Freitag, 11.07.2003

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01 Großer Erfolg gegen radikale Abtreibungsgegner
Von: GLB Sekretariat <sekretariat@glb.at>
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AKTIONEN UND ANKüNDIGUNGEN
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02 Veranstaltungen bei der Botschaft am Donaukanal
Von: donaukanal@gmx.at
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MELDUNGEN UND KOMMENTARE - Ö
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03 Rückblick
Von: karawane-admin@lists.servus.at
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04 Hiroshima
Von: GLB Sekretariat <sekretariat@glb.at>
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05 NEUAUFLAGE: WWW:ENDEWOERTEBUCH:AT
Von: Zukunfts- und Kulturwerkstätte <LM.Sender@spoe.at>
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06 Innenpolitik/Grasser/Vereine/AK/GLB/Fellner
Von: GLB Sekretariat <sekretariat@glb.at>
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MELDUNGEN UND KOMMENTARE - WELT
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07 Zur Zuckermann/Gremliza Veranstaltung 9.7. Berlin-Kreuzberg
Von: agiv@gmx.net
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08 Struktureller Wahnsinn - Theorie und Praxis der Antinationalen
Von: aon.964445698@aon.at
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09 Zwei Beiträge: Antwort Ludin und Spiegel-Beitrag
Von: Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen
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10 Massendemonstrationen im Iran
Von: Wadi e.V. Wien <wadi_wien@hotmail.com>
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11 What Iraq Needs Now By Jalal Talabani and Massoud Barzani
Von: Wadi e.V. Wien <wadi_wien@hotmail.com>


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Im MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen" wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Ihr könnt Euch die Beiträge extra schicken lassen:
Mail an widerstand@no-racism.net genügt.

 




Quelle: www.popo.at


Und für nächsten Donnerstag:
Das Rechtshilfe-Manual
...und was mache ich eigentlich gegen rassisten?
online-diskussion

Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.

Bitte weitersagen:
Für Personen ohne Internetzugang gibt es aktuelle Terminankündigungen
unter der Rufnummer 589 30 22 12 (Demoforum)
 


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01 Großer Erfolg gegen radikale Abtreibungsgegner
Von: GLB Sekretariat <sekretariat@glb.at>
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PRESSEAUSSENDUNG DER SOZIALISTISCHEN LINKSPARTEI
************************************************
>
Großer Erfolg gegen radikale Abtreibungsgegner
Verhandlung in erster Instanz gewonnen
>
Am Donnerstag, den 10. Juli 2003, fand der letzte Verhandlungstermin der
ersten Instanz im Prozess von HLI gegen die SLP statt. Die
Frauensprecherin
der Sozialistischen LinksPartei, Claudia Sorger, wurde vom Chef von Human
Life International, einer der größten Organisationen von radikalen
Abtreibungsgegnern weltweit, wegen übler Nachrede geklagt. Anlass: In
einem
Artikel wurde über die Methoden der militanten Abtreibungsgegner, die
Frauen
vor Abtreibungskliniken belästigen, berichtet. Seit Jahren kämpft die SLP
für das Frauenrecht auf Schwangerschaftsbruch. Dass die Klage in erster
Instanz gewonnen wurde, ist ein großer Erfolg in der Kampagne gegen die
radikalen Abtreibungsgegner!
Beim bislang letzten Verhandlungstermin am Donnerstag wurde (so wie schon
bei den zwei vorhergehenden Verhandlungstagen) der Wahrheitsbeweis
erbracht:
Betroffene Frauen berichteten von den Belästigungen und Beschimpfungen
("Du
bist eine Mörderin!", "Bitte Mama, bring dein Kind nicht um!", ...). Das
Klinikpersonal bestätigte die im Artikel genannten Morddrohungen.
Insgesamt
wurde im Rahmen des Verfahrens ausreichend bewiesen, dass HLI Psychoterror
gegen Patientinnen und Klinikpersonal ausübt. Die Aussagen einzelner
Zeuginnen gingen über die im Artikel beschriebene Vorgangsweise der
militanten Abtreibungsgegner hinaus. So berichtete beispielsweise eine
Zeugin, dass sie von HLI-Aktivisten zu einem so genannten "Lebenszentrum
geführt wurde. Ihr wurde gesagt, dass dort der Schwangerschaftsabbruch
stattfinden würde. Dann wurde sie zwei Stunden lang festgehalten. Während
dieser Zeit wurde massiver Psychoterror auf sie ausgeübt.
>
Im Plädoyer des HLI-Anwalts wurde der ideologische Hintergrund dieser
Klage
offensichtlich, als er meinte: "Es gibt kein Recht auf Abtreibung." Auf
dieser Grundlage rechtfertigte er die Methoden der HLI-Aktivisten und das
gerichtliche Vorgehen von HLI gegen Claudia Sorger. Der Anwalt, Dr. Alfons
Adam, ist Obmann der ultrakonservativen Pro Vita Bewegung für
Menschenrecht
auf Leben und somit selbst Teil des Netzwerks um HLI.
Nachdem die Richterin die Klage in allen Punkten zurückwies, kündigte der
HLI-Anwalt an, in Berufung zu gehen. Selbst wenn das Urteil noch nicht
rechtkräftig ist, können wir von einem ersten Sieg sprechen.
>
Claudia Sorger zum Urteil: "Der Ausgang des Verfahrens in erster Instanz
hat
bestätigt, dass wir es hier nicht mit harmlosen Lebensschützern zu tun
haben. Mit Unterstützung aus höchsten Kreisen der katholischen Kirche und
ÖVP & FPÖ agieren die HLI-Aktivisten mit Methoden, die bis ins Kriminelle
reichen. Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch muss weiterhin verteidigt
werden!"
>
Forderungen der SLP
>
* Bannmeile für radikale Abtreibungsgegner rund um die Kliniken -
gemeinsame
Mobilisierung von Betroffenen und AnrainerInnen zum Schutz der Frauen vor
Belästigungen
* Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein
* Möglichkeiten auf Schwangerschaftsabbruch in allen Bundesländern
* Kostenlose Verbreitung von Verhütungsmitteln
PRESSEKONFERENZ
Freitag, 11. Juli, um 11.00
Café Eiles, Josefstädter Straße 2
>
FEST GEGEN DIE RADIKALEN ABTREIBUNGSGEGNER
Samstag, 12. Juli, ab 17.00 - open end
Donaukanal - Uferpromenade (Botschaft der besorgten BügerInnen) bei der
Schwedenbrücke/Seite 2. Bezirk
für Sitzmöglichkeiten, Musik, kühle Getränke und Buffet ist gesorgt.
>
NÄCHSTE KUNDGEBUNG
Samstag, 26. Juli, um 9.00
vor der Lucina-Klinik
2, Große Sperlgasse 33
>
Informationen unter: http://www.slp.at

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AKTIONEN UND ANKüNDIGUNGEN
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02 Veranstaltungen bei der Botschaft am Donaukanal
Von: donaukanal@gmx.at
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Für die nächsten Wochenenden sind zwei Veranstaltungen bei der
Botschaft am Donaukanal geplant.
Sa. 12.07.2003 ab 17.00 - eín Freudenfest
Veranstalter SLP, Anlaß Freispruch in letzter Instanz der
Verhandlung Fischer (HLI) gegen Sorger ( Frauensprecherin der SLP)
Heute Donnerstag erfolgte der Freispruch für C.Sorger, am Samstag gibt
es ein Freudensfest, für Verpflegung ist gesorgt.
Die radikalen AbtreibungsgegnerInnen, v.a. Human Life International sind
seit Jahren gegen das Recht auf Abtreibung aktiv.
C.Sorger wurde auf Grund eines Artikels von D.Fischer geklagt. Der Gerichts-
prozess geht einher mit den Forderungen nach einem Schluss mit dem
Terror von HLI, dem Recht auf Abtreibung auf Krankenschein, Bannmeile
rund um Kliniken, die Schwangerschaftsabrrüche durchführen.So. 20.7.2003 ab 17.00 - ein Gedenktag
Das Trauma Genua zwei Jahre nach dem Tod Carlo Giuliani´s
Verantaltung, Information, Diskussion, Vortrag, Ausstellung, ect.Weiters haben für August einige Theatergruppen Interesse für
Aufführungen vorgemerkt, das Wr. Lesetheater eine Aufführung
des Stückes "der Lechner Edi schaut ins Paradies" von J.Soyfer
am Orginalschauplatz Donaukanal, sowie Aufführung des
Stückes "der kleine Prinz" ca. Mitte August.
Genaueres wird noch bekanntgegeben.
Bekanntgeben möchten wir auch, der Aufbau des Vorzeltes ist
abgeschlossen. Es stehen mehrere Regale zur Verfügung,
um Infomaterial, Broschüren, Plakate ect. vorbeizubringen
und aufzulegen.
Zur Erinnerung Jour Fix jeden Mittwoch 19.00-21.00
Wir arbeiten auch an der Einrichtung einer Maillingliste,
einstweilen, Anregungen und Kontakt an bbbaktiv@mond.atViele Grüße
linde für die Botschaft

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MELDUNGEN UND KOMMENTARE - Ö
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03 Rückblick
Von: karawane-admin@lists.servus.at <karawane-admin@lists.servus.at>
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Die v.o.n.karawane hat ihre Reise beendet.
Rückblickend auf die vergangene Projektwoche stellen wir fest, dass der
aufgeklärte Mitteleuropäer doch noch nicht gefeit davor ist, sich hinter
Vorurteilen und Ablehnung zu verschanzen und jeglichem Fremden mit
Unbehagen zu begegnen. Ausnahmen bestätigen auch in diesem Fall die Regel!
Schon am Eröffnungstag des Festival der Regionen konnte man überall im
Gebüsch und hinter den Bäumen uniformierte Sondereinheiten der Polizei
ausmachen, die für das Wohlergehen der ÖsterreicheInnen Sorge trugen und
die Volxtheaterkarawane nicht aus den Augen liessen.
So manche BesucherIn und BewohnerIn der Gemeinde Wolfsegg machte sich auf
ein derart grosses Aufgebot an Exekutive ihren eigenen Reim und dieser
Aufmarsch legte die Schlussfolgerung nahe, dass es sich bei den Volxleuten
um gar gefährliche Personen handeln müsse. Weit gefehlt, können wir da nur
festhalten, doch einmal in den Köpfen, lässt sich ein solcher Irrglaube nur
mehr sehr schwer zerstreuen. Wir stellen also fest, dass schon im Vorfeld,
ohne jegliche Aktion der Volxtheaterkarawane, eine Panikmache betrieben
wurde. Und dass die Bevölkerung der Exekutive, die mit den Steuergeldern
von Frau und Herrn ÖsterreicherIn immer sorgsam umgeht, ihren Einsatz nicht
streitig macht, verwundert weiter nicht!
Ob einer Verwechslung durch die Namensähnlichkeit und die identischen
Inhalte selbst ins Fahrwasser der Ablehnung gekommen, stellten wir des
öfteren am eigenen Leib fest, wie es ist, wenn man nicht willkommen ist.
Nicht alle Menschen, wie schon eingangs erwähnt, haben so reagiert. Und so
konnten wir an unseren v.o.n.karawanserei Plätzen auch viele nette
Begegnungen und herzliche Willkommensempfänge verbuchen.
Die VertreterInnen der Exekutive waren unsere ständigen BegleiterInnen aber
auf unsere gastfreundschaftlichen Einladungen durften sie nicht eingehen.
Wenn man sie dann aber einmal brauchen sollte, unsere FreundInnen und
HelferInnen, sind sie nie zur Stelle. So mussten wir die willensstarken
Kamele, die sich ab und an verselbstständigten dann doch immer wieder
selber einfangen. Glücklicher Weise ist nie etwas Tragisches bei diesen
"Ausritten" passiert und so können wir auf ein gut über die FdR Bühne
gebrachtes Projekt zurückschauen.
Das v.o.n.team hat sich eine kurze Pause verdient und wir verabschieden uns
mit dem Versprechen, ein Resümee zu senden und in alter Frische an der
Dokumentation zu arbeiten. Geplant ist ein kleines Büchlein (das
Reisetagebuch des Herrn Andi Wahl mit Illustrationen von Frau Isa Riedl)
drucken zu lassen, dem wir eine DVD mit Bild- und Tonmaterial beilegen
werden.
Auf der Website http://karawane.servus.at stehen nach wie vor die
Logbucheintragungen und das Bildmaterial
des Streams zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen,
das v.o.n.team!

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04 Hiroshima
Von: GLB Sekretariat <sekretariat@glb.at>
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Friedensbotschaft an die Wiener Friedensbewegung
Utl.: AK-Rat Fellner (GLB): Niemals vergessen ! =
"Das Gedenken an die schrecklichen Atmbomben-Abwürfe auf Hiroshima und
Nagasaki muss gerade in der heutigen Zeit, in der die USA-Regierung als
einzige Supermacht glaubt, in allen Teilen der Welt und mit allen
militärischen Mitteln schalten und walten zu können, aufrecht erhalten
werden", stellt der Wiener Arbeiterkammerrat Helmuth Fellner fest.
"Der Abwurf der Atombomben auf japanische Städte diente ja auch am Ende des
Zweiten Weltkrieges nicht, wie die US-Propaganda behauptet, der Beendigung
des Krieges, sondern der Demonstration einer beginnenden Weltherrschaft.
Hunderttausende, mit den Spätfolgen Millionen von Opfern waren den
herrschenden imperialistischen Kreisen gerade gut genug, um ihren
Machtanspruch zu demonstrieren. Wann jemand für den Erhalt oder Ausbau der
eigenen ökonomischen Macht zu "opfern" ist, soll die jeweilige
US-Administration bestimmen.
Genauso verhält es sich mit den Menschenrechten: Was Menschenrechte sind,
für wen sie gelten, das soll ebenfalls Sache der jeweiligen
US-Administration sein. Ein beredtes Beispiel dafür ist die unmenschliche
Behandlung der Kriegsgefangenen aus dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen
Afghanistan im US-KZ auf Guantanamo Bay.
Der anhaltende Widerstand gegen die US-Besatzer im Irak zeigt, dass der
gegen das irakische Volk und nicht gegen Saddam Hussein geführte Krieg
weitergeht. Täglich sterben Unschuldige unter amerikanischen oder britischen
Kugeln, an medizinischer Unterversorgung oder an Hunger, Durst oder Seuchen.
Und dennoch deuten die selbsternannten Weltgendarmen mit ihren
blutbesudelten Fingern auf die nächsten Ziele ihrer Aggression.
Die internationale Gemeinschaft, soweit sie von den imperialistischen
Zentren noch unabhängig ist, muss erkennen: Wer einmal wie die USA
Massenvernichtungswaffen eingesetzt hat, wird sie bei sich bietender
Gelegenheit wieder einsetzen.
Seien wir wachsam, kämpfen wir für den Frieden !
Ächtung der US-amerikanischen Kriegshetzer und ihrer Verbündeten !
Unterstützen wir alle die Aktion der Wiener Friedensbewegung am Mittwoch, 6.
August 2003, um 17.00 Uhr auf dem Wiener Stephansplatz mit anschließendem
Laternenmarsch zum Teich vor der Karlskirche."
Helmuth Fellner
Arbeiterkammerrat des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB)
Rückfragehinweis: Gewerkschaftlicher Linksblock in der AK und im ÖGB
tel.: 01 718 26 23
mailto: sekretariat@glb.at
http://www.glb.at
OTS0108 2003-07-10/11:42

