPÖ oder bei der Kronen Zeitung festzumachen. Das Ganze Land ist
durchwirkt. Die Alten sterben nicht aus, sie züchten Junge. Der Anteil
der (pro-)faschistisch Gesinnten wird bei der FPÖ nicht wesentlich
größer sein als in der SPÖ oder ÖVP. Sie unterscheiden sich in
Nuancen. Und auch die ganze andere Presse bedient sich der
vorherrschenden Ressentiments. Der Revanchismus ist
Staatsideologie. Warum die Einhelligkeit bezüglich Temelin? Oder geht
es doch nicht eher um die Benes-Dekrete? Warum dieser bizarre
Anti-Amerikanismus, der nur darauf abzielt, das Ergebnis zweier
zurecht verlorener Weltkriege rückgängig zu machen? Wehret den
Anfängen ist völlig daneben gegriffen. Hört endlich auf!

Und nur so ist es auch zu verstehen, daß, wenn die Gelegenheit
»günstig« ist, sich sofort ein kolossaler Chor erhebt, der das
Reinemachen, das endlich Vergessen dürfen und das Schlußstrich ziehen
propagiert. Und es sind eben nicht nur die üblichen »Verdächtigen«,
die sich in diese Kakophonie einstimmen, es finden sich immer wieder
»honorige« und angesehene Mitglieder der Gesellschaft, die den Vorstoß
wagen. Denn allem Anti-Intellektualismus zum Trotze braucht der
Österreicher ab und zu die gütigen Worte eines Herrn Professors. Die
dann sogleich zum Rundumschlag gegen die wenigen zivilisierten Teile
des Landes gebraucht werden.

In diesem Land heißt Vergessen, sich aufs neue bereit zu machen, einen
Schlußstrich ziehen, einen neuen Anfangspunkt zu setzten, damit die
immergleiche Barbarei weitergehen kann. Die Erinnerung an die Greuel
der Nazi-Herrschaft muß wachgehalten werden, nicht nur um den Toten
die nötige Ehrerbietung zu zeigen, sondern vor allem, um die
Wiederholung, die permanent angedroht wird, unterbinden zu können.

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»Geschichte läßt sich nicht ungeschehen machen, erst recht nicht die
Geschichte dieses Ereignisses, das im Zentrum einer Erschütterung
stand, die die Welt verändert hat. Diese Vergangenheit nicht zu
kennen heißt, sich selbst nicht zu begreifen.

Raul Hilberg

Aus den Erinnerungen von Max Mannheimer:

Theresienstadt - Auschwitz - Warschau - Dachau 10. November 1938 -
»Kristallnacht«.

Gestern brannten die Synagogen. Sie brannten in Deutschland. Sie
brannten in Österreich. Sie brannten in der Tschechoslowakei. Bestand
Gefahr der Ausdehnung des Feuers, wurden sie durch Sprengungen
zerstört. Die meisten jüdischen Geschäfte wurden demoliert.

»Meine« Synagoge wurde geplündert. Feuer oder Sprengung wären wegen
des schräg gegenüberliegenden Gaskessels gefährlich
gewesen. Gebetbücher, Thorarollen und Gebetschals lagen zerfetzt auf
der Straße. Das Buch, das die Juden zwei Jahrtausende in der
Zerstreuung zusammenhielt, wurde mit Stiefeln getreten. Die Orgel wird
nicht mehr unsere Lieder am Shabath und an den Feiertagen
begleiten. Es wird auch keinen Sabbath, keine Feiertage und keine
Lieder mehr geben. Nur zu Hause, so lange es noch ein Haus gibt, wird
Mutter Freitag abends die Sabbath-Lichter anzünden und Vater den
Segensspruch über das Brot und über den Wein sprechen. »Lechem min
haArez. Bore P'ri haGofen«. Und dann wird meine Mutter, wie vorher
auch, das in deutsch gedruckte Gebetbuch zur Hand nehmen und die
Kapitel »Begrüßung des Sabbath« und »Gebet der jüdischen Frau« still
für sich lesen.

