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Donnerstag, 19. Februar 2004

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  Schickt uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen per Email an: widerstand at no-racism.net
Oder via Webformular anonym an die gleiche Adresse: no-id.com
 
Archiv  
  Hier findet ihr das MUND-Archiv aller Aussendungen seit dem Februar 2000.  
Editorial  
 

Ziel des widerst at nd-MUND (MedienUnabhängiger NachrichtenDienst) ist die möglichst rasche Information über gesellschaftspolitisch relevante Termine, Hinweise und Diskussionsbeiträge zu Widerstand und Antirassismus sowie verwandten Themen ... -> weiter

 
Update  
  Die stehts aktualisierten Widerstandsseiten präsentiert von popo.at

 
     
 

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INHALTSVERZEICHNIS  
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01 Seibane Wague - Bitte um Mithilfe!
Von: Christian Apl <christian.apl at kabsi.at>
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02 Tschetschenische Flüchtlinge
Von: asyl-in-not <asyl-in-not at asyl-in-not.org>
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ZUR DISKUSSION
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03 Drogendealer, Ausländer und Wahlrecht:
zu Franz Parteder und Ernst Kaltenegger

Von: Roland Atzmuller <rolandatzmuller at hotmail.com>
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BERICHTE UND MEINUNGEN
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04 Marxismus-Leninismus: Das Musical
Von: Parteder Franz <Franz.Parteder at stadt.graz.at>
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05 Aethiopien: Eines der vielen Enden dieser Welt
- Briefe aus Afrika. Teil I

Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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06 Tiroler SchülerInnenparlament
- Recht auf SchülerInnengrundrechte!

Von: Romana Brait <bsv at reflex.at>
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07 offener brief an die oesterreichische post ag
Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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08 Antisemitismus/Debatte: Was sind alle?
Antisemiten! - Kommentar zu einem Schiedel-Interview

Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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09 Geschichte/Debatte: Bitte um Milde -
Zum Verhalten der Sozialdemokratie im Jahre 1934

Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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REDAKTIONELLES  
 

Diese Ausgabe hat Heinz Nessizius widerstand at no-racism.net zusammengestellt
Für diese Ausgabe nicht aufgenommen: 2 artikel nicht aufgenommen, 2 zur diskussion zurückgestellt.
1 artikel mit attachment nicht aufgenommen
bitte keine attachments einsenden.

 
  Bei weiteren Fragen bitte zuerst unser Editorial lesen.  
     
INHALT  
 

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01 Seibane Wague - Bitte um Mithilfe!
Von: Christian Apl <christian.apl at kabsi.at>
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*** Mit der Bitte um Bekanntmachung

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr!
Am 15. Juli des vergangenen Jahres ist der mauretanische Atomphysiker
Seibane Wague bei einer Amtshandlung der Wiener Polizei zu Tode
gekommen. Rechtswidrig, wie nun auch von einem unabhängigen Senat (UVS)
festgestellt wurde.
Das ignorante Verhalten gegenüber rechtsstaatlichen Verfahren von
Innenminister Strasser, Polizeipräsident Stiedl und der involvierten
PolizistInnen behindert die lückenlose Aufklärung des Vorfalls. Das
wollen wir nicht einfach hinnehmen. Deshalb bitten wir Sie, sich mit 30
Euro an einem selbstfinanzierenden Inserat zu beteiligen, das wir
zunächst in einer österreichischen Tageszeitung schalten wollen. Den
Inseratentext finden Sie untenstehend.
Bitte informieren Sie uns ehestmöglich per mail an die Adresse
mailto:seibane at sos-mitmensch.at mit welchem Namen (Organisation oder
Privatperson) Sie genannt werden wollen. Natürlich nehmen wir auch gerne
anonyme Kostenbeiträge entgegen. Wir möchten aber auch diesmal zur
Betonung der Überparteilichkeit auf die Unterstützung von wahlwerbenden
Gruppen und deren (ehemaligen) SpitzenvertreterInnen verzichten.
Wenn genügend Zusagen eingelangt sind, informieren wir Sie über den
Zeitpunkt der Schaltung und die Zahlungsmodalitäten.
Mit freundlichen Grüssen,
Philipp Sonderegger, SOS Mitmensch
Wien, 10.2.04

*** Beginn Inseratentext
Aufruf an Bundesminister Ernst Strasser
Im Juli 2003 starb Seibane Wague in der Obhut der Polizei. Der
Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat festgestellt, dass die Polizei
rechtswidrig gehandelt hat und dass der Atomphysiker Opfer von
Verletzungen seiner Menschenrechte auf Leben sowie auf Schutz vor
unmenschlicher Behandlung wurde.
Herr Minister Strasser, Sie haben sich nach dem Tod Seibane Wagues
demonstrativ hinter Ihre BeamtInnen gestellt und ihnen "angemessenes und
ausbildungsgemässes" Handeln attestiert. Für diese war Ihre Erklärung
auch Ermutigung, vor einem unabhängigen Gericht gesetzeswidrig die
Aussage zu verweigern und die menschenrechtliche Aufklärung zu
behindern. Heute hingegen schweigen Sie!
Dies empfinden wir als einen Angriff auf uns alle - auf die Grundlagen
unseres Zusammenlebens. Es gehört zu den unverzichtbaren Grundsätzen
eines demokratischen Rechtsstaates, dass BeamtInnen dem Gesetz
entsprechend handeln. Und es gehört zur wesentlichen Aufgabe eines
Ministers, die Gesetzmäßigkeit des Handelns seiner BeamtInnen durch
geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Weiters müssen Organe, die das
staatliche Gewaltmonopol mit der Waffe ausüben unter besonderer
Kontrolle durch unabhängige Institutionen stehen.
Wir fordern Sie daher auf, sich bei der Witwe und der Familie des
Verstorbenen für das geschehene Unrecht zu entschuldigen, zur
festgestellten Menschenrechtsverletzung Stellung zu nehmen, sowie die
gebotenen rechtlichen und politischen Konsequenzen zu ziehen.
Für den Rechtsstaat und die Achtung der Menschenwürde aller in
Österreich lebenden Menschen Engagierte