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05 NEUAUFLAGE: WWW:ENDEWOERTEBUCH:AT
Von: Zukunfts- und Kulturwerkstätte <LM.Sender@spoe.at>
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Liebe Interessentin, lieber Interessent!
Nach monatelangen "Sondierungsgesprächen" mit allen im Parlament vertretenen
Parteien fand ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel im Februar 2003 "endlich" seinen
Wunschpartner für die "K.O.lition II": wenig überraschend handelt es sich um
die völlig danieder liegende FPÖ. Schon einige Monate nach der Angelobung
sieht es so aus, als hätten sich Schüssel, Haupt & Co. darauf verständigt,
diesmal garantiert kein Fettnäpfchen auszulassen. Nicht einmal die
inszenierte Aufbruchsstimmung von Schüssel I gelang es zu wiederholen.
"Speed kills" wurde von "Management by Chaos" abgelöst.
Einzige Kontinuität: In Anlehnung an die zahllosen "Erfolge" der
Vorgängerregierung werden wieder watteweiche Wörter erfunden, die besondere
Grauslichkeiten verschleiern sollen. Wir sagen nur:
"Pensionssicherungsreform" und "Luftraumüberwachungsflugzeuge". Darüber
hinaus jagt eine "seltsame" Aktion die andere - das lautstarke Ausverhandeln
von "Ministerrabatten" und finanzielles Lobbying über den "Verein zur
Förderung der New Economy" bestimmen das Tagesgeschäft der
Regierungsmitglieder.
Gründe genug, um eine zweite, erweiterte Auflage des "Wendewörterbuchs" zu
erarbeiten.
Unter http://www.endewoerterbuch.at
finden Sie eine Neuauflage des bewährten Standardwerkes zur K.O.lition
inklusive eines aktuellen Ergänzungsbandes für all jene, die ihr Vokabular
in Sachen schwarz-blaues Regieren auf dem Laufenden halten bzw. auffrischen
wollen.
Wir wünschen viel Spaß beim Blättern!
----------------------------
Zukunfts- und Kulturwerkstätte
Schönlaterngasse 9, A-1010 Wien
Tel. 01/513 86 82, Fax 01/513 86 81
http://www.spoe.at/zuk

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06 Innenpolitik/Grasser/Vereine/AK/GLB/Fellner
Von: GLB Sekretariat <sekretariat@glb.at>
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Grassers Verein NEW ECONOMY gemein und eigennützig ?
Utl.: AK-Rat Fellner (GLB): Änderung des Vereinsgesetzes ist dringend
notwendig =
Die Angelegenheit um die Homepage des Finanzministers Karl Heinz Grasser
treibt weiterhin seltsamste Blüten. Obmann eines sogenannten Gemeinnützigen
Vereines "NEW ECONOMY", der Grassers von der Industrie finanzierte Homepage
betreibt, ist dessen Kabinettschef Winkler, Prüfer des Vereines der
Steuersektionschef Nolz. Eine äußerst verhaberte Angelegenheit also. Straf-
und steuerrechtlich werden die entsprechenden Verfahren vermutlich demnächst
eingestellt.
Einmal mehr zeigt sich, wie problematisch das österreichische Vereinsrecht
ist: Gemeinnützige Vereine sind von der Steuer befreit. Gemeinnützig sollte
eigentlich bedeuten von "allgemeinem Nutzen", sehr häufig stellt es sich
jedoch heraus, dass solche Vereine wie eben auch Grassers "New Economy" eher
gemein und eigennützig sind. Hinter dem Titel Gemeinnützigkeit verstecken
sich häufig Firmen und Personen, die ihr Geld am Finanzamt vorbeibugsieren
und die Allgemeinheit betrügen. Gemeinnützige Vereine als Träger von
Unternehmungen sind nicht zuletzt auch dafür bekannt, dass deren Mitarbeiter
auch sozial- und arbeitsrechtlich benachteiligt werden. Unter dem
Deckmäntelchen der Gemeinnützigkeit wird häufig also Steuer hinterzogen,
werden Kollektivverträge gebrochen, wird das Arbeits- und Sozialrecht mit
Füßen getreten.
Der Gewerkschaftliche Linksblock (GLB), der in der Arbeiterkammer Wien
vertreten ist und bei den AK-Wahlen 2004 verstärkt antreten wird, hat auf
diese Zustände wiederholt in Initiativen und Anträgen hingewiesen.
Eine Änderung des Vereinsgesetzes ist dringend notwendig, insbesondere
müssen die Kriterien der Gemeinnützigkeit klar definiert und ständig
überprüft werden.
Helmuth Fellner
Kammerrat der AK Wien, Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB)
Rückfragehinweis: Gewerkschaftlicher Linksblock in der AK und im ÖGB
tel.: 01 718 26 23
mailto: sekretariat@glb.at
http://www.glb.at