Die Gebetbücher, Thorarollen und Schals aus der Synagoge wurden auf
die Straße geworfen. Morgen werden sie vielleicht aus den Häusern auf
die Straße geworfen. Nichts würde sich bei meiner Mutter ändern. Sie
hätte ihre Gebete auch ohne Buch gesprochen.

Offiziell wird die Zerstörungsaktion der Nazis als spontaner
Vergeltungsakt der »kochenden Volksseele« bezeichnet, als Antwort auf
die Ermordung des Botschaftsrates vom Rath durch den siebzehnjährigen
Herschel Grynszpan in Paris. Daß die Volksseele so gleichmäßig in drei
Ländern kochte, war der meisterhaften Organisation der
Verantwortlichen zuzuschreiben.

Ein offener Polizeiwagen fährt vor unserem Hause vor. Jüdische Männer
sitzen auf dem Wagen, bewacht von Schupos in grüner Uniform. Zwei
Schupos kommen die Treppe hoch. Meinem Vater wird erklärt, er werde
in Schutzhaft genommen, damit ihm nichts passiere. Vermutlich wegen
der »kochenden Volksseele«. Ich stehe neben der Tür. »Wie alt ist der
Bengel?«, ftagt der Schupo. Mein Herz klopft ganz laut. Hätte Mutter
mein Alter genannt, wäre ich ins Gefängnis mitgenommen worden. Der
Schutz kam von der Mutter, nicht von der Schutzpolizei.

Dezember 1938

Die jüdischen Männer sind aus dem Gefängnis entlassen worden. Sie
hatten eine Erklärung zu unterschreiben, daß sie das deutsche
»Reichsgebiet« innerhalb von acht Tagen verlassen und nie mehr
betreten würden. Sie tun es. Mein Vater fährt von Neutitschein nach
Ungarisch-Brod, dem Geburtsort meiner Mutter. Er liegt in Südmähren
und ist durch Comenius bekannt. Der Gestapo müssen wir eine Liste des
Umzugsguts zur Genehmigung vorlegen. Der Möbelwagen ist gepackt. Die
Zollbeamten, die das Packen überwachen, verhalten sich korrekt. Es
sind alte Beamte aus dem Reich, die vermutlich bereits während der
Weimarer Republik ihren Dienst versehen hatten. Marie, unser
tschechisches Hausmädchen, weint, als sie von uns Abschied nimmt. »Man
weint doch Juden nicht nach«, sagt Tischlermeister Jirgal, der in
unserem Naus wohnt und den Auszug nicht ganz ohne Schadenfreude
beobachtet. In den vergangenen Jahren ist er immer so freundlich zu
uns gewesen, seine Töchter Minna und Hildegard haben mit uns im Hof
gespielt. Vielleicht weint man Juden wirklich nicht nach.

Am 27.Januar 1939 verlassen wir unser Haus in Neutitschein in der
Hoffnung, in dem nicht besetzten Teil der CSR ein Leben ohne Angst
führen zu können. Vater hatte inzwischen in Ungarisch-Brod,
Masarykplatz 165, eine sehr alte Wohnung mit zwei Zimmern und
Wohnküche besorgt. Sie ist für sechs Personen nicht gerade groß, doch
wir sind froh, entkommen zu sein. In der Gewürz und Samenhandlung
Rudolf Holz beginne ich wiederzu arbeiten. Wenige Wochen später
erlebe ich zum zweiten Male den Einmarsch der deutschen Truppen. Es
ist genau das gleiche Bild wie vier Monate früher in Neutitschein. Die
öffentlichen Gebäude sind mit Hakenkreuzfahnen beflaggt. Die
Motorräder mit und ohne Beiwagen, stellen sich in einer Reihe auf dem
Stadtplatz auf, die Autos daneben. Aus dem Masarykplatz, auf dem wir
wohnen, wird über Nacht der Adolf-Hitler-Platz. Nur die Begeisterung
von Neutitschein fehlt.