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02 Tschetschenische Flüchtlinge
Von: asyl-in-not <asyl-in-not at asyl-in-not.org>
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Tschetschenische Flüchtlinge:
BH Gmünd hat Anträge nicht protokolliert.
Sicherheitsdirektion weist Berufungen ab.
Asylamt versteht unsere Anträge nicht.
Strasser lässt einsperren - und bereitet Schlimmeres vor

Die Sicherheitsdirektion Niederösterreich hat unsere Berufungen gegen die
Aufenthaltsverbote abgewiesen, welche die Bezirkshauptmannschaft Gmünd zu
Allerheiligen vorigen Jahres über unsere tschetschenischen Klienten verhängt
hatte, ehe man sie über die Grenze zurückschob.
Lapidare Begründung: Die Tschetschenen hätten gar keine Asylanträge
gestellt. Jedenfalls sei nichts dergleichen zu finden in den Protokollen der
BH Gmünd... Und man könne doch nicht bei jedem "illegalen Grenzgänger", der
durch einen Fluß watet, vermuten, daß er ein Flüchtling sei!
Und was nicht protokolliert wurde von Strassers braven Beamten in Gmünd, das
kann ja wohl auch nicht geschehen sein. Oder? Unsere Beweisanträge, die
Beamten und die Tschetschenen als Zeugen zu befragen, wurden von der
Sicherheitsdirektion "nicht einmal ignoriert".
Die schriftlichen Erklärungen der Tschetschenen, sie hätten beim Durchwaten
des Grenzflusses "Asyl" geschrieen, finden auch keine Erwähnung in den
Bescheiden der Sicherheitsdirektion; ebenso wenig ihre Vermerke auf unseren
Vollmachten, sie hätten ihre Asylanträge nicht freiwillig zurückgezogen.
Das sind ziemlich viele Verfahrensfehler auf einmal; Rechtsanwalt Georg
Bürstmayr und Rechtsanwältin Nadja Lorenz werden daher nun Beschwerden an
den Verwaltungsgerichtshof erheben.
Pointe am Rande: Die Bescheide der Sicherheitsdirektion stammen von einem
alten Bekannten - Herrn Aschauer, vormals Asylamt Wien. Seine rechtswidrigen
Bescheide hatten wir jahrelang bekämpft und öffentlich angeprangert, bis er
zermürbt das Handtuch warf und sich nach St.Pölten versetzen ließ, wo Herr
Strasser für ihn eine Verwendung fand. So sieht man sich wieder. Er wird uns
nicht los.
Auch das Bundesasylamt trägt zu unserer Erheiterung bei. Es hat nämlich die
von uns angeblich am 15.1.2004 für unsere tschetschenischen Klienten
gestellten Asylanträge als unzulässig zurückgewiesen. Begründung: Unsere
zurückgeschobenen Klienten befinden sich leider nicht in Österreich...
Wir haben aber in unseren Schriftsätzen vom 15.1.2004 gar keine Asylanträge
gestellt, sondern Anträge auf Zustellung von Ladungsbescheiden und auf
Bescheinigung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, damit unsere
(rechtswidrig zurückgeschobenen) Klienten nach Österreich zurückkehren und
hier ihre Asylverfahren weiterführen können.
Ihre Asylanträge haben sie nämlich (auch wenn das nicht in den Protokollen
der BH Gmünd steht) schon am 1. November 2003 ganz ohne unsere Hilfe
gestellt.
Die Bescheide des Bundesasylamtes gehen also voll daneben. Sie sind von
Herrn Wohlmuth unterzeichnet, dem Leiter der Außenstelle Wien. Hat er unsere
Anträge nicht gelesen? Oder womöglich - nicht verstanden? Das wollen wir
doch nicht annehmen.
Wir werden nun Berufungen an den Unabhängigen Bundesasylsenat erheben. Und
wir halten jetzt schon fest, daß Herrn Wohlmuths Bescheide keine Erledigung
der (am 1. November gestellten) Asylanträge unserer tschetschenischen
Klienten sind.
Sollte über diese Anträge bis 1. Mai (sechs Monate nach Antragstellung) noch
nicht entschieden sein, dann wäre die Behörde säumig dann könnten wir nicht
umhin, Devolutionsanträge an den UBAS zu stellen. Der könnte dann endlich in
der Sache entscheiden. Mit guter Erfolgsaussicht.
Denn bekanntlich ist die Anerkennungsquote bei tschetschenischen
Flüchtlingen sehr hoch. Sie sind nämlich durchwegs vor politischer
Verfolgung und ethnischen Säuberungen geflohen. Eigentlich müsste Österreich
ihnen prima facie, auf den ersten Blick, Asyl gewähren.
Trotzdem sperrt man Tschetschenen in Österreich ein. Ohne Gerichtsverfahren,
ohne Delikt - aus keinem anderen Grund, als weil sie so dreist waren,
Schutz zu suchen in diesem gastfreundlichen Land.
In Salzburg - das hören wir soeben hören wir von der dortigen
Amnesty-Flüchtlingsgruppe - sitzen elf Tschetschenen in Schubhaft. Ihre
verzweifelten Frauen und Kinder wurden von ihnen getrennt und ins Lager
Traiskirchen gebracht. Eine der Frauen ist hochschwanger, eine andere schwer
traumatisiert. Die Kinder sind 3 bis 5 Jahre alt. Täter ist einmal mehr die
BH Gmünd.
Zu alledem beschimpft Herr Strasser die Tschetschenen auch noch: Sie hätten
ihre Kinder "als Schutzschilde mißbraucht". Schutzschilde - wogegen? Wollte
er auf sie schießen lassen? Seine Wortwahl lässt diesen Schluß zu. Sie steht
auch in gutem Einklang mit Vergewaltigung und Zigarettenfolter in
Traiskirchen; die Medien berichteten darüber. So weit sind wir gekommen.
Das alles ist nur ein Vorgeschmack auf die Zeit nach dem 1. Mai. Dann tritt
Strassers Antiasylgesetz in Kraft. Dann beginnt erst die Menschenjagd im
großen Stil. Wir werden darauf vorbereitet sein.
Michael Genner,
Asyl in Not
1090 Wien, Währingerstraße 59
Tel. 408 42 10-15
Spendenkonto:
Asyl in Not
Bank Austria - Creditanstalt
Bankleitzahl 20151
Kontonummer 698 035 557