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MELDUNGEN UND KOMMENTARE - WELT
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07 Zur Zuckermann/Gremliza Veranstaltung 9.7. Berlin-Kreuzberg
Von: agiv@gmx.net
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Gegen das Menschenrecht auf Israelkritik!
"Ich würde mir sehr wünschen, daß des Holocaust wesenhaft gedacht würde."
(Moshe Zuckermann, 2002)
Verehrter Leser!
Sie befinden sich einen Steinwurf weit entfernt vom Heinrichplatz und nur
200 Meter in der anderen Richtung liegt das Jugendzentrum TEK. Sie wollen
sich
differenziert informieren, ohne ideologische Scheuklappen, Auschwitzkeulen
und allem, was der antideutsche Ungeist sonst noch im Angebot hat und stoßen
dabei auf ein Problem: Ihnen werden "zweierlei Israel" zur Diskussion
gestellt,
aber für diese Differenzierung will sich so recht keiner interessieren.
Zumindest jene nicht, die eines sommerlichen Freitag Abends Mitte Juni mit
Pali-Tüchern vermummt auf den Heinrichplatz gezogen sind, um dort "Tod dem
Zionismus" und "Nieder mit Israel!" zu skandieren und eine Israelfahne zu
verbrennen;
aber auch jene gut 200 Zuschauer dieses Events, die vor den
Heinrichplatzkneipen ihr Bier tranken und belustigt zuguckten, scheinen
keinen allzu
ausgeprägten Differenzierungsbedarf gehabt zu haben. Es scheint in Kreuzberg
nur ein
Israel zu geben, jenes, dessen Symbole man verbrennt und dessen
Unterstützter
man zusammenzuschlagen gewillt ist. Das sind zum Beispiel jene jungen
Männer, die sich im TEK seit Jahren regelmäßig treffen und vorzugsweise
Kettchen in
der Form des britischen Mandatsgebiets Palästina in den Grenzen von 1948
tragen, ganz in den palästinensischen Farben. Die wissen, daß es nur ein
Israel
gibt: ein Gebilde nämlich, das von der Landkarte zu verschwinden hat.
Sie zucken mit den Schultern und fragen sich, was um alles in der Welt das
mit Ihnen zu tun haben soll. Schließlich ist das Existenzrecht Israels für
Sie
eine Selbstverständlichkeit. Wo aber sind Sie, wenn die regelmäßigen
Besucher der TEK, einer deutsch-arabischen Freundschaftsgesellschaft mit dem
Namen
Revolutionäre Kommunisten (RK) mit Knüppeln und Messern bewaffnet sich als
Kiezmiliz aufführen? Ist Ihnen der Umstand, daß eine ordinäre Schlägertruppe
damit befaßt ist, den Kiez zionistenfrei zu halten, irgend ein Nachdenken
wert?
Gewiß, solches Agieren lehnen auch Sie ab.
Allerdings, so werden Sie einwenden: Von ungefähr kommt es ja nicht. Wie der
ganze Kiez, der den Antizionisten Ströbele direkt in den Bundestag gewählt
hat, glauben auch Sie, daß die RK-Jugendlichen erst zur Waffe griffen, seit
auch in Kreuzberg politische Manifestationen für "einseitige"
Pro-Israel-Solidaritätskundgebungen "instrumentalisiert" werden. Natürlich,
so werden Sie
einräumen, war das aggressive Verhalten der RK-Leute unverhältnismäßig, als
sie
die Freunde Israels, die auf dem CSD-Umzug Israelfahnen schwenkten,
angriffen,
beschimpften und bedrohten. Aber was hat diese Fahne denn auch auf einer
Schwulendemo zu suchen, fragen Sie sich empört und haben auch schon die
Antwort
parat: Nichts. Was die Gruppe queer.for.israel dazu zu sagen hat, das haben
Sie noch nicht einmal gelesen.
Einerlei Israel, da sind Sie sich sicher, gibt es eben hüben wie drüben. Die
einen übertreiben es mit den "an sich" berechtigen Forderungen der
Palästinenser nach einem eigenen Staat maßlos und wollen den israelischen
nicht
anerkennen, die anderen dagegen mißachten die Rechte des palästinensischen
Volkes
und machen sich gemein mit den Regierungen Scharon und Bush. Da machen Sie,
die Sie es sich zwischen allen Stühlen gemütlich eingerichtet haben, nicht
mit:
Da halten sie es mit Hermann Gremliza und Thomas Ebermann; die sind mit
Israel solidarisch, aber mit dem besseren, dem friedlichen und
versöhnlichen, und
nicht mit der Regierung. Das andere, das nicht-zionistische Israel soll es
sein, die Kriegsdienstverweigerer, Friedensinitiativen und eben Moshe
Zuckermann. Mit denen wollen Sie ins Gespräch kommen und nicht mit dem
offiziellen
Israel, das von "Bulldozer" Scharon, der US-Presse und hierzulande vom
öffentlich-rechtlichen "Großinquisitor" Michel Friedman repräsentiert und
von
antideutschen Trittbrettfahren auch noch unterstützt wird.
Zweierlei Anständigkeit
Wer aber wie Hermann Gremliza mit der Beschwörung eines "anderen Israel" den
rettenden Kniff gefunden zu haben glaubt, um einer klaren Parteinahme für
den Staat Israel aus dem Weg zu gehen, der irrt sich. Es gibt nicht
zweierlei
Israel, sondern nur den einen jüdischen Staat, wie er in all seinen
Widersprüchlichkeiten vor uns steht. Möge sich ein schöneres Israel
wünschen, wer will
- an der Tatsache, daß die Mehrheit der Bewohner dieser Welt von allen
Staaten nächst den USA immer Israel als den Feind des Friedens sieht und
dort ein
Apartheidssystem und institutionalisierten Rassismus auszumachen glaubt,
daran
kommt keiner vorbei. Ebensowenig läßt sich der Umstand leugnen, daß die
Bedrohung dieses Staates aktuell weniger militärisch durch seine Nachbarn
als
ideologisch durch eine feindselig zusammenrückende Weltgesellschaft
herrührt,
daß die UNO und die NGOs, die islamischen Staaten und die Mehrheit der
Staaten
der "Dritten Welt" zusammen mit old Europe immer offener daran arbeiten,
Israel die Souveränität zu nehmen. Ein wenig seltsam ist es darüberhinaus
schon,
daß die neuen Verhandlungen, die das Ende der Selbstmordattentate, die
Installierung eines brüchigen Friedens und vielleicht sogar die Begründung
palästinensischer Teilsouveränität zum Ergebnis haben könnten, nicht nur der
Regierung Scharon, sondern zu einem erheblichen Teil der Politik der USA
nach dem
11.09.2001 zu danken ist. Erst die militärischen Niederlagen, des
Islam-Faschismus in Afghanistan 2002, und des panarabischen
Nationalchauvinismus im Irak
2003 haben das Selbstmörderkollektiv Palästina so sehr ernüchtert, daß
politische Bewegung entstehen kann und eine road map zwar nicht zum ewigen
Frieden,
aber möglicherweise zu halbwegs erträglichen Zuständen im Nahen Osten führen
kann. Man darf davon ausgehen, daß alle auf dieser Veranstaltung
Versammelten
dies wissen und sich dergleichen pragmatische Fortschritte auch wünschen -
auch Hermann Gremliza, der zwar den Präsidenten der USA nach dem 11.09.2001
als "Barbaren in Zivil" und Schlimmeres tituliert und dessen Vorhaben, eines
der übelsten Regime im Nahen Osten zu beseitigen, nicht begrüßt hat, nach
dem
erfolgreichem Waffengang gegen den Irak aber plötzlich so tönt: "Nie war die
Chance eines für beide Seiten erträglichen Arrangements zwischen Israel und
Palästinensern größer." (konkret 07/03)
Zweierlei Berufene
Auch kann man davon ausgehen, daß jeder, der heute zu dieser Veranstaltung
geht, weiß, daß der Star des heutigen Abends eine öffentliche Funktion in
Deutschland hat. Moshe Zuckermann taucht mit Sicherheit im
öffentlich-rechtlichen
Fernsehen, auf dem offen antizionistischen BUKO oder als Gewährsmann
irgendwelcher Jungle-World-Autoren immer dann auf, wenn man sich einer
klaren
Parteinahme für Israel entziehen will. Zuckermann, bis vor wenigen Jahren
noch eine
eher randständige Erscheinung in der Welt des postmodernen Diskurses, war
eine steile Karriere in den deutschen Medien beschieden - und zwar
pikanterweise seit der Ausrufung der zweiten Intifada, als der
palästinensische
Antisemitismus das Fanal zum Endkampf setzte. Als die menschlichen Bomben in
Serienproduktion gingen und alles, was jüdisch ist, mit in den Tod zu reißen
begannen,
als mitten in der Intifada und unmittelbar vor dem 11.09.2001 die
Weltgemeinschaft (ohne die USA) in Durban den Bannfluch über Israel sprach,
wg.
Rassismus und Apartheid, saß der Experte Zuckermann neben anderen deutschen
und
palästinensischen Experten auf den Fernseh-Sofas und sprach ganz ausgewogen
gegen
Israel. Diesmal war es die bürgerliche Öffentlichkeit, die mit schlechtem
Beispiel voranging, während die Linken noch etwas zögerten, bis auch sie
beherzt zugriffen; bis es allerdings zum Einzug Zuckermanns in die Hamburger
Ruhrstraße kommen konnte, bedurfte es noch vierer zu Bomben umfunktionierten
Flugzeugen, 3000 Toten in Manhattan und Washington und einer klaren Reaktion
der
amerikanischen Regierung.
Die intellektuelle Unredlichkeit von Hermann Gremliza, die ihn auf den
Zuckermann kommen ließ, und aus einem verläßlichen Freund Israels einen der
vielen
halbherzigen Bekräftiger des Existenzrechts des jüdischen Staates machte,
setzte genau dann ein, als das Agieren der USA und das Überleben Israels
nicht
mehr voneinander zu trennen war; als sich erwies, daß die Feinde Israels von
denen der USA nicht mehr zu unterscheiden waren. An jenem Punkt, an dem man
zwei Kriege der USA hätte befürworten müssen, um der Hoffnung auf Besserung
der Verhältnisse im Nahen Osten und um des Schutzes Israels willen, und zwar
aus dem Wissen heraus, daß gegen die islamische Internationale und ihre
europäischen Freunde ein Antifaschismus geboten ist, den wirkungsvoll
derzeit nur
die USA und Großbritannien garantieren können - an genau jenem Punkt schreit
Hermann Gremliza und schreien mit ihm viele bis dahin proisraelisch
eingestellte Linke: Hilfe! Und wer kann schon helfen als einer, der sich
dafür hergibt,
den besseren Möllemann zu machen, und von dem zum Beispiel folgende Sätze
stammen: "Der Antisemitismus muß bekämpft werden, ohne dabei aber von der
Kritik
an Israel, wo immer sie real berechtigt ist, abzulassen." (Zuckermann in
Berliner Zeitung 31.5.02) und: "Israel betreibt seit Jahrzehnten ein
brutales
Okkupationsregime, unterdrückt die Palästinenser und verhindert ihre
nationale
Selbstbestimmung. Jeder anständige Mensch muß diese historisch unabweisbare
Realität verurteilen." (ebd.)
Diese von Zuckermann so inständig bemühte "Anständigkeit", die es gebiete,
Israel zu kritisieren, hat bekanntlich auch den verewigten Möllemann dauernd
umgetrieben. Zu klären bleibt freilich, warum so viele selbsterklärte
Israelfreunde sich den Spruch lieber von Zuckermann oder Gremliza aufsagen
lassen
und die Pali-Freunde den gleichen Satz lieber aus dem Munde Möllemanns oder
Karslis hören wollen. Der Unterschied ist etwa so groß wie der zwischen
einem
Leser der Jungen Welt und einem der Jungle World. Beide sprechen einander
Radikalität und Kritikfähigkeit ab und denunzieren sich gegenseitig. Sie tun
es
wie Platzhirsche allein um den Gewinn der Hegemonie über die deutsche Linke
willen. Die ist inzwischen aber so sehr verstaatlicht, daß einer vom
Staatspersonal genauso wie die linke "Opposition" pace schreit, wenn der
Irak befreit
wird und beide deuten zusammen vorwurfsvoll auf den eigentlichen
Konfliktherd
in der Region: Israel, das Land, das ein "Okkupationsregime" aufrecht erhält
und das "Selbstbestimmungsrecht" des palästinensischen Volkes mißachte. Das
einigt alle Deutschen und in dieses Kollektiv der Israel-Kritiker aus
Anständigkeit reihen sich nun auch, bestens verproviantiert mit den Worten
des
Nicht-Zionisten Zuckermann, die letzten Israelfreunde von Gewicht in der
deutschen
Linken mit ein: Herausgeber und Autoren der Zeitschrift konkret. Ihr Recht
auf Kritik, da sind sie sich als gestandene Antiimperialisten sicher, lassen
sie sich von niemanden nehmen, seien es nun alliierte Besatzer, die
Springer-Presse oder antideutsche Kommunisten. Insofern ist der
Veranstaltungsort
zwischen TEK und Heinrichplatz mit Bedacht gewählt worden.
Und sie wissen, mit wem sie da reden. Mitdiskutant Thomas Ebermann etwa
schrieb, daß man in Deutschland "nicht gegen die je konkrete
Regierungspolitik
(Israels) demonstrieren" könne, ohne "der in Deutschland überaus beliebten
These, daß die Welt schlecht und die Juden kaum besserals die Nazis seien,
Zucker
zu geben." (konkret 5/02) Sprach's und entschied sich, nicht den Nazis
Zucker, sondern der deutschen Linken den Zuckermann zu verabreichen. Der hat
als
israelischer Jude für deutsche Ebermänner die gleiche Funktion wie Martin
Walser für Gerhard Schröder, der schon vor zwei Jahren wußte, daß ein
deutscher
Schriftsteller etwas gegen die Instrumentalisierung von Auschwitz sagen
könne,
ein deutscher Bundeskanzler aber nicht. Ebermann: "Man kann, wenn man
kritisch über die Politik Israels diskutieren will, das nur in einer
seminaristischen Atmosphäre tun. Ich kann zum Beispiel Moshe Zuckermanns
Aufsätze der
jüngsten Zeit studieren. In ihnen kommt ein Verständnis für
palästinensisches
Leid, auch für Zorn, zum Ausdruck, das ich teile. Und er und seine
Weggefährten
(...) verfechten eine Option, die das sicherste Leben für Juden in Israel
ermöglichen könnte." (ebd.)
Die Transformation des Judenmordes
Es ist immer dasselbe: ist die Linke bankrott, liquidiert sie nicht ihr
Geschäft, sondern investiert in Theorie und Seminarismus, um sich über die
Runden
zu retten. Anleihe nimmt dabei gerne an Koryphäen, denen das Zertifikat für
Seriosität schon erteilt wurde; wie gut, daß es im Falle Israels einen gibt,
dem der Ruf vorauseilt, Marxist, ja sogar ein Vertreter der kritischen
Theorie zu sein. Ein Streifzug durch zwei Bücher Moshe Zuckermanns, die
anscheinend
nur von Leuten gelesen werden, die schon vorab wissen, daß die Welt schlecht
und die Juden kaum besser als die Nazis seien, möge zum Beleg dafür dienen,
daß Zuckermanns Theorie nicht kritisch und sein Marxismus offensichtlich
ohne
Kenntnis des Klassikers auskommt. Bereits 1999 hat Zuckermann einem
entscheidungsschwachen Ich, das sich vier Jahre später gegen die deutsche
Friedensbewegung und gegen den amerikanischen Krieg ausgesprochen hat,
einige schöne
Vorschläge gegen allzu bedrängende Beschäftigung mit der Vernichtung der
europäischen Juden gemacht: "Die nur schwer zu fassende ,Vergangenheit
(...) öffnet
sich (...) immer konträren Interpretationen. Im Gegensatz zu seinem
fundamentalen Streben nach klarer Entscheidung sieht sich (...) das gequälte
Gedächtnis des Kollektivs dem Bann der Ambivalenz ausgesetzt." ("Zweierlei
Holocaust"
1999, nachfolgend ZH, S. 9) Ist der Zwang zur Entscheidung für oder gegen
Israel wegen Auschwitz einmal erschüttert, öffnet sich die Welt der großen
Erzählungen, die, im kollektiven Gedächtnis verankert, keine Wahrheit,
sondern
nur Auskunft über den Sprechort geben können. Vor diesem Hintergrund
erscheint
die bekannte Formel plausibel: Was den Juden ihr Holocaust ist, ist für die
Palästinenser ihre Flucht und Vertreibungsgeschichte, die sie als Naqba
überhöhen und der Judenvernichtung gleichberechtigt an die Seite stellen.
"Da die
akkumulative Kristallisierung des Kollektivgedächtnisses (...) als
Erzeugnis,
zugleich aber auch als wirkender Bestandteil einer historisch gewachsenen
gesellschaftlichen Praxis fungiert, sortiert, wählt und verdrängt das
Gedächtnis
,unliebsame' - zuweilen höchst bedeutsame - Teile des Vergangenen aus dem
vorherrschenden Bewußtsein des Kollektivs." (ebd.)
Die Vernichtung der Juden wird folgerichtig zum intellektuellen wie
sprachlichen Unort in einem postmodernen Geschwätz zurechtgemacht, in dem es
letztlich nur noch darum geht, daß Gewalt von Menschen über Menschen immer
irgendwie
ungut sei. "Den Holocaust - gerade in seiner historischen Einmaligkeit und
Unvergleichbarkeit - kann man einzig als ein dichotomes Paradigma
menschlicher
Existenz, als eine die Symbolisierung der permanenten Bedrohung dieser
Existenz widerspiegelnde Matrix und als eine sittliche Entscheidung
erinnern. (...)
Der Holocaust ist die objektivierte Essenz des Grundverhältnisses zwischen
Mördern und Gemordeten, zwischen Verbrechern und ihren Opfern, er
symbolisiert
den Höhepunkt der von Menschen über Menschen in Gang gesetzten Repression
(...)." (S. 34) "Gemeint ist nicht eine in politische Handlung umgesetzte
Erinnerung, die das Verhältnis von ,Gewalt' und ,Opfer' durch Gewaltzunahme
der
(potentiellen) Opfer, sondern gerade durch die Abschaffung von Gewalt
auszugleichen bestrebt ist, und zwar durch die Herstellung von
Verhältnissen, die
ihrem Wesen nach sich der Gewalt entledigten." (S. 74)
Mancher erinnert sich, daß ein gewisser Norman Finkelstein mit seinem Buch
"Holocaustindustrie" vor drei Jahren einen deutschen Bestseller gelandet
hat,
der ein wenig anrüchig war. Wenn man heute sagen will, daß die Israelis die
deutsche Vernichtungstat für ihr brutales und völkerrechtswidriges Vorgehen
gegen die Palästinenser instrumentalisieren, dann geschieht das zur Vorsicht
in
Form eines ausgewachsenen Hirnschwurbels. Etwa so: "Das Bedürfnis nach einer
Definition, wo aus historisch-soziologisch realen Gründen keine Definition
möglich ist, bricht an Stellen durch, wo ,das andere' in die eigene
Lebenswelt
eindringt. Das Ressentiment ist eine real dokumentierte Empfindung (...).
Das Problem der heteronomen Bestimmung ist, daß sie das Negative so sehr
braucht, daß sie dazu neigt, daraus einen Fetisch zu machen." ("Zweierlei
Israel",
2003 nachfolgend ZI, S. 74) Soll ungefähr heißen: "Ob (...) eine echte
Umwälzung der ideologischen Fundamentalmatrix der israelischen
Holocaust-Erinnerung
stattfindet, eine Umwälzung im Sinne einer universal ausgerichteten und eben
nicht partikularistisch verengten, heteronom vereinnahmten Erinnerung, womit
endlich an einer wahrhaften jüdischen Tradition des Gedenkens der Opfer um
ihrer selbst willen (...) angeknüpft werden könnte, (...) muß vorerst
dahingestellt bleiben." (ZH, S. 116) Gegenüber Gremliza und Ebermann wird er
noch
deutlicher: "Ich will die Shoa von der Instrumentalisierung bereinigen,
indem
ich die Shoa aus der partikular zionistischen Rezeption in ihre universelle
Bedeutung hebe." (ZI, S. 31) Und schließlich: "Ich würde mir sehr wünschen,
daß
des Holocausts wesenhaft gedacht würde (...)." (ZI, S. 79)
Und so geht das - getreu der Bemerkung von Karl Kraus, daß man nicht nur
keine Gedanken haben dürfe, sondern auch unfähig sein müsse, sie
auszudrücken -
ewig weiter: gespreizte Trivialitäten, Gemeinplätze, die sich im
akademischen
Jargon aufplustern und dabei den typischen Hautgout aufkommen lassen, der
signalisiert, daß hier Leute ins Gespräch vertieft sind, die sich die
höheren
und erlesenen Gedanken machen. Aber gerade in seiner Schwurbeligkeit ist das
Gephrasel eindeutig: Nach allgemeinen Bemerkungen über Gewalt, Moral und das
Ende der Gewalt, bestückt mit einigen Zutaten aus dem Schatzkästlein der
Utopie, wird den Juden, Scheibchen für Scheibchen, die deutsche
Vernichtungstat
als ihre bestimmte nationale Erinnerung enteignet und so weit
verallgemeinert,
daß nicht etwa vor der nicht gebannten Gefahr einer neuen Vernichtung
gewarnt, sondern die nun schon buchstäblich Heideggersche Ontologisierung
einer
sowohl historisch als auch bezüglich Tätern und Opfern äußerst konkreten Tat
vorgenommen wird. Wer des "Holocausts" "wesenhaft" gedenkt, ist mit Fug und
Recht
in Deutschland angekommen, wer diesen Schmonzes aber auch noch druckt, für
den gilt das gleiche.
Noch vor nicht allzulanger Zeit hätte man angesichts des wahrhaft
unanständigen Stils dieses Anständigsten der Anständigen den Stoßseufzer
getan:
Gremliza, übernehmen Sie! Aber diese Zeiten sind wohl vorbei. Warum Gremliza
Dummschwätzer wie Slavoj Zizek und Katja Diefenbach im "Express" abfertigt
und
einen, der nicht nur so schreibt wie die beiden, sondern auch das gleiche
vorhat,
meint, auf Händen tragen zu müssen wie einen Weltweisen; warum, statt wie
angekündigt, keine "Dokumentation kontroverser Ansichten" aus der Talkrunde
wurde, sondern eine linksdeutsche Selbstfindung mit einem Alibijuden, teilt
Gremliza im Vorwort des besagten Buches mit: "Zuviel hatte Zuckermann zu
sagen, zu
viel hatten Ebermann, Weiß und Gremliza nur zu fragen." Am Anfang des
Philosophierens steht das Staunen. Wenn der Philosoph aber gar nicht
philosophiert,
sondern im ordinären Diskurs radebrecht wie sonst nur Diefenbachs Katja,
dann wird aus dem nach Erkenntnis heischenden Staunen jenes schafsäugige
Glotzen, das man vom maulfaulen Schwarzwaldbauern kennt, mit dem Heidegger
bekanntlich auf die allertiefste nur mögliche Art philosophierte: indem er
ebenfalls
schwieg. Und so liests sich dann auch.
Der Nicht- ist der Anti-Zionist
Wie es in einem gewöhnlichen Antizionisten denkt, darüber gibt der
selbsternannte Nicht-Zionist viel besser Auskunft als z. B. weiland
Möllemann. Denn im
Gegensatz zu jenem redet Zuckermann wirklich Klartext: "Ein Nicht-Zionist
ist einer, der den Zionismus a posteriori, heute, nicht mehr akzeptieren
kann".
Der Zionismus sei "zu einer radikal rechten Bewegung geworden, die kein
Angebot für einen wirklichen Frieden mehr enthält." (ZI, S. 42 u. 43) Woraus
folgt, was deutsche Antisemiten immer schon wußten: "Es sind nicht mehr die
Juden, die sich gegen eine Bedrohung wehren müssen, sondern Juden bedrohen
andere." (ZI, S. 13) Da will es von sich aus hin, das Gerede von zweierlei
Israel,
dazu braucht man mehrere Bücher, tausend Interviews und einen jeder
sprachlichen und damit intellektuellen Redlichkeit ins Gesicht schlagenden
Jargon. Die
süßeste Versuchung der Postmoderne, die große Erzählung, die vorab
vorhandenes Ressentiment in theoretisch versierte Evidenz überführt und das
Bündnis mit
den linken Feinden Israels erneuert, stammt von Moshe Zuckermann.
Was Zuckermann zum Kronzeugen aller Feinde Israels macht, ist seine gewollte
Ignoranz gegenüber dem Fundament des jüdischen Staates, jederzeit Fluchtburg
für alle Juden weltweit sein zu können. Damit unterläuft der Marxist
Zuckermann absichtsvoll die Objektivität der durch Auschwitz besiegelten
Verhältnisse, daß es für Juden kein Leben nach dem Zionismus geben kann,
solange der
Gegenstand der Kritik der politischen Ökonomie nicht abgeschafft ist. Zwar
ist
das zionistische Pathos der Gründerjahre abgelöst von pragmatischen und
durchaus hedonistischen Bedürfnissen, wofür symbolträchtig der Niedergang
der
Kibbuzbewegung stehen mag; in dem Maße aber, wie der historische Zionismus
als
Staatsgründungs- und Aufbauideologie sich erledigt hat, ist "Zionismus" zur
ideologischen Chiffre für etwas ganz anderes geworden. Wer heute vorgibt,
den
Zionismus als beherrschende Staatsmythologie zu kritisieren, verfehlt seinen
Gegenstand und zielt dafür - oft unfreiwillig - auf die Fundamente des
jüdischen
Staates: Ein Staatsbürgerrecht, das allen Juden weltweit erlaubt, Israelis
zu werden, wenn sie es wollen und eine starke, in der israelischen
Gesellschaft verankerte, Armee als den einzigen Garanten für jüdischen
Selbstschutz
gegen die antisemitische Internationale. Den Hohn und Spott, den man
allerseits
für die Grundlage jeder vernünftigen Israel-Solidarität übrig hat, die
Forderung nach effektiver Bewaffnung Israels, legt beredt Zeugnis darüber
ab, wes'
Geistes Kind all jene sind, die wie die ehemalige Antifaschistische Aktion
Berlin dauernd verkünden, daß Antifa doch Angriff hieße. Deren
Nachfolgeorganisation, Kritik & Praxis Berlin, die zum heutigen gemütlichen
Beisammensein
eingeladen hat, beschleicht regelmäßig "ein gewisses Unbehagen gegenüber
israelischen (...) Nationalflaggen" (Jungle World, 14.5.03) - ein
Unwohlsein, gegen
das Dr. Zuckermanns nichtzionistischer Entsolidarisierungsextrakt Wunder
tut.
Das Sein zum Opfer
Aber vergessen wir Zuckermann. Gremliza und Ebermann müssen gewußt haben,
was ihr Kronzeuge schon vor der gemeinsamen Talkrunde veröffentlicht hat -
sie
haben sich aber der Einsicht verweigert, daß ihr Gewährsmann aus Jerusalem
einfach nur deutsch spricht. Wenn einer schreibt, Israel sei "selbst ein
Land
der Okkupation und Repression geworden (...), das sich durch ein
beschämendes
Maß an ethnischen Vorurteilen und rassistischem Dünkel auszeichnet" und
daraus folgert, daß "die in Israel einen Staat errichtenden Juden (...)
gleichsam
zu Tätern" geworden seien (ZH, S. 75 u. 178), dann bedient er das deutsche
Gespräch, das mit einer "israel-kritischen" Hauswurfsendung im Herbst 2002
seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Gremliza und Ebermann scheinen
noch
nicht einmal erahnt zu haben, was ihnen ihr Gesprächspartner in jenen "drei
intellektuellen Sternstunden" (Ebermann) mitgeteilt hat: Die
Universalisierung
des Selbstmordattentats als letzte Handlungsmöglichkeit der "Opfer"
schlechthin und damit die poststrukturalistische Gleichsetzung jener Frauen,
die 1943
im Warschauer Ghetto den SS-Schergen sich ergeben mußten, aber nur, um ihnen
um den Hals zu fallen, bis die Handgranate, die sie unter dem Kleid trugen,
detonierte, mit palästinensischen Djihadisten, die sich in israelischen
Bussen
oder Cafés in die Luft sprengen. "Es geht um eine Situation, in der das
Opfer
nicht mehr fähig ist, etwas gegen seinen Schlächter auszurichten - ob dessen
Ziel, wie im Warschauer Ghetto, der Völkermord ist oder nicht. Das Opfer
will in beiden Fällen erstens ehrenvoll sterben und zweitens dem Schlächter
dabei so viel Schaden zufügen wie möglich (...). Wenn im jüdischen Ghetto
der
Widerstand aussichtslos war, galt es - und gilt es noch im Nachhinein - als
große Heldentat, so viele Deutsche wie möglich in den Tod mitzunehmen. Es
kommt
ganz darauf an, wer der Redner ist. (ZI, S. 61 u. S. 62)
Kein Widerspruch, keine Entgegnung findet sich darauf im konkret-Buch
"Zweierlei Israel" - nichts! Möge Hermann Gremliza bei Gelegenheit erklären,
warum
man in seiner Zeitschrift gegen den Historiker Udo Steinbach mobil gemacht
hat (siehe Juli-Ausgabe), obwohl der doch nichts anderes gesagt hat als
Moshe
Zuckermann im Gespräch mit dem Herausgeber. Zum Vergleich Steinbachs Worte:
"Wir müssen (...) auch einmal darüber nachdenken, was wir als Terrorismus
bezeichnen wollen. Wenn wir sehen, wie israelische Panzer durch
palästinensische
Dörfer fahren und sich die verzweifelten Menschen mit Steinen wehren, dann
müssen wir im Blick auf Warschau und im Blick auf den Aufstand der Juden im
Warschauer Ghetto auch fragen dürfen, war das dann nicht auch Terror?"
Vielleicht, geneigter Leser, ist es uns gelungen, Ihnen verständlich zu
machen, warum wir und unsere Freunde und Genossen vorzugsweise mit der
Israelfahne demonstrieren und die bedingungslose Solidarität mit Israel
einfordern. Es
gibt kein Recht, Israel zu kritisieren, es gibt im Gegenteil die Pflicht,
den
jüdischen Staat und darüberhinaus die Juden weltweit zu verteidigen gegen
den immer maßloseren Haß von europäischen und islamischen
Globalisierungsgegnern und anderen Linken. Und vor allem: In dieser Frage
gibt es keinen
Mittelweg. Wer versucht, ihn zu beschreiten, der landet wie Gremliza,
Ebermann und die
Gruppe K.P. mitten im postmodern gewandeten Antizionismus. Vielleicht ist
Ihnen der Weg vom Heinrichplatz via SO 36 zum TEK ein bißchen klarer
geworden:
Der Antisemitismus in Deutschland ist keine exklusive Domäne von
Stiefelnazis
oder Salonfaschisten, er hat seinen Ursprung und Nährboden dort, wo Deutsche
ihr Recht, Israel kritisieren zu dürfen, einfordern. Das wird heute Abend im
SO 36 zelebriert, und sie können später wie ein ehemaliger Fernsehmoderator
sagen: Ich war dabei!
Redaktion BAHAMAS (Berlin, 08. Juli 2003)