Ungarisch-Brod hat nur wenige deutsche Familien. Vielleicht sind die
Truppen etwas enttäuscht, doch sie erkennen den Unterschied: Während
sich die deutschen Randgebiete »befreit« fühlten, fühlt sich die
tschechische Bevölkerung »besetzt«. Mit Ausnahme der vereinzelten
tschechischen Faschisten. Da es den Juden nur erlaubt ist, manuelle
Arbeiten zu verrichten, nehme ich im Sommer 1939 eine Arbeit beim
Straßenbau an. Am 7.September rollt auf »meiner« Straße eine
unübersehbare Kolonne von Militärfahrzeugen - es ist der Anfang des
deutschen Feldzuges gegen Polen.

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02 "Als Feministin und Mutter..."
From: frauenhetz@t0.or.at
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am Donnerstag, den 22.11. ab 18.30h:

"ALS FEMINISTIN UND MUTTER..."
Vortrag und Diskussion mit Christa Nebenführ (Autorin,
Kulturtheoretikerin)
und Katharina Pewny (Kulturtheoretikerin, Gruppentrainerin)

Zum Inhalt: Ist Mutterschaft in feministischen Strukturen aufgehoben?
Grenzgänge zwischen Co-Mutterschaft, theoretischen Entwürfen,
weiblichen Solidaritätswünschen und staatlicher Fertilitätspolitik.

UKB/Spende: ATS 50,--

FÜR FRAUEN!
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Auf Euer Kommen freuen sich die Frauen der Frauenhetz!!!

und hier noch einmal unsere zum Teil geänderten Tel.nummern:
fon/fax: 715 98 88
fon: 966 37 89
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Frauenhetz
Hetzgasse 42/1 ** 1030
tel: 715 98 88
email: frauenhetz@t0.or.at
www.t0.or.at/~frauenhetz


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03 Alles nur Panikmache? Das Dienstleistungsabkommen in der WTO
From: Walther Schuetz, buendnis.oeie@aon.at
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Liebe Kollegin, lieber Kollege!

Anbei ein Artikel über einen bedeutenden Teilbereich der bevorstehenden
Ministerkonferenz der WTO, das Dienstleistungsabkommen GATS. Du hast den
Artikel mit dem ÖIE-aktuell zum Schwerpunkt Gesundheit gestern oder heute
zugesandt bekommen, ich übermittle ihn Dir als Multiplikatorin dennoch auch
in elektronischer Form - für eine allfällige Weiterverbreitung (Homepage,
Mails oder in gedruckter Form).
Noch eine Vorbemerkung: Insbesondere der zweite Teil des Artikels (Alles nur
Panikmache?) ist im wesentlichen eine Zusammenfassung eines 11 Seiten langen
Artikels aus Peter Wahl, Dienstleistungen im Fadenkreuz neoliberler
Globalisierung. Blätter für deutsche und internationale Politik Oktober 2001

Mit freundlichen Grüßen

Walther Schütz
Bündnis für Eine Welt/ÖIE, Rathausgasse 2, 9500 Villach

GATS: Zu unseren Diensten?

Für Anfang November ist in Quatar am Persischen Golf die nächste
Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) geplant. Beabsichtigt
ist, den Startschuss für eine neue Welthandelsrunde zu geben: Ein 3-jähriger
Verhandlungsmarathon soll das Welthandelsregime zu einer neuen Qualität von
globaler Liberalisierung führen.