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ZUR DISKUSSION
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03 Drogendealer, Ausländer und Wahlrecht: zu Franz Parteder und Ernst
Kaltenegger
Von: Roland Atzmuller <rolandatzmuller at hotmail.com>
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Widerstandsrelevant?
Was hat das folgende populistische Statement von Franz Parteder
und/oder Ernest Kaltenegger, dass von drogenpolitischer
Ahnungslosigkeit und autoritären sicherheitspolitischen Vorstellungen
gekennzeichnet ist, im widerstandsmund vom 18. Februar verloren?
"KPÖ-Stadtrat Ernest Kaltenegger sagt dazu lapidar: Drogendealer
sollten prinzipiell nicht wählen dürfen, sondern hinter Gittern
sitzen." Die beiden sind darauf hinzuweisen, dass sie 'prinzipiell'
besser keine 'lapidaren' Feststellungen zum Wahlrecht und zu
Drogendealern machen sollten, nur um die FPÖ im Bereich Law and Order
zu übertreffen (man wird nämlich sonst den Eindruck nicht los, man
sollte Parteikommunisten überhaupt keine Aussagen zum Wahlrecht oder
zur Drogenpolitik machen lassen).
Paragraf 22 der Nationalratswahlordnung sieht vor, dass vom Wahlrecht
nur ausgeschlossen werden kann, wer zu einer mehr als einjährigen
Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Ausschluss
endet 6 Monate nach Verbüßung der Strafe. Dass eine linke Position
daher kritisieren müsste, dass Strafgefangene ihrer politischen Rechte
verlustig gehen, sei hier nur am Rande erwähnt. Ebenso, dass es keine
linke Position sein kann, Gefängnisse als adäquates Mittel zur Lösung
gesellschaftlicher Probleme (Illegalisierung des Dorgenkonsums und
-handel, Drogensucht) anzusehen. An der Utopie von der gefängnisfreien
Gesellschaft ist weiter festzuhalten (Aber vermutlich war Christian
Broda ja auch deswegen ehemaliger Kommunist). Zur Funktion des
Drogendealer-Diskurses im rechtspopulistisch-autoritären Diskurs zur
inneren Sicherheit, könnten die beiden Herren sich bspw. unter
http://www.kurswechsel.at/100sohler.pdf kundig machen.
Zur Information: Das Suchtmittelgesetz unterscheidet zwischen
Verbrechen (§ 28) und Vergehen (§ 27). Letzteres (Handel und Besitz
mit kleinen Mengen) sieht eine Haftstrafe bis zu 6 Monaten vor, außer
das Suchtmittel wird Minderjährigen weitergegeben/überlassen (Absatz
1, Haftstrafe bis zu 3 Jahre). Personen die selbst drogenabhängig sind
und kleinere Mengen 'gewerbsmäßig' oder als 'Bande' vertreiben, sind
nach Absatz 1 zu verurteilen. Paragraf 28 bezieht sich auf 'große
Mengen' Suchtgift und sieht je nach Schwere des Deliktes einen
Strafrahmen von 3 bis 20 Jahren vor.
Laut dem Bericht zur Drogensituation 2002 des ÖBIG erfolgen zwei
Drittel aller Verurteilungen aufgrund Paragraf 27. Außerdem führen von
etwa 38.000 Anzeigen (60% davon wegen Cannabis) nur etwa 3.800 zu
Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz.