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08 Struktureller Wahnsinn - Theorie und Praxis der Antinationalen
Von: aon.964445698@aon.at <aon.964445698@aon.at>
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Aus "Bruchlinien", Nr. 3/2003
Struktureller Wahnsinn
Zu Theorie und Praxis der Antinationalen
"Bush the man of peace" - spätestens seit der Erklärung der Berliner
Zeitschrift Bahamas zum Krieg gegen den Irak dürfte jeder Zweifel
ausgeräumt sein. Die antideutschen bzw. antinationalen Strömungen, zu
deren prominentesten Vertretern die Bahamas gehören, stehen auf der
Seite der imperialistischen Supermacht und applaudieren ihrem Feldzug,
der die Welt mit Krieg, Hunger und Elend überzieht. Wie es möglich
ist, dass solch offensichtliche Reaktionäre sich weiterhin als Linke
bezeichnen; wie es kommt, dass sie sich in Deutschland und Österreich
einen ansehnlichen Platz im (ehemals) linken publizistischen Spektrum
und neuerdings auch in den Institutionen verschaffen konnten, soll im
Folgenden untersucht werden.
Liest man das Gründungspamphlet der Antideutschen Kommunisten Berlin,
so kann man vor Staunen nur den Kopf schütteln. "Intellektuelle haben
keine andere Wahl, als zu begreifen, dass, so sehr sie sich auch
anstrengen mögen, die einzig sinnvolle Anwendung ihrer Vernunft die
Erkenntnis ist, dass dem Wahnsinn Sinn zu attestieren im Ansinnen ihn
verstehen zu wollen, wahnsinnig ist." (1) Was da zum Ausdruck kommt,
ist nicht viel mehr als die völlige Degeneration der deutschen
kommunistischen und linken Bewegung, ihrer Weltanschauung und
letztlich ihres Anspruchs, die Welt zu verändern. Dass diese
Degeneration nicht zur vollkommenen Selbstauflösung geführt, sondern
im Gegenteil sich in antideutsche bzw. antinationale Bahnen ergossen
hat, ist mit den spezifischen Bedingungen Deutschlands zu erklären.
Ihre Wurzeln hat die antideutsche Strömung in den 60er und 70er Jahren
und dem damaligen Kampf der deutschen Linken gegen die ungebrochene
Kontinuität des deutschen Staatsapparates seit dem
Nationalsozialismus. Ihre entscheidende und spezifische Prägung erfuhr
sie aber vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der Sowjetunion.
Während der Niedergang der linken Bewegungen auf der ganzen Welt mit
diesem Ereignis zusammenhängt und von ihm maßgeblich beeinflusst
wurde, gesellte sich in Deutschland ein zweiter entscheidender Faktor
hinzu: die deutsche "Wiedervereinigung" und die damit verbundene
nationale Berauschung unter westlich-kapitalistischem Vorzeichen, der
die deutsche Linke nichts entgegenzusetzen im Stande war. Das
Scheitern der Linken angesichts des reaktionären Massenauflaufs und
dessen offenem Bekenntnis zur westlichen Werte- und Konsumgemeinschaft
hinterließ eine tiefe Resignation und Abkehr vom traditionellen linken
Verständnis. Konzeptionen, die aufgrund dieser Erfahru! ngen im
Nationalismus und der Nation - unabhängig vom Kontext - die Wurzel
alles Übels sahen, verdrängte jedwede Bereitschaft zur Analyse der
konkreten und tatsächlichen Situation. In Österreich verlief eine
ähnliche Entwicklung vor dem Hintergrund des Aufstiegs der FPÖ und
ihres Massenzulaufes gerade aus den Kernschichten der Arbeiterklasse.
Ohne jemals eine ernsthafte Analyse dieses Phänomens anstellen zu
wollen witterte die Linke ein neues `33 und schlug Alarm.
Tatsächlich bestand in beiden Fällen weder Bereitschaft noch Vermögen
die tiefgreifenden Veränderungen wahrzunehmen, die der Zusammenbruch
der Sowjetunion weltweit nach sich gezogen hatte. Der - zumindest als
endgültig wahrgenommene - Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus
erlaubte es in den westlichen Staaten das gesellschaftliche
Koordinatensystem substantiell zu verrücken. Unter dem Vorzeichen
ehemals linker Inhalte wie Antirassismus, Universalismus und
Antifaschismus gelang die weitgehende Durchsetzung neoliberaler
Reformen, die nicht nur Wirtschaft und Verwaltungsapparat betrafen,
sondern sich langsam aller kulturellen Strukturen und Ausdrucksformen
bemächtigte. Die Linke machte bei diesem Spiel weitgehend mit und so
entstand ein neuer gesellschaftlicher Konsens auf neoliberaler
Grundlage. Den Verlieren des Umbaus - den Unterschichten im Westen
sowie den Massen der Dritten Welt - blieb nicht viel anderes übrig als
sich für ihren legitimen Protest Ausdrucksformen zu su! chen, die
nicht den althergebrachten entsprachen.
Als der Westen mit universalistischem Anspruch auszog, um seinen
Siegeszug um die Welt anzutreten, regte sich vielerorts Widerstand
unter nationalistischem oder religiösem Vorzeichen. Anstatt die
veränderten Bedingungen in Rechnung zu stellen und die Essenz der
Dinge verstehen zu wollen, sahen die antinationalen Strömungen darin
eine Bestätigung ihrer Konzeptionen und zögerten nicht, sich auf die
Seite des Westens zu stellen. Universalismus und Menschenrechte in
aufklärerischer Tradition versus rückschrittlicher Nationalismus und
Islam, schien die Entscheidung für die antideutschen Deutschen leicht
zu machen.
Wertkritik als theoretische Basis
Seine theoretischen Grundlagen sieht der Antinationalismus in der
wertkritischen Schule. Zwar hat mittlerweile der antinationale Wahn
derartige Stilblüten getrieben, dass sich bedeutende Wertkritiker wie
die Krisis-Gruppe bemüßigt sehen, sich emphatisch von den
antideutschen Bellizisten zu distanzieren, dennoch sind viele
antinationale Entwicklungen in den wertkritischen Konzeptionen
begründet und ohne sie nicht zu verstehen.
Wertkritik bemüht sich im wesentlichen, sich vom sogenannten
"Arbeiterbewegungsmarxismus" abzugrenzen, dem sie "verkürzte,
soziologistisch beschränkte Kritik der <Aneignung des Mehrwerts> durch
die <Kapitalisten>, ohne den fetischistischen Systemcharakter der
Wertvergesellschaftung selber anzutasten" vorwirft. (2) Diese
verkürzte Kapitalismuskritik würde Wert, Ware, Geld und Markt "...
nicht als aufzuhebende gesellschaftliche Formen des
Kapitalverhältnisses begreifen, sondern als positive Gegenstände der
Moderne, die nur alternativ zu besetzen wären, und zwar durch den
<Klassenkampf> der <Arbeiterklasse>." (3)
Von dieser Grundannahme leiten sich weitere wesentliche Positionen ab,
wie etwa die Ablehnung eines revolutionären Subjekts (Subjektkritik)
oder die Konzeption emanzipatorischen Handelns nicht als konkreter
Kampf gegen konkret benannte Gegner, sondern als Positionierung gegen
die Strukturen des Systems. Wertkritiker fordern die
"Selbst-Konstitution einer bewussten Aufhebungsbewegung gegen das
warenproduzierende System". (4) Arbeit, Staat und Politik seien
Begriffe, die der Marxismus falsch ontologisiert hätte und deren
Aufhebung als solche (im Gegensatz zur angeblich angestrebten
positiven Besetzung durch den Arbeiterbewegungsmarxismus) die
Wertkritik einfordere.
Bereits der Zentralbegriff der Wertkritik hinkt in seiner Logik: Wenn
Marx selbst bzw. seinen Nachfolgern, welche die in Marx' Werk
angelegte Wert- und Arbeitskritik vernachlässigt hätten, vorgeworfen
wird, über den wertimmanenten "Klassenstandpunkt" nicht hinausgegangen
zu sein, so lugt hier an allen Ecken und Enden der Fehler des
Ökonomismus hervor. Die komplexe kapitalistische Gesellschaft mit
ihrem spezifischen Produktionsverhältnissen, ihren vielschichtigen
sozialen Beziehungen, ihren subtilen Mechanismen zur Herstellung
kultureller und ideologischer Hegemonie und vor allem ihren
Machtstrukturen und deren politischen Instrumenten wird aufgelöst in
einem Einheitsbrei von Warenbesitzern, die allesamt und in gleicher
Weise der Fetisch-Konstitution der modernen Gesellschaftsform
unterliegen würden. Nicht nur, dass hier die Analyse der Gesellschaft
in ihrer Klassenspaltung (alle sind Warenbesitzer und sei es der
Besitz der Ware Arbeitskraft, der sie dazu macht) ad absurdum gef!
ührt wird, zeigt die Anwendung von ökonomischen Kategorien auf das
Funktionieren der Gesellschaft als Gesamtheit grundsätzliches
Unverständnis davon, dass es eben nicht die ökonomischen Kategorien
allein sind, welche die kapitalistische Gesellschaft ausmachen,
sondern diese ebenso durch ein komplexes Geflecht politischer,
kultureller und sozialer Machtstrukturen bedingt wird.
So stimmt es zwar, wie die Wertkritik postuliert, dass der
Fetischcharakter alle Aspekte der kapitalistischen Gesellschaft
durchdringt, ja, dass diese als Fetischkonstitution beschrieben werden
kann, doch ist das im Grunde mehr als banal. Diese Entfremdung des
Menschen in allen Aspekten aufzuheben - und das meinen Wertkritiker,
wenn sie davon sprechen, dass die "verinnerlichte, scheinbar
selbstverständliche gesellschaftliche Form des Werts zu knacken" (5)
sei - wird allerdings nicht durch eine abstrakte Positionierung einer
imaginären Aufhebungsgesellschaft gelingen, sondern nur durch den
konkreten Kampf um die Macht als Vorbedingung zum Aufbau einer neuen
Gesellschaft.
Alles andere ist Reformismus. Ist es auch, denn sehr viel mehr als
schwammige Postulierungen von der Notwendigkeit "autonome
sozialökonomische Terrains zu schaffen, auf denen an die Stelle der
Wertform eine Instanz direkter Selbstverständigung tritt" (6), haben
Wertkritiker als Handlungsvorschläge nicht anzubieten. Überhaupt habe
die Wertkritik keinerlei Praxisorientierung.(7)
Und da liegt auch der Hund begraben. Wertkritische Positionen sind vor
dem Hintergrund des "realen Sozialismus" in der Sowjetunion entstanden
und konnten offensichtlich von dieser prägenden Erfahrung nicht
abstrahieren. Die Sowjetgesellschaft, die nicht als befreite
Gesellschaft im Marxschen Sinne, die stalinistische Praxis, die nicht
als emanzipatorisch, sondern als machterhaltend, und die
stalinistischen Konzeption marxistischer Theorie, die als
deterministisch verkommen wahrgenommen wurden, beeinflussten
entscheidend die Entstehung des wertkritischen Ansatzes. Die Antwort
auf diese Erfahrungen sucht die Wertkritik allerdings nicht in einer
Neuformulierung kommunistischer Politik, sondern im Gegenteil in einer
brüsken Abkehr von dieser. Politik wird als ontologisierter Begriff
abgelehnt. Was damit allerdings legitimiert werden soll, ist der
Verzicht auf politische Praxis überhaupt. Postuliert wird die "völlige
Eigenständigkeit der Theorie".(8)
Aus legitimer und richtiger Kritik am deterministischen
Geschichtsverständnis des Stalinismus, der aus den konkret
gesellschaftlich definierten Begriffen von Klasse und Klassenkampf
objektivierte Kategorien mit vermeintlicher historischer Mission
machte; aus Ablehnung der stalinistischen Praxis, die jeden
emanzipatorischen Anspruch zugunsten des imperativen Machterhalts
aufgab, zimmert sich die Wertkritik ein abstraktes Theoriegebäude, das
das Kind gleichsam mit dem Bade ausschüttet. Nicht begriffen wird
dabei eine Grundfeste des Marxismus, wobei hier die Wertkritik
letztlich der kritisierten stalinistischen Theoriekonzeption wieder
auf den deterministischen Leim geht: Nicht die Produktionsverhältnisse
sind es, welche den Motor der Menschheitsgeschichte darstellen,
sondern die Klassenkämpfe. Menschliche Praxis, also.
Wenn die Wertkritik den Begriff des Klassenkampfes als wertimmanent
und mit transzendentaler Bedeutung überladen ablehnt, so stellt sich
die Frage nach der alternativen menschlichen Praxis zum Zwecke der
Gesellschaftsveränderung. Wenig überzeugen können hier die
vorgeschlagenen - zugegeben wohlklingenden - Neologismen wie
"Aufhebungsbewegung" und "bewusste gesellschaftliche
Selbstverständigung". Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass
sich hinter diesem intellektuellen Einfallsreichtum im Grunde nichts
anderes als Abscheu vor dem schmutzigen Geschäft des realen Kampfes um
die gesellschaftliche Macht verbirgt. Nur so erklärt sich der Hass auf
die zum Bähbegriff erklärte Klasse, zumal diese - im Marxschen Sinne
als kämpfendes Subjekt begriffen - in jüngster Zeit für westliche
Saubermänner oft ein allzu schmutziges Gesicht bekommen hat.
Folgerichtig hat sich die Krisisgruppe um Robert Kurz und Ernst Lohoff
jener Bewegung zugewandt, die sicherlich nicht in die Verlegenheit
kommt mit schmutzigen Gesichtern oder ausgeprägtem Klassenbewusstsein
herumzulaufen: der Antiglobalisierungsbewegung. Es scheint die
Wertkritiker nicht weiter zu stören, dass sie sich damit ihrer eigenen
Subjektkritik zum Trotz wieder auf ein gesellschaftliches Subjekt
orientieren und auf dieses ihr Veränderungsbedürfnis projizieren.
Solange sie damit nicht Gefahr laufen, sich die Hände im unfeinen
Kampf um die Macht - den die Globalisierungsveränderer zweifellos
nicht anstreben - zu beschmutzen. Entlarvend ist es, wenn Kurz in
seinem wütenden Pamphlet gegen die antideutschen Bellizisten eine
"neue transnationale Solidarität von unten" einfordert und diese von
den Demonstranten in New York, Israel, London, Paris, Rom, Madrid und
Berlin aufgebaut werden soll.(9) Die sehr viel dynamischeren
Demonstranten in Kairo, Dhaka, Karachi und Jakarta si! nd ganz
offensichtlich zu schmutzig im Gesicht um Eingang in das wertkritische
Gedankengebäude zu finden.
So unterscheidet sich die Wertkritik bei genauerem Hinsehen nicht
wesentlich vom klassischen Reformismus. Sie differenziert zwischen
Maximalismus (einem Gesellschaftsmodell ohne Wertcharakter) und
Minimalismus (konkrete Veränderungen durch Genossenschaften). Sie
trennt Theorie von der Praxis ab, wobei sie der Praxis kaum Bedeutung
beimisst, ja diese als revolutionärer Kampf begriffen überhaupt
aufheben möchte, und sie steht letztendlich auf der Seite des Westens,
sei es in ihrer neuen Orientierung auf die
Antiglobalisierungsbewegung, sei es in ihrer extremsten antideutschen
Ausformung als offene Parteigänger des kriegswütigen Imperialismus.
Struktureller Antisemitismus und deutsche Nabelschau
Bei den Antideutschen ist von der theoretischen Beschäftigung mit
Wertkritik nicht mehr viel übrig geblieben. Sie sind zur konkreten
Politik zurückgekehrt - was ihnen von konsequenten Wertkritikern wie
Robert Kurz auch vorgeworfen wird.
Weit lieber als theoretisch zu disputieren beschäftigt sich
antinationale Politik mit ihrem Lieblingsthema, dem Antisemitismus,
und daraus abgeleitet der Parteinahme für die israelische
antipalästinensische Politik. Die grotesken Stilblüten des
antinationale Anti-Antisemitismuswahn zu untersuchen, sei besser
Satirikern überlassen. Das Wesentliche und Bedenkliche daran ist, dass
es den Antinationalen gelungen ist, im deutschsprachigen Raum erstmals
salonfähig zu machen, was noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen
wäre: Jedwede Kritik an Israel darf als antisemitisch diffamiert
werden.
Um diesen offensichtlichen historischen, begrifflichen und politischen
Unsinn theoretisch zu untermauern wurde der Begriff des strukturellen
Antisemitismus aufgebracht. Grundlage dafür ist die wertkritische
Konzeption, wonach verkürzte Kapitalismuskritik, wie sie vor allem
Antiimperialisten zu eigen sei, sich auf antagonistische Gegnerschaft
zu personifizierten Kapitalisten beschränken und nicht die
kapitalistischen Strukturen als solche kritisieren würde. Daraus würde
"ein binäres und verdinglichendes, ein personalisierendes und
moralisierendes Denken [entstehen], das eine Clique von bösen
Herrschenden annehmen muss (...)".(10) Damit seien Parallelen zu
antisemitischen Klischees gegeben, in denen die Juden als parasitäre
Finanzkapitalisten dargestellt werden.
Folgt man diesem Gedankengang, so wäre jede Form von Politik, sobald
sie konkret wird, antisemitisch, da sie sich zwangsläufig gegen
Vertreter des Herrschaftssystems richtet. Konsequent verteufeln die
Antinationalen nicht nur Antiimperialisten oder die
Palästina-Solidaritätsbewegung als antisemitisch, sondern
beispielsweise auch die Antiglobalisierungsbewegung, die im Übrigen
durch ihre scharfe Kritik am internationalen Finanzkapital schon einen
bedenklich hohen Grad an Antisemitismus erreicht hat - so die
antideutsche Diktion.
Antisemitismus (in antideutscher Definition) wird zum Gradmesser
darüber erhoben, wie fortschrittlich eine Bewegung oder Strömung sei,
ja mehr als das, er wird zum determinierenden Element
gesellschaftlicher Analyse überhaupt erklärt. Dass diese Vorgangsweise
vollkommen unmarxistisch ist, liegt auf der Hand. Dass sie darüber
hinaus die offizielle Position des deutschen und österreichischen
Staates zu deren nationalsozialistischer Vergangenheit übernimmt,
scheint die antinationalen Antisemitismusjäger nicht zu stören. Wie in
den Diskursen deutscher Staatsmänner wird auch bei den Antinationalen
das nationalsozialistische Regime auf seinen wilden Antisemitismus
reduziert, seine spezifische Form der Klassenherrschaft, seine
spezifische antikommunistische, präventiv konterrevolutionäre Funktion
einfach negiert. Nicht nur unmarxistisch also, sondern auch offen
antikommunistisch. Hier liegt wohl auch der Schlüssel zum
institutionellen Erfolg der Antideutschen.
Dass diese Vorgangsweise außerdem deutscher und nationalistischer
nicht sein könnte - als negatives Totalitätsprinzip wird die ganze
Welt durch die Antisemitismus-Brille betrachtet - zeigt einerseits,
wie realitätsfremd und wahrnehmungsgestört diese Strömung bereits ist,
andererseits beweist es ihren tiefen Rassismus und Eurozentrismus.
Rassismus, der sich in erster Linie gegen Araber und Muslime richtet,
deren emanzipatorische Ansprüche per definitionem als antisemitisch
angesehen werden müssen, laufen sie sich doch zwangsläufig
israelischen Staatsinteressen zuwider.
Absurd, wenn man bedenkt, dass arabische Befreiungsbewegungen ob ihres
"völkischen" (will heißen: nationalistisch arabischen) oder religiösen
Charakters als reaktionär betitelt werden, während Israel, der letzte
Apartheidstaat auf Grundlage jüdisch nationalistischer und religiöser
Definition, nicht angetastet werden darf.
Lächerlich, angesichts der Arroganz, mit der sogar die israelische
Linke, die ein Ende des Apartheidstaates fordert, als antisemitisch
bezeichnet wird.
Bedenklich, wenn man sich vor Augen hält, dass durch die
diffamatorische und instrumentalisierende Verwendung des
Antisemitismusbegriffes tatsächlich vorhandener Antisemitismus
potentiell verharmlost wird.
Verkürzter Volksbegriff
So wenig die Antinationalen den Antisemitismus verstanden haben, so
wenig haben sie den Terminus "Volk" - ein weiteres Hassobjekt ihrer
Politik - begriffen. Während die "Volksgemeinschaft" in ihrer
deutschen nationalsozialistischen Konzeption als quasibiologisches
Ganzes, als rassisch begründete Einheit, aus der "fremdartige Rassen"
zu beseitigen seien, als Antithese jedes gesellschaftlichen
Konfliktes, verstanden wird, so wird das Volk in der Tradition der
Französischen Revolution als den Herrschenden gegenübergestellte
Unterklassen, als Ausdruck und Subjekt des sozialen Kampfes begriffen.
Dieser positiver Bezug auf das Volk bot und bietet sich im
antikolonialen Kampf an und erlebt gegenwärtig, in der jüngsten Phase
wirtschaftlicher Globalisierung und damit einhergehender kultureller
Zwangsassimilation eine Renaissance.
Welche Bruchlinien des weltweiten Herrschaftssystems in der
antagonistischen Gegenüberstellung von nationaler Selbstbestimmung und
imperialem Weltherrschaftsanspruch angelegt sind, sollte auf der Hand
liegen, ebenso, dass erst diese Brüche im System Weiterentwicklungen
im Sinne aufklärerischer oder gar sozialistischer Ideen möglich
machen. Nur Hohlköpfe und Rassisten können nicht erkennen, dass es
nicht der westliche Menschenrechtsimperialismus ist, der die
Kontinuität des aufklärerischer Inhalte im Sinne der Befreiung des
Menschen von Unterdrückung und Fremdherrschaft verkörpert, sondern die
Befreiungsbestrebungen der neuen Sansculotten, und seien deren
Erscheinungsformen noch so schmutzig und westlichen Traditionen
unverständlich.
Dass die Antinationalen gerade den spezifisch deutschen Volksbegriff
zum alleinig und universell gültigen erklärt haben, zeigt einmal mehr,
wie wenig unversalistisch, dafür aber zutiefst rassistisch und
deutsch-zentriert ihre Herangehensweise ist.
Antideutsches Deutschtum
Mit ihrer Erklärung von Bush als Friedensmann stehen die Antideutschen
in bester deutscher reformistischer Tradition. So wie die SPD 1914, so
stellen die Antideutschen sich auch heute mit fliehenden Fahnen auf
die Seite des stärksten Imperialismus. Entschieden zuviel schon der
Ehre, denn während Bebel und Kautsky die stärkste Arbeiterbewegung der
Welt repräsentierten, stehen Wertmüller und von der Osten-Sacken für
deren vollkommen degenerierte und reaktionär verkommene Reste. Lassen
wir den Antideutschen selbst das Schlusswort: "Die Anwendung der
hochentwickelten Vernunft ist bereits unleugbar irrational wenn
überhaupt vorhanden." (11)
Margarethe Berger(1) "Fragmente in Regression - linke Selbstauflösung zwischen Theorie und
Praxis", in: www.antideutsch.de
(2) "Was ist Wertkritik" - Interview mit Ernst Lohoff und Robert Kurz, in:
www.krisis.org
(3) ebenda
(4) ebenda
(5) ebenda
(6) ebenda
(7) ebenda
(8) ebenda
(9) Robert Kurz: "Das Spiel ist aus", in: www.krisis.org
(10) Stephan Grigat: "<Bestien in Menschengestalt> - Antisemitismus und
Antizionismus in der österreichischen Linken", in: www.contextxxi.at
(11) "Fragmente in Regression" a.a.o.