Um was geht es im Kern? Das der WTO zugrundeliegende Prinzip läßt sich auf 4
klassisch liberale Punkte reduzieren. Es sind dies die gleichen Prinzipien,
die den Kern der EU bilden wie auch der Politik der meisten Länder von
Großbritannien (Blair) über die BRD (Schröder) bis Österreich (Schüssel):


Wie soll nach diesen Prinzipien Wirtschaften erfolgen?


für den klassischen Bereich der Privatwirtschaft gilt das Prinzip des
Freihandels, Schutz z.B. vor ausländischer Konkurrenz etwa durch Zölle ist
abzubauen, wird als Protektionismus verteufelt, sei unfair. Dabei läßt sich
nachweisen, dass praktisch alle "erfolgreichen" Ökonomien im Laufe ihrer
Geschichte lange Phasen der Abschottung, des Protektionismus (was ja nichts
anderes als Schutz heißt) hinter sich haben, von Großbritannien über die
USA, dem Deutschen Reich bis Japan.


Für alle Formen des Wirtschaftens (also nicht nur die Privatwirtschaft) soll
gelten: Es soll möglichst nur mehr die private, auf Konkurrenz und Profit
basierende Wirtschaft geben, andere Formen des Wirtschaftens (staatliche,
öffentliche, genossenschaftliche) sind möglichst zurückzudrängen. Diese
Kommerzialisierung / Durchökonomisierung praktisch alle Lebensbereiche
lassen KritikerInnen von einer neuen Phase im Liberalismus sprechen, im
Gegensatz zum älteren Liberalismus, der "nur" eine Wirtschaftstheorie
gewesen sei, sei der Neo-Liberalismus eine totalitäre Gesellschaftstheorie.

Die Begründung dieser neo-liberalen Prinzipien:


Die unter Punkt 1 und 2 genannten Marktwirtschaftsprinzipien führen
angeblich zu maximalem Wirtschaftswachstum. Dass dies Wunschdenken ist,
zeigt das Beispiel Neuseeland: In den 80er und 90er Jahren wurde es zum
Musterland der liberalen Umgestaltung, heute hinkt sein Wirtschaftswachstum
hinter dem vergleichbarer Länder hinterher.
Maximales Wirtschaftswachstum wird gleichgesetzt mit Wohlstand. An diesem
Punkt muß wohl die grundsätzlichste Kritik ansetzen: Abgesehen davon, dass
ein immer weiteres Wachsen in KEINEM Bereich möglich ist (ökologische
Schranken) und sich immer die Frage nach dem Sinn stellen MUSS, zeigen
qualitative Untersuchungen auch für die Erste Welt, dass seit den 70er
Jahren bei wachsender Wirtschaft der Wohlstand abnimmt!
Während nun der Vorläufer der WTO, das GATT, lediglich ein (bei der
Liberalisierung des Güterhandels sehr erfolgreicher) Vertrag war, ist die
WTO eine fixe Institution. Deren Kompetenzen sind beträchtlich. So kam nicht
nur der Agrarhandel unter die Ägide der WTO - angesichts seiner Bedeutung
für die Ernährungssicherheit in vielen Entwicklungsländern ein
schwerwiegender Schritt -, sondern auch völlig neue Bereiche: So werden
Wissen, Erfindungen im TRIPS-Abkommen (Trade Related Aspects of Intellectual
Property Rights) mit geistigem "Eigentum" gleichgesetzt, um kommerziell
besser verwertbar zu sein.

Und: Erstmals wurde in der WTO ein Abkommen für den internationalen Handel
mit Dienstleistungen geschaffen, das GATS (General Agreement on Trade in
Services).


Aufgrund ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung unterliegen viele
Dienstleistungen in weitaus stärkerem Maße als der Güterhandel
innerstaatlicher Regulierung. Zudem sind in Europa und in vielen
Entwicklungsländern - anders als in den USA - vor allem die
Basisdienstleistungen vorwiegend staatlich oder öffentlich-rechtlich (z.B.
der ORF, ARD, BBC etc.) verfasst.