Wem der Bericht des ÖBIG zu lang ist, Kurzinfos zur Drogensituation in
Österreich unter: http://www.u-n-o.org/de/Article/14 Wahlordnung
(Auszug) Wahlausschließungsgründe Wegen gerichtlicher Verurteilung §
22. (1) Vom Wahlrecht ist ausgeschlossen, wer durch ein inländisches
Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer
Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig
verurteilt worden ist. Dieser Ausschluß endet nach sechs Monaten. Die
Frist beginnt, sobald die Strafe vollstreckt ist und mit
Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen vollzogen oder
weggefallen sind; ist die Strafe nur durch Anrechnung einer Vorhaft
verbüßt worden, so beginnt die Frist mit Rechtskraft des Urteils.
Suchtmittelgesetz § 27, Absatz 2 des SMG lautet: Wer den bestehenden
Vorschriften zuwider ein Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt,
einführt, ausführt, einem anderen überläßt oder verschafft, ist mit
Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen zu bestrafen. 2) Der Täter ist mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren zu bestrafen, wenn er 1. durch die im Abs. 1 bezeichnete
Tat einem Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglicht und
selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige
ist oder 2. die im Abs. 1 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als
Mitglied einer Bande begeht; wer jedoch selbst an ein Suchtmittel
gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb begeht, um sich für den
eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu
verschaffen, ist, sofern nach den Umständen von einer Gewöhnung
ausgegangen werden kann, nur nach Abs. 1 zu bestrafen.

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BERICHTE UND MEINUNGEN
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04 Marxismus-Leninismus: Das Musical
Von: Parteder Franz <Franz.Parteder at stadt.graz.at>
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Das erste marxistisch-leninistische Musical der Welt
In Norwegen wird demnächst das wahrscheinlich erste
marxistisch-leninistische Musical der Welt aufgeführt. Wie der Rote
Wahlverbund (RV) auf seiner Website http://www.rv.no mitteilt, sind schon
fast alle 600 Eintrittskarten für die Vorstellungen im Osloer Parktheater
(19. - 22. Februar) verkauft. Das Musical wurde von der radikalen
Kulturgruppe Opplysningskontoret (in etwa: Aufklärungsbüro) erarbeitet.
Nähere Informationen darüber gibt es in Norwegisch auf folgender Site:
http://www.sosialisme.no/ml/