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09 Zwei Beiträge: Antwort Ludin und Spiegel-Beitrag
Von: Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen
<Zeitungs_artikel_Initiative@gmx.at>
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Subject: F.Ludin antwortet A.Schwarzer
Unten: Spiegel zum gleichen Thema:
1)
Dienstag, 01.07.2003
Fereshta Ludin: Das Recht als Frau auf Selbstbestimmung
Der Artikel "Die Machtprobe - Dürfen Musliminnen als Lehrerinnen Kopftücher
tragen? Der Fall der Lehrerin Fereshta Ludin, findet die Publizistin Alice
Schwarzer, ist nicht deren Privatsache: Es geht ums Prinzip" hat mich wieder
einmal zutiefst empört und beleidigt. Wie schade, dass ich mir ausgerechnet
von einer wichtigen Persönlichkeit der Emanzipationsbewegung in Deutschland
diese höchst emotionalen, unsachlichen Unterstellungen erneut anhören muss.
In
den letzten Jahren
gab es gegen meine Person immer wieder Anschuldigungen mit inhaltlich
gleichen Formulierungen und Äußerungen: Mich mit bestimmten politischen
Erscheinungen in Verbindung zu bringen ist unsachgemäss und schlicht falsch.
Im Jahre 1997 begann die Diffamierung meiner Person durch die Zeitschrift
Emma. Frau Schwarzer kenne ich seit meinem 17. Lebensjahr durch die Medien.
Sowohl ihre Stimme als auch ihr Aussehen sind mir vertraut. Über eines bin
ich
mir deshalb ziemlich sicher: Ich habe noch niemals mit ihr telefoniert, doch
Frau Schwarzer behauptet in ihrem Artikel, mit mir bereits 1997 am Telefon
gesprochen zu haben. Zu seltsam - denn ich kann mich noch sehr gut an ein
Telefonat erinnern, als eine mir unbekannte Stimme einer Journalistin, eine
gewisse Frau Müller von der Stuttgarter Zeitung, ein Interview von mir am
Telefon
regelrecht erzwingen wollte, eine angebliche Frau Müller, die, wie ich
später
eindeutig einem Artikel der Emma entnehmen konnte, von der Emma selbst war -
unter falschem Namen. Übrigens rief ich damals gleich anschließend bei der
Stuttgarter Zeitung "zurück", um nochmals Frau Müller zu sprechen - denn
unseriösen Journalismus dieser Art konnte ich mir bei der Stuttgarter nur
schwer
vorstellen und wurde deshalb stutzig. Vorweg das Ergebnis meines Rückrufs":
In
der Telefonzentrale sagte man mir, dass es bei der ganzen Suttgarter Zeitung
nicht eine einzige Frau Müller gebe.
In jenem elefonat also formulierte jene fremde Journalistin Suggestivfragen,
penetrant, eine nach der anderen, die ich nur mit ja oder nein beantworten
sollte, unbeeindruckt von meinem mehrmals höflich vorgetragenen Wunsch, kein
Interview geben zu wollen. In ihren Fragen wollte sie meine sämtlichen
Ansichten über das Talibanregime in Afghanistan, über die Lage der Frauen in
Saudi
Arabien, die Einführung der Scharia usw. wissen. Damals wurde ich gerade zum
Referendariat zugelassen und von Seiten der Schulaufsicht angewiesen, mich
öffentlich nicht mehr zu äußern und
mein Referendariat in Ruhe durchzuführen. Damals war die Presse regelrecht
hinter mir her. Aus dem Grunde war ich weder interessiert an einem solchen
Interview, noch befugt, zu diesen Fragen Stellung zu beziehen. Abgesehen
davon
verstand ich mich weder damals, noch sehe ich mich heute als Beauftragte des
gesamten islamischen Glaubens oder für islamische Fragen in Deutschland oder
gar der ganzen Welt.
Aber das will man mir unter keinen Umständen glauben und wirft mir auch noch
Naivität vor. Ich frage mich, wer eigentlich das Kopftuch, mit dem ich meine
Haare bedecke, und mich in meiner ganzen Person politisiert? Ich etwa? Oder
womöglich Frau Schwarzer? Hier werden moralische Grundsätze des Umgangs
mit
anderen, in diesem Fall gegenüber einer Frau mit "abweichenden"
Glaubensvorstellungen, einfach mit Füßen getreten.
Traurig ist auch, dass Frau Schwarzer es nicht verstanden hat, dass es
hier um eine bekennende deutsche Muslima geht. Ja, ich sehe und empfinde
mich,
auch wenn Frau Schwarzer dies nicht wahrhaben möchte, als deutsche Muslima,
die auf ihrem Recht auf Bildung, Ausbildung, Berufsfreiheit und
Religionsfreiheit besteht. Dieses Recht ist jedem Menschen zu eigen, Frau
Schwarzer, auch
wenn dieser Mensch ein Kopftuch trägt, wie ich es tue. Genau um das Prinzip
dieser Rechte geht es. Wenn sich jemand, wie in meinem Fall, massivst
diskriminiert und in seinen Rechten verletzt fühlt, hat er in unserem Staat,
der Gott
sei Dank ein Rechtsstaat und keine Diktatur ist, die Möglichkeit und das
Recht, sich bei der Gerichtsbarkeit zu beschweren. Und das nur aus einem
ganz
bestimmten und wesentlichen Grund und Prinzip heraus, nämlich dem Prinzip
der
Gerechtigkeit. Dafür trat ich immer ein und das tue ich auch heute noch. Das
ist
meine Motivation.
Ist es zu viel verlangt, Gerechtigkeit zu fordern, wenn man sich ungerecht
behandelt fühlt?
Würden Sie für sich nicht auch Gerechtigkeit und ihr Recht auf
Selbstbestimmung einfordern? Und dies erst recht dort, wo sie sich
beheimatet fühlen?
Baden-Württemberg war und bleibt meine Heimat. Genau deshalb ging ich
nirgendwo
anders hin, sondern blieb dort und ging dort
vor die Gerichte.
Wir tun weder unserer Gesellschaft etwas Gutes noch uns selbst, wenn wir
Menschen dazu zwingen wollen, ihre Identität, und dazu gehört nun einmal
auch
die religiöse Identität, zu verleugnen. Zwang und Fundamentalismus in
jegliche Richtung ist gefährlich und letzten Endes
immer zerstörerisch. Die Kunst der Toleranz besteht nicht darin, den anderen
bloß auszuhalten und schon gar nicht, ihn so zu formen, wie man ihn gerne
hätte, sondern ihn so sein zu lassen, wie er ist und zu lernen mit ihm
respektvoll umzugehen. Ich glaube ich habe das ganz gut lernen
können durch die Unterschiedlichkeiten, mit denen ich als Kind aufgewachsen
bin. Toleranz lernte ich durch meine afghanische Herkunftsfamilie, durch
mein
langjähriges Leben in der saudi-arabischen Gesellschaft und durch den
mittlerweile größten Teil meines Lebens, den ich hier in Deutschland
verbrachte und
wo meine Zukunft ihren Platz haben soll- Deutschland ist mein Heimatland -
um nur die wesentlichsten Faktoren zu nennen. Wie schade, dass mir sogar
meine
Abstammung und der Umstand, dass ich mit meiner Familie in einem Land wie
Saudi Arabien als
Flüchtling lebte, übrigens alles im Kindesalter, mir als etwas Zweifelhaftes
und Merkwürdiges, gar als etwas Politisches angelastet wird.
Welches scheinbar unermessliche Misstrauen gegen eine Person besteht hier,
die man noch nicht einmal zu Gesicht bekommen hat, der man noch nie
persönlich begegnet ist? Im Namen der Frauenemanzipation werde ich, die ich
selbst
eine emanzipierte Frau bin, von einer der führenden Persönlichkeiten der
Frauenbewegung ausgegrenzt, diffamiert, aufs Übelste verleumdet. Meine
eigene Emanzipation wird mit allen journalistischen Tricks und Mitteln in
Frage gestellt, mir einfach abgesprochen.
Die Hintergründe dieses Vorgehens, das Kopftuch einer gläubigen Muslima zu
politisieren, sind offenkundig sehr subjektiv, unsachgemäß und in einem
geradezu verblüffenden Maße vorurteilhaft. Extreme Missstände in Teilen der
sogenannten "islamischen" Gesellschaften gibt es, das ist Fakt und ich
selbst
verurteile diese, seit langem auch öffentlich. Dass meine Familie jetzt
nicht
mehr in Saudi Arabien lebt, sondern in Deutschland, liegt ganz genau in
solchen
Missständen begründet. Macht es wirklich einen Sinn zu glauben, dass diese
Missstände auf unsere Gesellschaft übergreifen könnten, nur weil es hier
muslimischen Frauen selbst überlassen wird sich für oder gegen ein Kopftuch
zu
entscheiden?
Klar zustellen wäre hier noch von meiner Seite, dass die Behauptungen der
Frau Schwarzer, die mich in Verbindung mit der vom Verfassungsschutz stark
beoachteten, türkischen Organisation Milli Görüs bringen und als deren
"Aktivistin" darstellen, schlicht und ergreifend unwahr sind. Es
ist falsch, sowohl mit Blick auf meine Vergangenheit, als auch mit Blick auf
meine Gegenwart zu behaupten, dass ich mit dieser Organisation sympathisiere
oder gar ihre Meinungen teile. Mir ist auch nicht bekannt, dass die
staatlich anerkannte Grundschule Berlin, an der ich zur Zeit
arbeite, und die zu den von der Schulaufsicht bestbeobachteten und -
kontrollierten Schulen Berlins gehört, in Verbindung zu Milli Görüs steht.
Der
Versuch, mir Verbindungen zu Gruppen oder Organisationen zu unterstellen,
und das
nicht einmal mit konkreten Beweisen belegt-, und
von denen ich mich selbst klar distanziere, ist einfach unseriös, unlauter
und zu verurteilen. Mich bestürzt, dass andere mich scheinbar besser kennen
als ich mich selbst, v.a. jene, die mir noch nicht ein Mal begegnet sind.
Aussagen wie dass "muslimische Frauen rein seien und deutsche Frauen
unrein",
entsprachen nie meinen Vorstellungen und auch nicht meinem Sprachgebrauch.
Diese
Formulierungen werden mir von der Emma seit mehreren Jahren untergeschoben.
Äußerst bedenklich und befremdend finde ich auch die Verdrehungung der
Tatsache, dass ich in Schwäbisch Gmünd eine Frauengruppe leitete, mit der
ich
mich nachweisbar in der Tat doch als emanzipierte muslimische Frau mit
muslimischen und auch andersgläubigen Frauen zusammenschloss, um mich für
Frauenbildung, Frauenrechte und Dialog in unserer Umgebung
und der Gesellschaft einzusetzten. Hätte ich lieber untätig sein sollen,
angesichts der auch in unserer Gesellschaft noch verbesserungswürdigen
Situation
von Frauen?
Ich sehe die Notwendigkeit und es ist mir sehr wichtig für Gerechtigkeit,
individuelle Freiheit des Menschen, Frau oder Mann, und für Toleranz und
Respekt gegenüber Andersdenkenden und -Glaubenden in unserer Gesellschaft
einzutreten.
Fereshta Ludin
Aus www.islam.de
-----------------------------
2)
Sent: Monday, June 23, 2003 5:38 PM
Subject: A.Schwarzer Die Machtprobe SPIEGEL 26 2003 DER SPIEGEL 26/2003 - 22. Juni 2003
URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,254053,00.html
Islam
Die Machtprobe
Dürfen Musliminnen als Lehrerinnen Kopftücher tragen? Der Fall der Lehrerin
Fereshta Ludin, findet die Publizistin Alice Schwarzer, ist nicht deren
Privatsache: Es geht ums Prinzip.DPA
Fereshta LudinEntweder ist das Verfassungsgericht naiv - oder es ist befangen. Gewachsen
scheint es der so brisanten Frage auf jeden Fall nicht. Zu entscheiden ist:
Soll das Kopftuch in allen staatlichen deutschen Schulen zugelassen werden?
Das
für Juli oder September erwartete Urteil in Karlsruhe wird weit reichende
Folgen haben. Es verschließt oder öffnet dem Kopftuch alle deutschen
Klassenzimmer - oder auch dem Tschador und der Burka, warum nicht.
Schließlich lassen
sich zweifellos auch so gewandete Musliminnen finden, die beteuern, aus
"ganz
persönlichen religiösen Motiven" so gekleidet zu sein und weil sie sich
sonst
"ihrer Blöße schämen". Wie die aus Afghanistan stammende Lehrerin Fereshta
Ludin.
Für die Voreingenommenheit des Zweiten Senats in dieser Frage spricht eine
Äußerung seines Vorsitzenden, Winfried Hassemer, zu Beginn der Verhandlung.
Er
erklärte, es gehe bei diesem Prozess auch um die Frage: "Wie viel fremde
Religiosität verträgt eine Gesellschaft?" Damit setzt er voraus, dass
erstens
die auf das Recht auf Kopftuch klagende Lehrerin Ludin wirklich religiöse
Motive hat und zweitens das Kopftuch zwingender Bestandteil des Glaubens für
eine
Muslimin ist. Fragen, die eigentlich gerade im Laufe des Prozesses geklärt
werden sollten. Einige Antworten liegen schon jetzt auf der Hand.
Denn die angeblich so "naive" Ludin befindet sich bei näherem Hinsehen in
durchaus politischen Zusammenhängen. Und es gibt Millionen gläubiger
Musliminnen ohne Kopftuch auf der Welt; zumindest in den Ländern, wo sie
nicht mit
Gewalt und Todesdrohung zum Verschleiern gezwungen werden. Außerdem: Auch
anerkannte muslimische Theologen sind sich keineswegs einig in der Frage.
Das
Kopftuchgebot grassiert weltweit überhaupt erst seit 1979, seit der Gründung
des
"Gottesstaates" im Iran und der Finanzierung des "Kreuzzuges" dank
Saudi-Arabien.
Schwarzer,
60, engagiert sich seit einer Iran-Reise 1979 gegen islamischen
Fundamentalismus. Sie veröffentlichte zuletzt als Herausgeberin "Die
Gotteskrieger und
die falsche Toleranz" bei Kiepenheuer & Witsch.