Hier liegt die Bedeutung des GATS. Es hat eine gesellschaftspolitische
Reichweite und Eingriffstiefe in innerstaatliche Regulierung, die in keiner
Weise mit der auf Gütermärkten vergleichbar ist. Um was es beim GATS
letztlich geht, sind nicht Handelshemmnisse zwischen den nationalen Märkten,
sondern die Qualität der Basisdienstleistungen. Ein Großteil Lebensqualität
in unserer Gesellschaft steht auf dem Spiel. Es besteht die Gefahr, dass
private Wettbewerber - gleichgültig welcher Nationalität - den staatlichen
und öffentlich-rechtlichen Dienstleistern die einkommensstarken
Konsumentengruppen abspenstig machen und eine Reduzierung der
Regelungsdichte bei privaten Dienstleistungen erzwingen. Wenn Gesundheit,
Sozialsysteme, Bildung, Information, Kultur u.ä. zur Ware werden, so ist
dies ein qualitativ anderer Vorgang, als wenn der Warenhandel durch
Abschaffung von Zöllen und nichttarifären "Handelshemmnissen" erleichtert
wird.

Alles nur Panikmache?

Von offizieller Seite werden die Aswirkungen des GATS oft heruntergespielt
bzw. als Panikmache heruntergespielt. Im folgenden die wichtigsten dieser
Argumente und dazu die entsprechenden Korrekturen, die zeigen, dass eine
entsprechende Besorgnis durchaus angebracht ist:


Ausnahmeregelungen?

Zwar gibt es zahlreiche Ausnahmeregelungen, wie z.B. die besondere und
unterschiedliche Behandlung von Entwicklungsländern (special and
differential treatment - SDT), es besteht aber ein permanenter Druck, die
Ausnahmen so gering wie möglich zu halten und nach Übergangsfristen
endgültig aufzuheben. Dem Regelwerk der WTO ist also die kontinuierliche und
dynamische Weitertreibung der Liberalisierung eingeschrieben - bis Seattle
1999.


Liberalisierung nur mit Zustimmung der Regierungen und gar nicht bei
öffentlichen Diensten?

Vertreter der Regierungen, der EU 1) und der WTO halten dem offiziell
entgegen, dass eine Privatisierung von Bildungs- und Gesundheitswesen nicht
auf der Tagesordnung stünde, und entsprechende Befürchtungen "im
Wesentlichen unbegründet" seien. Dabei verweisen sie auf die formalen
Verhandlungsspielregeln der WTO, wonach ein Land nur dort zu liberalisieren
braucht, wo es selbst entsprechende Angebote unterbreitet. Im übrigen lägen
Dienstleistungen unter staatlicher Regie ohnehin außerhalb des
Dienstleistungsabkommens der WTO.


In der Tat besagt Artikel I Abs. 3b und c des GATS, dass Dienstleistungen,
die "in Ausübung hoheitlicher Gewalt" und "weder zu kommerziellen Zwecken,
noch im Wettbewerb mit einem oder mehreren Dienstleistungserbringern"
erbracht werden, von dem Abkommen ausgenommen sind. 2) Da es aber in der
BRD, in Österreich ... neben dem öffentlichen und gemeinnützigen Bildungs-
und Gesundheitswesen auch einige rein kommerzielle Anbieter gibt, greift die
Ausnahmeregel nicht mehr. Dazu die deutsche Regierung: "Nach dem von der
Bundesregierung unterstützten Verhandlungsmandat erstrecken sich die
eingeleiteten Dienstleistungsverhandlungen grundsätzlich auf alle vom
Anwendungsbereich des GATS erfassten Dienstleistungssektoren
und -erbringungsarten, ohne dass hiermit das Verhandlungsergebnis
präjudiziert wird." - Auch z.B. auf Wasser.


Kein formaler Zwang zur Vermarktwirtschaftlichung?