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05 Aethiopien: Eines der vielen Enden dieser Welt - Briefe aus Afrika. Teil I
Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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Aethiopien:
Eines der vielen Enden dieser Welt
Lisa Langbein war als freiwillige Helferin fuer "Aerzte ohne Grenzen"
(Médécins Sans Frontieres, MSF) nach Boditi /Aethiopien gereist. Wir bringen
ihre Aufzeichnungen ueber siebeneinhalb Wochen Einsatz in Fortsetzungen.
Kasten: Zum Hintergrund
MSF ARBEITET SEIT 1984 IN AeTHIOPIEN; Das Land wird wegen jahrelanger
Duerreperioden immer wieder von Hungerkatastrophen heimgesucht. Anfang 2000
wurde die Zahl der vom Hunger bedrohten Menschen von der Regierung und dem
World Food Program mit 8 Millionen angegeben, Ende 2002 waren es bereits 14
Millionen Die Nachwehen des Krieges mit Eritrea und der Buergerkrieg in der
Region Ogaden machen den Einsaetze der Hilfsorganisation gefaehrlich.
Aufgaben, die sich die Hilfsorganisation stellt, sind zahlreiche
Noternaehrungsprogramme im Rahmen der Katastrophenhilfe, sie organisiert in
vielen Regionen Basisgesundheitsversorgung, Wasserversorgung, betreut
Impfprogramme, Gesundheitszentren fuer HIV-Praevention und Behandlung und
Praevention anderer sexuell uebertragbararer Krankheiten. Endemische
Krankheiten die in Aethiopien stark verbreitet sind wie z.B. Meningitis,
Tuberkulose und chronische Unterernaehrung werden in Gesundheitszentren
und Kliniken behandelt. Derzeit arbeiten 45 Freiwillige und 427 nationale
Mitarbeiter in den Programmen des MSF.
INFORMATIONEN ZUR POLITISCHEN LAGE (amnesty international, Bericht 2002):
Der zweijaehrige Krieg zwischen Eritrea und Aethiopien war im Jahr 2000
offiziell beendet, die Grenzregion wird seither von einer UN-Truppe
ueberwacht. Bei anhaltenden regionalen Konflikten in Eritrea werden jedoch
bewaffnete Oppositionsgruppen von der aethiopischen Regierung unterstuetzt,
waehrend von Eritrea aus aethiopische bewaffnete Oppositionsgruppen in
verschiedenen Konfliktherden im Kampf gegen Regierungstruppen unterstuetzt
werden. Das aethiopische Militaer geht bei Verdacht auf Zugehoerigkeit zu
den Oppositionsgruppen und auch ohne solche Verdachtsgruende zur Vergeltung
eigener Verluste aeusserst brutal gegen die eigene zivile Bevoelkerung vor
(extralegale Hinrichtungen, Folterungen, Vergewaltigungen). Bei
Kampfhandlungen zwischen verschiedenen Volksgruppen wurden Dutzende Menschen
getoetet und Tausende aus ihren Wohnorten vertrieben. Unabhaengige
Journalisten wurden auch 2002 von der Regierung bedroht, festgenommen und
inhaftiert. Der aethiopischen Polizei wird wiederholt die Toetung von
Teilnehmern an ueberwiegend friedlichen Demonstrationen vorgeworfen;
Massenverhaftungen, Misshandlung und Folterungen von Haeftlingen sind an der
Tagesordnung. Tausende Untersuchungshaeftlinge sind ohne Anklage in Haft,
ohne Kontakt zur Aussenwelt. amnesty international vermutet, dass zahlreiche
Gefangene, deren Aufenthaltsort unbekannt ist, verschwunden sind, dh. dass
sie vermutlich extralegalen Hinrichtungen zum Opfer gefallen sind. Es gibt
zahlreiche Berichte ueber Folterungen von politischen Haeftlingen, vor allem
solchen, denen Kontakte zu Gruppen der bewaffneten Opposition unterstellt
werden. Die Gerichte gingen den Foltervorwuerfen nur in wenigen Faellen
nach. Die Regierung nahm zu diesen Vorwuerfen Stellung, indem sie die
Untersuchung von polizeilichen Uebergriffen in Aussicht stellte; auch
Probleme bei den Gerichtsverfahren gegen politische Haeftlinge wurden
eingeraeumt. (MSF, ai/akin)
*
Briefe aus Afrika. Erster Teil.
*Dienstag, 9. Dezember
Schlussendlich bin ich doch in Boditi gelandet... und schon den zweiten Tag
da. Es ist gruen, gar nicht allzu warm und noch recht verwirrend.
Aber vom Anfang: In grosser Eile von Wien nach Genf und dann das erste
Warten. Es gab naemlich erst wieder fuer Donnerstag einen Flug nach Addis
Abeba. Viele Gespraeche im MSF-Buero in Genf natuerlich und auch viele
Leerlaeufe. Malaria ist ein grosses Problem weltweit und besonders in
letzter Zeit beschaeftigt es MSF sehr. Die meisten Malariamittel sind
unwirksam geworden, weil die Erreger inzwischen immun dagegen sind. Es gibt
ein neues (sehr altes, chinesisches) Mittel (Artemisinin), das ausgezeichnet
hilft und keine Resistenzen bildet. Nur, es ist schwer, die Menschen davon
zu ueberzeugen. So arbeiten sie in Aethiopien mit zweifelsfrei sehr oft
schon unwirksamen Medikamenten. Und ausserdem habe ich in Genf schon
Marianne kennengelernt, sie ist meine unmittelbare Chefin, sie macht die
"field coordination". Ich glaub, sie hatte mindestens ebensoviel Angst wie
ich...
Irgendwann, genauer am Donnerstag frueh wars dann soweit. Der Flug ging
ueber Frankfurt nach Addis. Ich sollte medizinische Tests mitnehmen, die
eine Kuehlkette brauchen und in meinem Hotel gab es keinen Tiefkuehler, also
hab ich in den Geschaeften in der Gegend herumgefragt und meine
Kuehlelemente haben in einer Baeckerei uebernachtet, ich holte sie in der
Frueh und dann gings ab mit dem Bus und den drei Taschen... hat auch
funktioniert.
Drei Stunden in Frankfurt, das war nicht so schlimm, und dann sieben Stunden
Flug nach Addis. Hier ist die Zeit zwei Stunden voraus, also wars schon halb
zwoelf bei der Ankunft, und die Schlange war lang, sehr lang. Eine Stunde
bis zur Passkontrolle, dann aber problemlos. Ein Taxifahrer mit einem
MSF-Schilderl hat auf mich gewartet und mich ins Gaestehaus gebracht. Es war
halb zwei bis ich im Bett war und nicht schlafen konnte...
Dann Addis, ein Zettel erklaerte mir, dass ich um halb neun im MSF-Buero
sein sollte. Anara, die Administratorin hat mir einiges erklaert (unter
andrem auch, dass ich erst Sonntag weiterreisen werde) und dann auch der
Logistiker, vor allem ueber Sicherheit, die aber hier eigentlich kein
Problem ist, es ist sicher.
Addis - eine riesengrosse Stadt. Liegt 2500 m hoch, blauer Himmel mit vielen
Wolken aller Art, viele Menschen zu Fuss, die Hauptstrassen gepflastert, die
Nebenstrassen aber nicht. Enormes Leben und Treiben. Aufgefallen ist mir,
dass die Menschen hier offenbar zu Hause essen, es gibt kaum bis kein
Nahrungsangebot an den Strassenraendern oder auf dem Markt. Auf dem grossen
Markt war ich nicht, aber einen kleineren hab ich zu Fuss gefunden. Habe
kein Stadtzentrum gesehen, der Reisefuehrer sagt, es gibt nicht eines,
sondern mehrere oder keines, je nachdem wie mans sehen will. Angeblich hat
Addis jetzt drei Millionen EinwohnerInnen.
Sonntag frueh fuhren wir ab. Eine Sechs-Stunden-Reise mit dem Auto. Richtung
Sued-west von Addis. Lange gerade Strasse, viele Unfaelle zu sehen, und
streckenweise hats ausgeschaut wie auf der Trabrennbahn. Sie haben hier so
zweiraedrige Wagerln, nur natuerlich selten mit einem noblen Pferd, oefter
mit Esel und Mulis.
Boditi. Eine jaehrlich wiederkehrende gruene Hungersnot... 2008m hoch