Bei ihrer Verfassungsklage argumentierte Ludin, die seit 1995 deutsche
Staatsbürgerin ist, mit dem Grundrecht der Glaubensfreiheit und dem Recht
auf
freie Berufswahl. Dem hält die beklagte badenwürttembergische
Kultusministerin
Annette Schavan das strikte Neutralitätsgebot des Staates sowie das
demokratische Grundprinzip der Trennung von Staat und Religion entgegen.
Darüber hinaus
vertritt die CDU-Ministerin die Auffassung: "Das Tragen des Kopftuches
gehört
nicht zu den religiösen Pflichten einer Muslimin. Die Mehrheit der Frauen
trägt weltweit kein Kopftuch. Vielmehr wird das Kopftuch auch in der
innerislamischen Diskussion als Symbol für politische Abgrenzung gewertet."
Dagegen klagt Ludin seit 1998 und verlor in drei Instanzen. Jetzt ist sie
also beim höchsten deutschen Gericht. Warum? Arbeitslos ist sie nicht, sie
unterrichtet zurzeit in dem Berliner "Islam Kolleg", wo die junge Mutter
sich -
ganz emanzipiert - eine Stelle mit ihrem Ehemann teilt. Bemerkenswert: Das
"Islam Kolleg" darf laut richterlicher Entscheidung frank und frei als
"Tarnorganisation von Milli Görüz" bezeichnet werden. Die ist die größte
islamistische
Organisation in Deutschland und wird seit Jahren vom Verfassungsschutz als
potenziell "verfassungsfeindlich" beobachtet. Ludin-Ehemann Raimund
Prochaska
konvertierte übrigens vor der Ehe zum Islam.
Nicht nur in Berlin, auch zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen hätte Ludin
problemlos mit Kopftuch unterrichten können, denn das rot-grüne Bundesland
hat
schon 15 Kopftuchlehrerinnen in Lohn und Brot (übrigens auch einige
Konvertitinnen). Aber auch das will Ludin nicht. Sie will in
Baden-Württemberg
unterrichten! Und dafür zieht sie seit Jahren von Gericht zu Gericht, auch
unterstützt von der als "links" geltenden Lehrergewerkschaft sowie von Milli
Görüz und
dem "Zentralrat der Muslime", die beide bis zum 11. September 2001 noch
offen mit der "Scharia" und einem "Gottesstaat" sympathisiert haben.
Ist Ludins Kopftuch also Privatsache? Nein. Es geht ums Prinzip. Und zwar
auf beiden Seiten.
Umso eigenartiger, dass weder in den Medien noch im Prozess nach den wahren
Motiven von Ludin gefragt wird. Selbst der Vertreter der verklagten
Stuttgarter Landesregierung, Ferdinand Kirchhof, ging in vorauseilender
Verharmlosung
so weit zu erklären: Er nehme Ludin selbstverständlich ab, "dass sie nicht
missionieren will und für die freiheitlich-demokratischen Werte eintritt".
Ist
er da so sicher?
Fereshta Ludin ist, wie seit 1997 bekannt, die Tochter einer
unverschleierten Lehrerin und eines afghanischen Ex-Ministers und
Botschafters. Ihre
großbürgerliche Familie war überrascht, als die damals 13 Jahre alte Tochter
in Riad
plötzlich mit Kopftuch aus der Schule kam. In Saudi-Arabien, ausgerechnet.
Neuerdings behauptet die als 14-Jährige mit ihren Eltern nach Deutschland
gezogene Ludin, sie habe sich dort gar nicht wohl gefühlt, denn: "Ich habe
überhaupt nicht verstanden, warum die Frauen dort benachteiligt werden und
nicht
Auto fahren dürfen."
Dieses Unbehagen ist neu. Als ich 1997 mit Fereshta Ludin telefonierte und
sie nach ihrer Meinung zu dem Terror der Taliban und der Todesdrohung für
unverschleierte Frauen in ihrer Heimat fragte, da antwortete die gebürtige
Afghanin: "Dazu möchte ich mich nicht äußern." Und als ich insistierte,
hatte sie
nicht ein Wort des Mitgefühls für die Afghaninnen, sondern erklärte: "Solche
Fragen möchte ich nicht beantworten, weil ich im Beamtenverhältnis bin."
Hätte
Ludins Antwort ihrem Beamtenstatus widersprochen, nach dem sie auf dem Boden
der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" stehen muss?
Beobachter der Islamisten-Szene wissen, dass in den nicht-islamischen
Staaten mit hohem Muslimanteil auf die soziale jetzt die juristische
Offensive
folgt. Hier zu Lande ist es schon möglich, dass nach der Scharia geheiratet
und
Polygamie akzeptiert wird, wenn die Ehen vor der Einreise geschlossen
wurden.
Mancherorts haben die Islamisten erreicht, dass die Schulpflicht für
muslimische Mädchen nur noch eingeschränkt gilt (indem sie zum Beispiel nach
dem
Willen der Eltern nicht mehr zum Sportunterricht müssen). Sie haben
versucht,
kritische Bücher zu verbieten (wie Udo Ulfkottes "Der Krieg in unseren
Städten")
- und nun versuchen sie, auch noch das "Recht" auf Kopftuchlehrerinnen zu
verankern. Wird da schleichend die Scharia in Deutschland eingeführt, im
Namen
der "Toleranz"?
Die Parallelwelten existieren schon. Und das nicht nur in Schwäbisch Gmünd,
wo Milli Görüz aktiv ist. Dort leitete Ludin in den neunziger Jahren einen
Frauenkreis und machte Führungen in der als besonders konservativ geltenden
Moschee am Bahnhof, wo auch schon mal Formulierungen wie "westliche
Dekadenz"
fielen. Eines Tages gab die Pädagogikstudentin Ludin Männern nicht mehr die
Hand. Und in "Fortbildungsveranstaltungen" für Lehrerinnen erklärte sie,
deutsche Frauen seien "unrein" und nur muslimische "rein". Eine
Teilnehmerin: "Ich
war so empört, dass ich mitten in der Veranstaltung rausgegangen bin."
Vor diesem Hintergrund ist das vom Verfassungsgericht so bereitwillig
vorausgesetzte "Motiv Glauben" doppelt erstaunlich. Überraschend auch, dass
das
Gericht es für angebracht hält, vier Gutachter hinzuzuziehen, die
wissenschaftlich unter anderem darlegen sollen, wie so ein
Lehrerinnenkopftuch denn auf die
lieben Kleinen wirke. Zur Freude des Ludin-Verteidigers - und zum Befremden
des Schavan-Anwaltes, der längst in der Defensive zu sein scheint.
Das Karlsruher Verfassungsgericht ist nach dem Erschrecken über den
Unrechtsstaat der Nazis geschaffen worden, um die Verfassungsmäßigkeit von
Gesetzen
und Verwaltungsmaßnahmen zu prüfen und zu schützen. Es entspricht zwar einer
allgemeinen fatalen Tendenz in der deutschen Rechtsprechung, sich aus der
juristischen Verantwortung zu ziehen und dieselbe auf Psychologen
abzuschieben
(deren unvermeidlich subjektive Einschätzungen dann oft wie ein Gottesurteil
genommen werden). Dass nun aber sogar das höchste Gericht eine so brisante
politische Frage auf diese Art und Weise psychologisiert, ist alarmierend.
Warum wird stattdessen in Karlsruhe nicht auf die zahlreichen deutschen und
internationalen Fakten und Erfahrungen zurückgegriffen? Warum fragt niemand
die Betreuerinnen der geflüchteten, zwangsverschleierten jungen Musliminnen
in
Kreuzberg oder Köln? Warum fordert niemand einen Bericht bei Irene Khan, der
Generalsekretärin von Amnesty International, an, die Muslimin ist - und
unverschleiert? Warum fragt niemand nach Studien bei Wassila Tamzali, der
langjährigen Unesco-Vorsitzenden für Frauen, Muslimin - und unverschleiert?
Warum
hört niemand bei der algerischen Politikerin Khalida Messaoudi-Toumi nach,
die
selbst jahrelang durch eine Fatwa bedroht war und heute in dem
bürgerkriegsgeschüttelten Land an vorderster Front gegen die islamistischen
Zwangsverschleierer steht?
Die Amnesty-Chefin warnt vor jeglicher Art von Unterdrückung der Frauen im
Namen einer "anderen Kultur". Die Unesco-Anwältin appelliert öffentlich an
die
französische Justiz und Politik: "Haben Sie den Mut, Nein zu sagen!" (Nein
zum Schleier an der Schule, für Lehrerinnen wie Schülerinnen). Für die
Menschenrechtlerin Messaoudi-Toumi ist die Akzeptanz eines "Andersseins" von
Frauen
im Namen des "Respektes vor anderen Kulturen" eine regelrechte
"Kulturfalle".
Sie fordert "die Universalität der Menschenrechte, unabhängig von
Geschlecht, Hautfarbe oder Religion".
Die besonders in Deutschland tonangebende falsch verstandene Toleranz setzt
die Ideologie einer islamistischen Minderheit mit dem gesamten Islam
gleich -
und liefert so die Mehrheit der Musliminnen und Muslime der Minderheit der
Kreuzzügler aus.
In Frankreich, das mehr Muslime hat als Deutschland, geht man von 10 bis 20
Prozent aktiven Gläubigen aus, von denen wiederum "nur ein ganz geringer
Teil" schriftgläubige Fundamentalisten sind. Der liberale Imam der Großen
Pariser
Moschee zum Beispiel warnt vor den "von Saudi-Arabien bezahlten Islamisten"
und dem Schleier in der Schule, weil der "das Anderssein betont und die
Integration behindert". Und junge Musliminnen in den Vorstädten protestieren
erstmals öffentlich gegen den religiös verbrämten Terror der eigenen Väter,
Brüder
und Männer, für die verschleierte Mädchen die Guten zum Heiraten sind - und
unverschleierte die Schlechten zum Vergewaltigen.
Seit einem Vierteljahrhundert ist der Schleier der Frauen die Flagge der
islamistischen Kreuzzügler. Er ist das Symbol für Separierung. Zeit also,
endlich Schluss zu machen mit der gönnerhaften Pseudotoleranz - und
anzufangen mit
ernsthaftem Respekt. Respekt vor allem für die Millionen Musliminnen und
Muslime, die von dem Terror aus dem eigenen Lager noch bedrohter sind als
wir.