Auch wenn formal nichts präjudiziert würde, so wird es aus der Logik des
GATS und der Dynamik der Verhandlungen heraus auch in diesen Bereichen
unvermeidlich zu Liberalisierungen kommen. Schließlich bestehen Sinn und
Zweck des GATS darin, die Liberalisierung der Dienstleistungen
voranzutreiben. So sieht Artikel XIX ausdrücklich vor, dass "die Mitglieder
in aufeinanderfolgende Verhandlungsrunden" eintreten, "die spätestens fünf
Jahre nach Inkrafttreten des WTO-Übereinkommens beginnen und danach
regelmäßig stattfinden, um schrittweise einen höheren Stand der
Liberalisierung zu erreichen. Die Verhandlungen zielen darauf ab, die
nachteiligen Auswirkungen von Maßnahmen auf den Handel mit Dienstleistungen
zu vermindern oder zu beseitigen, um dadurch einen effektiven Marktzugang zu
erreichen." 3) Das WTO-Sekretariat bezeichnet diesen Artikel als "eine
Garantie dafür, dass das gegenwärtige GATS-Paket nur die erste Frucht eines
kontinuierlichen Unternehmens ist." 4)


Schutzklauseln für nationale Souveränität?

Den Vorwurf von NGOs, Gewerkschaften und anderen Kritikern, das GATS
demontiere tendenziell für Basisdienstleistungen der Daseinsfürsorge oder
andere gesellschaftspolitisch bedeutsame Regulierungen, dementieren die
amtlichen Protagonisten. Sie verweisen dabei auf einschlägige Paragrafen des
GATS, die die Regulierung von Dienstleistungen der Souveränität eines jeden
Landes anheim stellt. Allerdings handelt es sich hier um eine taktisch
motivierte Zweckbehauptung. Denn solche Schutzklauseln (safeguards) finden
sich auch in anderen WTO-Abkommen, ohne dass sie deshalb auch schon ihre
Funktion erfüllt hätten.

Zudem hat die WTO begleitend zu den GATS-Verhandlungen eine Arbeitsgruppe
eingesetzt (Working Party for Domestic Regulation), die die Notwendigkeit
staatlicher Regulierungsmaßnahmen sog. "necessity tests" unterwirft und
bereits im Entwurfsstadium von nationalen Gesetzgebungsvorhaben in einen
Beratungsprozess mit interessierten Parteien einzutreten versucht. Dabei
kommt alles auf die Tagesordnung, was im Weltbild der Freihandelsanhänger
als Handelshemmnis interpretiert werden könnte, von Ladenöffnungszeiten,
Bauvorschriften, Baugenehmigungen, über Umweltbestimmungen, Arbeitsschutz
und Gesundheitsauflagen bis zu beschäftigungspolitischen Maßnahmen. Auch
wenn die "Working Party" keine verbindlichen Regeln aufstellen kann,
entwickelt sie doch politischen Druck.


Auszüge aus: Peter Wahl, Dienstleistungen im Fadenkreuz neoliberaler
Globalisierung. GATS-Verhandlungen in der WTO. In: Blätter für deutsche und
internationale Politik, Okt. 2001

Fußnoten:

1) Die Handelspolitik gehört zu den Politikfeldern, die inzwischen
weitgehend in die Kompetenz der Europäischen Kommission übergangen sind. An
der handelspolitischen Außenvertretung und damit auch den Verhandlungen in
der WTO sind die nationalen Regierungen nur noch mittelbar beteiligt.
Ausnahmen sind einige sensible Bereiche, in denen Handelsabkommen nicht nur
durch den Ministerrat, sondern auch durch die Mitgliedsstaaten ratifiziert
werden müssen. Zu dieser sog. gemischten Kompetenz gehören kulturelle und
audiovisuelle Dienstleistungen, Bildung, Soziales und Gesundheit.

2) GATS Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen vom
15.04.1994 BGBl. 1994 II, 1643

3) GATS Allgemeines Übereinkommen ... a.a.O.