gelegen, so hat Robin der Logistiker gesagt. Gruen, sanfthuegelig, sehr
bevoelkert. Unser Camp ist recht gross. Viele kleine Haeuser und Huetten um
ein grosses herum. In einem der kleinen wohne ich, Bambus, Stelzen,
Schilfdach. Im grossen Tukul in der Mitte sind die Tische und Sessel sowie
eine riesige Feuerstelle. Da gibts jeden Abend Lagerfeuer, was fein ist,
weil es wird doch recht kuehl. Ihr koennt euch vorstellen: viel Gruen,
Baeume, Straeucher, Blumen, Rasen, Schilfdaecher und Wellblechdaecher
dazwischen.
*Mittwoch, 10. Dezember
Wenn ich vielleicht auch an einem der vielen Enden der Welt bin, eines ist
sicher, allein bin ich da nicht. Es ist eine sehr bevoelkerte Region, 600
bis 700 Menschen pro Quadratmeter. Das ist wohl auch einer der Gruende fuer
die Hungersnoete, die regelmaessig auftreten. Ein weiterer Grund ist sicher,
dass es sich um eine Minderheits-Bevoelkerung handelt. Die meisten koennen
die aethiopische Landessprache - Amharik - nicht, hier gibts eben eine
eigene Sprache, und eine Bevoelkerung, die nicht zum Auswandern neigt. Sogar
die Studenten kommen wieder heim, die Menschen haengen sehr an ihrer Region,
sagt man. Aber wenigen gehoert das Land, auf dem sie leben und einige machen
mit dem zu wenigen Boden Lebensmittel-Geschaefte mit Addis, dort ist der
Preis besser. Und Boden gibts so oder so etwas zu wenig fuer die vielen
Menschen. Auch die Regenzeiten tun hier nicht das, was sie taten oder tun
sollen, sie kommen spaeter, heftiger oder weniger, jedenfalls so, dass die
Ernte nicht kommt. Der Hunger kommt ziemlich regelmaessig.
Und das Wetter, das sich aendert, bringt noch was mit, naemlich die Malaria.
Die sollt es so hoch oben eigentlich gar nicht geben. Ist auch noch ein
bisserl gueltig, hier in Boditi selbst gibts wenig Malaria. Aber schon in
den Nachbarorten, vielleicht hundert Meter tiefer, da gehts zu wie wild.
Es gab ein Fest gestern. Weil es einen Wechsel in der Fuehrung der Mission
gibt, war ein Abschied faellig. Eine aethiopische Volksmusikgruppe spielte
und tanzte. Das begann am spaeten Nachmittag im Ernaehrungszentrum.
Beeindruckend, wieviel Freude die Menschen damit hatten, wie sie strahlten
und mittanzten. Dort sind tatsaechlich die Aermsten der Armen, abgemagert
mit grossen Augen und ganz schaebigen Kleidern. Abends gabs dann ein Fest
fuer die MSFlerInnen, auch das sind ganz schoen viele hier, aber nicht so
arm dran.
Unglaublich wie die tanzen koennen, entweder die Knochen sind elastisch oder
sie haben einfach mehr Gelenke als unsereins... Das Hauptinstrument neben
den Trommeln schaut recht witzig aus, wie eine Mandoline mit Ecken, die
gestrichen wird mit einem Bogen der ausschaut wie Pfeil und Bogen, klingen
tuts dann eher wie ein Dudelsack. Aber angenehm zum hoeren.
*Freitag, 12. Dezember
Unglaublich wie die Zeit vergeht, es ist tatsaechlich Freitag.
In der letzten Zeit war ich viel unterwegs, um unsere Malariakliniken zu
besuchen, jetzt hab ich den Bereich gewechselt und werde mich ums Sammeln
von Daten und die Statistik kuemmern, es sind naemlich noch zwei
Krankenschwestern eingetroffen. Lucia aus Deutschland und Leila aus
Norwegen. Die beiden werden sich um je eine unserer beiden Kliniken
kuemmern. Es handelt sich dabei um eine Art Feldlazarette, eingerichtet um
schwere Malaria zu behandeln und damit direkt und unmittelbar Todesfaelle zu
verhindern. Buge und Tomtome Menta heissen die beiden Orte und sie sind
zwanzig (Buge) und vierzig Autominuten von Boditi entfernt. Besonders
Tomtome Menta liegt recht abseits, wenns fuer uns schon nicht so leicht
erreichbar ist, wie schwierig ists erst fuer die Menschen von dort - krank -
nach Boditi zu reisen..
Ausser diesen beiden Kliniken haben wir noch immer das TFC (Therapeutic
Feeding Center = Ernaehrungszentrum) hier in Boditi. Auch wenn es noch viele
schwerst unterernaehrte Kinder dort gibt, es mutiert schon seit einer Weile
in ein Kinderspital mit einem Malariaschwerpunkt. Das TFC Boditi ist nicht
weit von unserer Unterkunft, wird aber trotzdem immer mit dem Auto
angefahren, weil die Strasse sehr bevoelkert ist und weisse Menschen
(Ferengi) etliches Aufsehen erregen.
War mit dem Statistik-Team unterwegs. In raschem Fusstempo durch Orte, bei
jedem Haus, die meisten sind Rundhuetten wie im Bilderbuch, es geht sich wie
durch ein Freilandmuseum. Wir fragen wieviele Menschen hier wohnen, ob
welche Fieber haben, wenn ja, wie behandelt und ob in den letzten zwei
Wochen wer gestorben ist. Viele viele Menschen (und das Vieh) wohnen in
einem Haus, 5 bis 8 meist, viele Haeuser relativ knapp beinand.
Suesskartoffel, Mais, Kaffee, Tabak, Getreide und Bananen hab ich gesehen.
Fusswegerl auf hellroter Erde (berglauf und berglab) fuehren durch gruene
Landschaft. Sehr huebsch, ziemlich ermuedend fuer mich natuerlich. Aber ich
wollte sehen, wie sie und was sie tun.
*Samstag, 13.Dezember
Kaum hab ich die Statistik-Teams uebernommen, schon haben wir sie in freie
Tage geschickt. Das Ganze ist naemlich etwas planlos und teilweise
kontraproduktiv. Wir muessen das neu planen und neu starten. Also hab ich
nach drei meetings alle bis Dienstag fortgeschickt und das Buero angefangen
zu ordnen und war nachmittags ins TFC beordert, Blut zu spenden. Malaria
macht ueberhaupt, besonders aber bei Kindern starke Blutarmut, das wird dann
lebensbedrohlich und wenns einmal soweit ist, dann hilft nur mehr Blut. Aber
meins hat diesmal nicht gepasst. Wir braeuchten hier uebrigens dringend
Mitarbeiterinnen, die Rhesus negativ sind... ansonsten sind wir derzeit eher
zu viele als zu wenige.
Sehr oft wird man hier zu Kaffee eingeladen. Es gibt eine Kaffee-Zeremonie.
Der Kaffee wird in einer Pfanne geroestet und darf dann auskuehlen. Dann
wird er in einem Holzbehaelter mit einem Stock gestampft, also gemahlen, mit
siedendem Wasser uebergossen und in kleine Tassen (anderswo Teetassen)
gegossen und verteilt. Dann wird nochmals heisses Wasser draugeschuettet,
drei Tassen kriegt so jede/r.
Eine Umstellung ist die Zeit hier. Wir sind irgendwo in der ersten Haelfte
von 1996, das hab ich noch nicht durchschaut. Aber auch die Rechnung der
Tageszeit ist ganz anders. Hier beginnt der Tag um sechs Uhr frueh mit Null
Uhr. Also ist unser Arbeitsbeginn um 2 Uhr, weil da ists acht. Das Statistik
Team beginnt schon um 1.30. Also ist jede Vereinbarung vorsichtig zu
treffen, weil wann treffen wir uns, wenn wir um zwei Uhr ausmachen? Abessha
time oder Ferengi time?
Und das Wetter? Derzeit prachtvoll. Was das heisst? Na, in der Nacht wirds
sehr frisch. Ich hab dreimal um sechs Uhr frueh nachgeschaut, 13, 10, 8
Grad. Tagsueber wirds dann recht warm, zunaechst bleibts im Schatten kalt,
dann wirds auch dort fein. In meinem Zimmer hats tagasueber so 24 Grad. Die
Sonne ist aber stark, fast Aequator und 2000 Hoehenmeter, das kann schon
was.
*Fortsetzung in der naechsten Ausgabe