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10 Massendemonstrationen im Iran
Von: Wadi e.V. Wien <wadi_wien@hotmail.com>
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Massendemonstrationen im Iran
Gestern demonstrierten nicht nur in Wien unterschiedliche Gruppen iranischer
Oppositioneller in Solidarität mit der iranischen StudentInnenbewegung. Im
Iran konnten auch strikte Repressionen nicht verhindern, dass es am 4.
Jahrestag der StudentInnenproteste von 1999 zu Massendemonstrationen kam.
Auch in vielen europäischen Städten mit iranischen Flüchtlingen und
ExiliranerInnen kam es zu protesten. In Wien wurden die Proteste von einigen
wenigen linken Gruppen wie der ÖKOLI oder einzelnen trotzkistischen Gruppen
unterstützt. Antiamerikanische Linke erklärten währenddessen auf dem
open-posting-Forum "Indymedia" sich "kulturell und politisch [...] den
Revolutionswächtern auf jeden Fall enger verbunden als einer verwestlichten
"Studentenbewegung"" zu führlen.
Hier eine Zusammenstellung von Artikeln zu den gestrigen Protesten:
Zehntausende Iraner demonstrieren trotz Verbots in Teheran
aus "der Standard": www.derstandard.at
Massives Polizeiaufgebot zum Jahrestag der Studentenproteste Teheran - Trotz strikter Verbote haben am vierten Jahrestag der
Studentenproteste im Iran zehntausende Menschen in der Innenstadt von
Teheran demonstriert. Bis in den frühen Donnerstagmorgen zogen die
Demonstranten durch die Straßen, wie ein AFP-Reporter berichtete. In der
Innenstadt und um das dortige Universitätsgelände drängte sich ein Korso mit
zahllosen Autos. Radikalislamische Regierungsanhänger versuchten, zu den
Demonstranten vorzudringen; hunderte Polizisten waren jedoch im Einsatz, um
Ausschreitungen zu verhindern. Nach Informationen des
Online-Nachrichtendienstes wurden etwa 60 Menschen festgenommen.
Radikalislamische Milizionäre versuchen Demo zu stören
Rund um den Revolutionsplatz in der Innenstadt und um die Universität
standen junge Demonstranten am Straßenrand und klatschten Beifall, als die
Insassen tausender Autos ohrenbetäubende Hupkonzerte veranstalteten.
Hunderte radikalislamische Milizionäre fuhren mit ihren Motorrädern immer
wieder an den Protestzug heran, wurden aber von der Polizei abgedrängt;
dabei lieferten sich Polizisten und Milizionäre vereinzelt gewaltsame
Auseinandersetzungen. Gegen eine kleine Gruppe von Demonstranten setzte die
Polizei Tränengas ein.
Kundgebungen auch in anderen iranischen Städten
Dem Online-Nachrichtendienst zufolge gab es auch in weiteren iranischen
Städten Kundgebungen. Drei führende Mitglieder des nationalen
Studentenverbandes wurden in Teheran festgenommen, kurz nachdem sie in einer
Pressekonferenz das von der iranischen Führung verhängte
Demonstrationsverbot angeprangert hatten. In den staatlichen iranischen
Medien war am Donnerstag keine Rede von den Protestzügen.
Uni geschlossen
Mit dem Demonstrationsverbot sollte verhindert werden, dass die jüngsten
Proteste von Mitte Juni wieder aufflammen. Die Behörden hatten im Vorfeld
des Jahrestags zudem angeordnet, die Teheraner Amir-Abad-Universität in der
Zeit vom 7. bis 14. Juli zu schließen. Im Juni hatten vor allem Studenten
tagelang gegen die geistliche Führung des Landes unter Ayatollah Ali
Khamenei demonstriert. Die landesweiten Proteste wurden gewaltsam
niedergeschlagen, tausende Teilnehmer festgenommen.
In der Stadt Kom, rund 120 Kilometer südlich von Teheran, wurden neun
Menschen festgenommen, die in einem Geschäft einen Brand gelegt und einen
Sprengsatz auf eine Polizeistation geworfen haben sollen, wie die
Tageszeitung "Dschomhuri Islami" am Donnerstag berichtete. Die
Festgenommenen hätten die Einwohner von Kom zudem zu Protesten aufgerufen
und regierungsfeindliche Sprüche auf Wände geschrieben. Die Stadt Kom ist
das geistliche Zentrum des Iran.
Vor vier Jahren, am 9. Juli 1999, hatten in Teheran einige hundert Studenten
damit begonnen, für mehr Demokratie und Pressefreiheit zu demonstrieren. In
den Tagen danach entwickelten sich daraus die größten Protestkundgebungen im
Iran seit der Islamischen Revolution 1979.(APA)
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Iran: Krawalle und Festnahmen am Jahrestag der Proteste
aus ORF: www.orf.at
Am vierten Jahrestag der Studentenproteste im Iran ist es Augenzeugen
zufolge zu Straßenschlachten zwischen Jugendlichen, der Polizei und den so
genannten Wächtern der Revolution gekommen.
Ein Augenzeuge berichtete, die Polizei habe Tränengas auf protestierende
Jugendliche abgefeuert, die für mehr Demokratie im Iran in der Nähe der
Universität demonstrieren wollten. Gleichzeitig seien Polizeibeamte
gewaltsam gegen die in Zivil auftretenden radikalen Islamisten, eine Art
Bürgerwehr, vorgegangen, um sie an Prügeleien mit den Jugendlichen zu
hindern.
Festnahmen nach Pressekonferenz
Drei Führungsmitglieder des nationalen Studentenverbandes sind festgenommen
worden. Kurz nach einer Pressekonferenz stürzten sich heute Augenzeugen
zufolge Männer in Zivil auf die drei Verbandsfunktionäre, warfen sie zu
Boden und schafften sie in einem Auto fort.
Insgesamt fünf Mitglieder des Verbands namens Büro für die Festigung der
Einheit hatten auf der Pressekonferenz erklärt, dass sie auf Anraten ihnen
nahe stehender Abgeordneter von einem ursprünglich aus Anlass des
Jahrestages geplanten Sit-in vor dem UNO-Gebäude in Teheran wieder Abstand
genommen hätten.
Kritik an mangelnder Pressefreiheit
Einer der später festgenommenen Redner hatte unter anderem die mangelnde
Pressefreiheit im Iran kritisiert und beklagt, dass die von Staatspräsident
Mohammed Chatami geplanten Reformen zum Stillstand gekommen seien.
Nach seinen Worten sollen die Veranstaltungen zur Erinnerung an den 9. Juli
1999, als mindestens ein Student erschossen und Hunderte verletzt oder
festgenommen wurden, zu Beginn des kommenden Studienjahrs im September
stattfinden. Aus den damaligen Protesten hatten sich in der Folge die
größten Kundgebungen im Iran seit dem Sturz des Schahs und der
Machtübernahme der Mullahs 1979 entwickelt.
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ftd.de, Mi, 9.7.2003, 17:42
Iran: Regime erstickt jeglichen Protest
aus Financial Times (de), Mi, 9.7.2003: www.ftd.de
In Iran brodelt es und die Regierung hält mit aller Kraft den Deckel drauf:
Sie verhaftet Protestführer, drangsaliert Demonstranten, behindert
Journalisten.Dem 9. Juli sah die Teheraner Führung mit äußerster Sorge entgegen.
Anlässlich des vierten Jahrestages der Studentenproteste von 1999 musste sie
mit massiven Protestkundgebungen gegen das Mullah-Regime rechnen. Wochenlang
wurde vorgebeugt. Offiziellen Angaben zufolge wurden seit Mitte Juni 4000
Menschen verhaftet, darunter auch Professoren und Journalisten. "Die
Regierung hat diese Leute präventiv kassiert, um Proteste zu verhindern",
sagte der Vorstand der Liga zur Verteidigung der Menschrenrechte in Iran,
Mahmoud Rafi, der FTD. Er geht davon aus, dass allein in den vergangenen
Tagen mindestens 18 Oppositionelle verschleppt wurden. Ihr Verbleib ist
ungewiss.
Irans religiöser Führer Ali Chamenei
Vor vier Jahren hatten zivile Milizen ein Studentenheim in Teheran
angegriffen und einen Menschen getötet. In der Folge kam es zu fünftägigen
Massenprotesten. Für Mittwoch hatte das Innenministerium jegliche Kundgebung
innerhalb und außerhalb der Universitäten untersagt, Studentenunterkünfte
geschlossen und Prüfungen verschoben.
Hunderte von Polizisten
Hunderte von teilweise bewaffneten Polizisten umstellten die Teheraner
Universität. Dutzende Sicherheitskräfte bewachten die Straßen um das
Uno-Gebäude, vor dem die Studentenvereinigung Tahkim Wahdat (Festigung der
Einheit) ein Sit-In geplant hatte. Tahkim Wahdat zufolge hätten sie
vorgehabt, hart gegen Demonstranten vorzugehen.
"Wir wollten der Bewegung nicht schaden und diesen hohen Preis zahlen",
zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen Studentenführer. Bei der
Absage der Veranstaltung auf einer Pressekonferenz wurden Augenzeugen
zufolge drei der Organisatoren von Mitgliedern einer Bürgerwehr gefasst und
weggebracht. "Wir können nicht von einer Festnahme reden, es war eine
Entführung", so der Studentenführer.
Der religiöse Führer Irans, Ayatollah Ali Chamenei, gegen den sich die
Proteste hauptsächlich richten, bezeichnete die Demonstranten als
"Unruhestifter" und "bezahlte Lakaien der USA", mit denen man "kein
Erbarmen" haben dürfe.
Berüchtigte Schlägertrupps
Navid Kermani, Islam-Wissenschaftler vom Berliner Wissenschaftskolleg hält
die berüchtigten islamistischen Schlägertrupps auch für den Grund, dass es
nur vereinzelt zu kleineren Demonstrationen kam. "Wenn die Leute auf die
Straße gegangen wären, wäre die Lage eskaliert", sagte er der FTD.
Bei den Protesten 1999 standen die iranischen Sicherheitskräfte noch
eindeutig auf Seite dieser Gruppen. Als sie im Juni erneut Studenten in
ihren Wohnheimen überfielen, bemühte sich die Führung um Distanz und nahm
eigenen Angaben zufolge Dutzende der Angreifer fest. Liga-Vorstand Rafi ist
hingegen überzeugt, dass sie ein Instrument des Geheimdienstes sind.
Unterdrückung um jeden Preis
Nach den Großdemonstrationen und den medienwirksamen Selbstverbrennungen von
Exil-Iranern Mitte Juni versucht die Regierung um jeden Preis zu verhindern,
dass der Unmut der Bevölkerung über die Politik Chameneis und von
Ministerpräsident erneut offenbar wird. Denn auch außenpolitisch steht
Teheran stark unter Druck.
Gerade am Mittwoch wären Proteste der Bevölkerung für die Regierung denkbar
ungünstig gewesen. Denn der Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde
(IAEA), Mohamed El Baradei war in Teheran zu Gast, um sich über das
umstrittene iranische Atomprogramm zu informieren. Die USA, die EU und
Russland fordern schärfere Inspektionen des Programms durch die IAEA. Die
Regierung gibt an, es diene allein der zivilen Kernkraftnutzung. Einer
Überprüfung der Anlagen stehe nichts im Wege.
"Nichts zu verbergen"
Kritische Berichte über die geplanten Proteste wollte das Regime am Mittwoch
nach Kräften verhindern. Nach Darstellung des iranischen
Internet-Nachrichtendienstes Emrooz wurden in den vergangenen Tagen die
Einreisebedigungen für internationale Journalisten und Fotografen wesentlich
verschärft. Büros einzelner Journalisten seien zudem durchsucht worden.
Vor dem Hintergrund des El Baradei-Besuchs beteuerte Irans Außenminister
Kamal Charrasi hingegen: "Unsere Aktivitäten waren immer transparent und wir
sind entschlossen, diese Transparenz fortzusetzen, weil wir nichts zu
verbergen haben."
© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP
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Tausende Iraner demonstrieren trotz Verbots in Teheran
aus Neue Zürcher Zeitung (NZZ), Mi. 9.7.2003: www.nzz.ch
Jahrestag der Studentenproteste
Am vierten Jahrestag der Studentenproteste in Iran sind in Teheran Tausende
Demonstranten vor die Universität gezogen. Trotz eines massiven
Polizeiaufgebots und der Absperrung des Campus fuhren viele Teheraner mit
Autos zu dem Gelände.
(sda/afp/Reuters) Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch in
der iranischen Hauptstadt weiter berichtete, hinderte die Polizei radikale
Regierungsanhänger, zu den im Stau stehenden Demonstranten vorzudringen.
Dabei sei es zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Anti-Aufruhr-Einheiten
und radikalislamischen Regierungsanhängern gekommen.
Zuvor hatten iranische Studentenführer am Mittwoch Kundgebungen abgesagt,
mit denen der Proteste am 9. Juli 1999 gedacht werden sollte. Die
Sicherheitskräfte hätten geplant, hart gegen Demonstranten vorzugehen, sagte
ein Studentenführer. «Wir wollten der Bewegung nicht schaden und diesen
hohen Preis zahlen», sagte er.
Nach der Bekanntgabe an einer Medienkonferenz in Teheran waren drei
Studentenführer laut Augenzeugen von Mitgliedern der islamistischen
Bürgerwehr gefasst und weggebracht worden. Bewaffnete hätten mehrere
Studenten, die die Pressekonferenz nach deren Ende verlassen wollten,
angegriffen und drei von ihnen verschleppt, sagte der Studentenführer Matin
Meschkini der Nachrichtenagentur Reuters. «Wir können nicht von einer
Festnahme reden, es war eine Entführung», sagte Meschkini.
Die iranischen Behörden haben wegen der jüngsten Studentenproteste alle
Versammlungen ausserhalb der Universitäten verboten. Mehrere
Studentenunterkünfte wurden geschlossen und Prüfungen verschoben.
Bei den jüngsten, teilweise gewaltsamen Demonstrationen waren im Juni rund
4000 Personen festgenommen worden. Die Studenten hatten unter anderem mit
einer Demonstration vor der Uno-Vertretung in Teheran an die Massenproteste
des Jahres 1999 erinnern wollen. Damals hatten Bürgerwehren eine
Studentenunterkunft der Universität von Teheran angegriffen und eine Person
getötet. Fünf Tage lang war es daraufhin zu Massenprotesten gekommen.