4) WTO Secretariat, Recent Developments in Services Trade, 9.2.1999,
S/C/W/94; S.21

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04 Steuergelder für Telefonüberwachung
From: depesche@quintessenz.at
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From: "q/depesche" <depesche@quintessenz.at>
Subject: AT: Steuergelder für Telefonueberwachung

q/depesche 01.11.6/1

AT: Steuergelder für Telefonueberwachung

Telekoms und Handynetzbetreiber wollen Investitionskosten für
Einbau von Anzapfstellen vom Staat zurück | Gang vor den
Verfassungsgerichtshof bekräftigt | Auf technischer Ebene
[Überwachungsverordnung] haben die Netzbetreiber zugestimmt
-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-

Im Bundesministerium für Verkehr [BMVIT] werden "zur Herstellung
des Einvernehmens mit anderen Beteiligten noch
Umformulierungen durchgeführt", doch alle Änderungen in der
Überwachungsverordnung [ÜVO] seien besprochen, heißt es auf
Anfrage der FuZo im BMVIT.

Man werde nach Durchsicht der Endfassung sehen, ob das Paket
wieder Formulierungen enthalte, die nicht vereinbart waren, müsse
es gegebenenfalls wieder aufgeschnürt werden, ist vom Verband
Alternativer Telefoniebetreiber [VAT] zu hören.

Damit waren Vorschläge wie jener von Kripo-Chef Herwig Haidinger
nach Einbeziehung von E-Mail [TCP/IP] in das auf Telefonie
zugeschnittene Überwachungs-Szenario, wie es auch die ETSI-
Schnittstelle ES 201 671 vorsieht, gemeint.

"Wildeste Ideen" zur Erhöhung Die "wildesten Ideen", sagt ein
anderer der am Prozess Beteiligten, seien zwischendurch von
Seiten des Innenministeriums aufgetaucht - "Vorschläge zur
Erhöhung der Sicherheit die nicht akkordierbar waren", so
formuliert das BMVIT. Handy-Überwachung auf E-Mails ausweiten

Innen und Justiz kommentieren [nicht]
Aus dem Innenministerium ist als einziger Kommentar zu hören,
man habe sich so geeinigt, "wie es der Exekutive sinnvoll"
erscheine.

Das Justizministerium, das durch den Rückzug des nun doch nicht
geänderten Paragraphen 89[2] des Telekomgesetzes, den Deal
erst möglich gemacht hatte, gab keinen Kommentar.

89[2] sieht auch weiterhin vollen Ersatz der operativen Kosten für
Netzbetreiber bei der Mitwirkung an Überwachungsmaßnahmen vor.

Volltext
http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=92711
-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
relayed by harkank@quintessenz.at
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terror und ueberwachung sind geschwister
http://www.bigbrotherawards.at
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q/depesche taeglich ueber
zivile freiheiten im netz

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05 Stmk/Arbeitslose/Kapitalismus
From: kpoe_stmk@hotmail.com
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Tel. 03 16 / 71 24 36
Fax 03 16 / 71 62 91
email: kp.stmk@kpoe-graz.at
KPÖ Steiermark
Lagergasse 98a
8020 Graz

Dienstag, 6. November 2001
Presseinformation der KPÖ Steiermark
Arbeitslosigkeit stellt Kapitalismus an den Pranger


Die Arbeitslosenrate steigt in der Steiermark immer schneller an. Das ist
auch eine Folge des angestrebten Nulldefizits für den Euro. Trotzdem will
die steirische Landespolitik von Beschäftigungsprogrammen nichts hören.
Dabei ist der rasante Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Metall- und
Elektrobranche (plus 32,5%) und in den Bauberufen (+22,0%) besonders
alarmierend.

Die steirische KPÖ betont, dass diese negative Dynamik auf dem Arbeitsmarkt
ein weiteres Argument gegen das ungerechte Gesellschaftssystem des
Kapitalismus ist. Darüber hinaus kann man den 26.471 Ende Oktober als
arbeitslos gemeldeten Steirerinnen und Steirern nicht vorwerfen, dass sie
samt und sonders Sozialschmarotzer wären. Immerhin hat Leoben als
zweitgrößte steirische Stadt weniger Einwohner.

email: kp.stmk@kpoe-graz.at; kpoe_stmk@hotmail.com


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Redaktionsschluss: 6. November 2001, 21.15 Uhr
Diese Ausgabe hat Claudia Volgger
zusammengestellt



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