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06 Tiroler SchülerInnenparlament- Recht auf SchülerInnengrundrechte!
Von: Romana Brait <bsv at reflex.at>
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Pressemeldung der BundesschülerInnenvertretung

18. Februar, 2004
Bildung/BSV/Charta der SchülerInnenrechte
Tiroler SchülerInnenparlament- Recht auf SchülerInnengrundrechte!

Über 50 SchülerInnenvertreterInnen gaben heute der Kampagne Charta der
SchülerInnenrechte den Startschuss!
Recht auf Privatsphäre! Recht auf freien Bildungszugang ohne Barrieren!
Recht auf geschlechtssensiblen Unterricht! Recht auf Respekt! Das sind nur
einige der Forderungen, die 50 Tiroler SchülerInnenvertreterInnen heute in
Innsbruck für die Charta der SchülerInnenrechte erarbeitet haben. " Das
SchülerInnenparlament hat gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler sehr
genau wissen, was sie von ihrer Schule wollen und wie man sie verbessern
kann!" zeigt sich Bundesschulsprecherin Romana Brait erfreut über die
Ergebnisse des SchülerInnenparlaments. " Wir haben es verdient,
mitbestimmen zu können bei Reformen die hauptsächlich uns SchülerInnen
betreffen!", richtet Brait den Apell an die BildungspolitikerInnen.
Die SchülervertreterInnen waren sich in diesem Punkt auch einig:
Selbstbestimmung braucht Mitbestimmung. So erarbeiteten sie ein
Schulsystem in dem es möglich ist SchülerInnenvollversammlungen abzuhalten
und verlangen auch für die SchulsprecherInnen der AHS- Unterstufe und der
Hauptschulen gesetzlich geregelte Mitsprache. " Es ist wichtig, dass die
Schule endlich demokratischer wird, dazu gehören sowohl die Rechte der
SchülerInnenvertretung, als auch die Mitsprache im Unterricht!" , erklärt
der Tiroler Landesschulsprecher Josef Thoman die Demokratiekonzepte der
SchülervertreterInnen.
Auch das Recht auf freie und kostenlose Bildung war ein Schwerpunkt des
SchülerInnenparlaments. " In Zeiten von Studiengebühren und
kostenpflichtigen Privatschulen, ist es wichtig Bildung wieder als
Menschenrecht anzusehen!", so Landesschulsprecher Thoman. Das
SchülerInnenparlament fordert, dass alle Menschen egal welchen
Geschlechts, welcher sozialen und welcher geographischen Herkunft die
gleiche Chance auf Bildung haben. " Ein Konzept, um dies endlich mehr zu
forcieren ist die gemeinsame Schule der 10 - 14 jährigen. Sie gibt den
SchülerInnen die Möglichkeit mit 14 Jahren über ihren weiteren Bildungsweg
zu entscheiden, nicht mit 10 Jahren in denen die Eltern den maßgeblich zur
Entscheidung beitragen!", analysiert die Bundesschulsprecherin.
Für sie ist das wichtigste am Tiroler SchülerInnenparlament die Tatsache,
dass Schülerinnen und Schüler selbst über ihre Rechte sprechen konnten und
sie ihnen nicht vorgesetzt werden. Deshalb fordert Brait abschließend:
"Das Recht auf SchülerInnengrundrechte- bei denen wir selbst mitbestimmen
können!"
Rückfragehinweis: Romana Brait 0699/11975592