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11 What Iraq Needs Now By Jalal Talabani and Massoud Barzani
Von: Wadi e.V. Wien <wadi_wien@hotmail.com>
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What Iraq Needs Now By Jalal Talabani and Massoud Barzani
09 July 2003
New York Times
What Iraq Needs Now
By JALAL TALABANI and MASSOUD BARZANI
ERBIL, Iraq
Some day, we Iraqis hope to celebrate an Independence Day like the one
Americans have just observed. But for the near future we face the challenge
of translating liberation into democracy - a goal we Kurds will push for
even more diligently now that we have agreed to join the interim Iraqi
administration that will be formed this month. To that end, we will work
closely with the United States to establish security, revive the economy and
build a democratic culture.
Our aims may appear optimistic with American and British forces
struggling to establish order and restore public services in some areas of
Iraq. Yet the picture is not quite as grim as some claim. The assaults on
American soldiers are not "resistance to foreign occupation." Rather, they
are acts of terrorism by the Baathist remnants of the Saddam Hussein regime.
These remnants are so reviled in Iraq that they have had to resort to
foreign volunteers, for few Iraqis will take up arms on their behalf.
Since they lack the support of the people, the Baathists will be
defeated - a process that can be accelerated if we establish a national
security force. That would be one major step toward making Iraq safer.
But another security problem, widespread looting, requires more than
just better policing. The looting has its roots in economic problems. Iraq's
economy is largely moribund. The wages paid by the coalition are often not
enough to make ends meet. Exporting oil will help, but what Iraq really
needs is comprehensive economic reforms to encourage investment. We applaud
the moves, announced this week by American officials, to create a new Iraqi
currency and restructure the central bank, as a welcome start to such
reforms.
One simple way to improve the economy in our part of Iraq, Kurdistan,
is to ensure that the Kurds receive the money allocated to them by the
United Nations oil-for-food program. It is a scandal that $4 billion
destined for the Kurds sits, unused, in a United Nations-controlled French
bank account because of past obstruction by Saddam Hussein and the present
incompetence of the United Nations bureaucracy. The delays by the United
Nations are particularly frustrating because of rules that require the money
to go into a general Iraqi development fund if it isn't spent by October. We
have repeatedly sought assurances from the coalition that this money will
not be lost to Iraqi Kurdistan. So far, the coalition response has been
unclear.
Let us be clear, however. We are not seeking lavish handouts from
American taxpayers or the international community - we are asking only for
what is rightfully ours. And any perception that the Kurds, the United
States' closest ally in Iraq, are being let down will dishearten the many
other Iraqis who want to work with the United States.
Not releasing that money also means not addressing a critical issue of
justice - reversing decades of ethnic cleansing that has forced close to one
million people in Iraqi Kurdistan from their homes. Just a small fraction of
the oil-for-food money would finance the return of many of those who were
evicted, and pay for the decent resettlement of the Arabs who took over
their land. Thus far we have averted the chaos of a flood of displaced
families trying to return home by counseling patience to the Kurds, Turkmens
and Assyrian Christians who were forced out. This patience, however, is not
infinite. In the coming months we want to work with the coalition to set up
a fair, transparent mechanism to allow these people to come home.
Thus far, the coalition has taken important steps toward promoting
democracy. But aspects of the overall strategy remain vague. What Iraqis
have learned from their encounters with American soldiers and officials is
that they seek to democratize, not to dominate. While we are working with L.
Paul Bremer III, the American occupation administrator, to set up
constitutional councils to initiate the political process, we need to mark
out a clear path toward national elections and representative government, so
that Iraqis have some sense of certainty about their political future. One
positive development is that the main Iraqi political groups have been able
to reach consensus on the next stage of self-governance in Iraq.
Also crucial to realizing President Bush's vision of a democratic Iraq
is his, and our, belief in a federal Iraq. For too long, both Baathist and
Arab nationalist regimes held Iraq together by brute force. That is no
longer an option. Iraq was a state imposed upon its inhabitants, a country
whose preservation has cost too many lives. The new Iraq has to be
different, a democratically created state that reflects the will of its
peoples and accommodates their diversity. For that reason, and with United
States backing, we advocate a federal system of government. Iraqi federalism
will of course differ from that of the United States, but the fundamental
principle will be the same: a balanced system of government with
considerable local autonomy and a sovereign, federal center.
Democracy in Iraq will take time to establish itself. For more than
three decades, Iraqis endured a regime that carried out genocide, including
the anti-Kurdish Anfal campaign of 1987-88, which littered the country with
mass graves and "disappeared" hundreds of thousands. Iraq was a society
where the faintest hint of dissent could lead to a death sentence, as the
Kurds gassed in Halabja discovered.
The first building blocks of Iraqi federalism and democracy have
already been laid in Iraqi Kurdistan. Thanks to protection from American and
British air power, facilitated by Turkey, Kurds have had 12 years of a
sometimes faltering, but ultimately hopeful, experiment in self-rule,
openness and pluralism. With continued help from the United States, and with
our work on the interim Iraqi administration, what has become known as the
Kurdish experiment in democracy can be a model for all of Iraq.Jalal Talabani is secretary general of the Patriotic Union of Kurdistan.
Massoud Barzani is president of the Kurdistan Democratic Party.


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Redaktionsschluss: 10. Juli 2003, 23.00 Uhr
Diese Ausgabe hat Heinz Nessizius widerstand@no-racism.net
zusammengestellt



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