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07 offener brief an die oesterreichische post ag
Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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Post:
Wenn man uebersiedelt, ist immer alles sehr kompliziert. Und auch die
Postumleitung ist nicht immer ganz unproblematisch und manchmal geht einiges
schief. Dann urgiert und urgiert man und bekommt irgendwann ein paar nett
gemeinte Gutscheine zugeschickt, findet aber dennoch nur unzureichende
Beachtung seiner Anliegen. Schliesslich schreibt man einen boesen Brief wie
den nachstehenden. Und hofft, dasz er auch ankommt.
*
offener brief an die oesterreichische post ag
sehr geehrte damen und herren von der post.at
unser brieftraeger, der aufmerksame, hat uns darauf hingewiesen, dass alle
nachgesandten poststuecke eine falsche adresse tragen: die person, die diese
nachsendung bearbeitet, adressiert mit einer interessanten kombination
zwischen alter und neuer adresse: die post wird in die
pater-bernhard-strasse 25/9 geschickt. neue strasse, alte hausnummer.
nun ja, wir haben ja auch unsere telefonnummer beibehalten, dank telekom,
und so hat die beibehaltung der hausnummer einen durchaus zukunftsweisenden
charakter. und in ein paar jahren bleibt dann vielleicht ohnehin auch der
strassenname gleich. -- und dann vielleicht einmal postleitzahl und
ortsname? -- aber wie werden sie DAS dann schaffen? -- oder waeren die
ganzen arbeitsstellen im adressmanagement dann umsonst?
unser brieftraeger, der gute, hat gesagt, das sei nicht so schlimm, denn ER
wisse eh, wo wir wohnen. bloed waere es nur, wenn er einmal nicht da
waere...
ich denke mir, dass uns dann unsere post nicht mehr erreicht. und wenn ein
brief nicht ankommt, dann braucht man ihn auch nicht abschicken. und damit
wuerde das kapitel "post" in die geschichte eingehen. -- das nenn ich ein
effektives betriebsoptimieren!
aber vielleicht, so meint der brieftraeger, sollen wir deshalb einmal
anrufen. ich frage sie: auf unsere kosten? denn eine gratisnummer haben sie
ja nicht.
und ich erinnere mich, dass wir fuer den nachsendeauftrag auch etwas
bezahlen mussten. meine frau, die das tat, meint, es waere gar nicht so
wenig gewesen.
an wen sonst sollen wir uns wenden, wenn nicht an die post.at? sollen wir
privat jemanden beauftragen, unseren alten briefkasten zu entleeren und uns
die post nachzuliefern? ist das erlaubt? und wenn, wen? -- falls sie
jemanden kennen, zum beispiel einen arbeitslosen postler, waere ich fuer
zweckdienliche hinweise sehr dankbar.
aber bitte, liebes managent, putzen sie jetzt ja nicht einer mitarbeiterin
in der briefumleitung zusammen oder sich an einer solchen ab. ich glaub, die
kann nix dafuer. die hat wahrscheinlich sehr viel arbeit fuer wenig lohn. da
kann so etwas schon einmal passieren. ich glaube, der fehler liegt beim
management und beim minister. also bitte: die entsprechenden zustaendigen
zusammenputzen!
und ein zweites:
die beigelegten leiner-gutscheine waren eine nette geste. und es ist zu
begruessen, dass der leiner ihre dienstleistung sponsert und sie so fuer uns
kunden eventuell etwas guenstiger ist. lassen die uebersiedlerinnen meist
doch eh jede menge geld in den moebelhaeusern.
aber leider haben wir die tollen gutscheine erst nach weihnachten erhalten.
was fast zu vermuten war, datiert ihr schreiben doch vom 16. dezember.
wenigstens war es an unsere neue adresse gerichtet, denn waers an die alte
adressiert gewesen und nachgeschickt worden, haette es uns sicher erst im
neuen jahr erreicht.
und so waren die tollen leiner-gutscheine fuer uns wertlos, denn ihr
ablaufdatum war der 31.12.2003. also hatten wir lediglich zwischen
weihnachten und neujahr ein oder zwei tage zeit, um die gutscheine
einzuloesen. und da schafften wir es beim besten willen nicht.
also: bitte schicken sie uns das naechste mal keine derartigen
2-tages-gutscheine: der versand kostet ja auch was, und da ist es uns
lieber, sie ziehen die paar cent von den kosten fuer den nachsendeauftrag
ab. und unser brieftraeger, der gute, siehe oben, erspart sich die
schlepperei. und vorher irgendwer das -- ohnehin meist schlecht bezahlte --
einsackeln.
dies wollte ich ihnen rueckmelden. natuerlich freue ich mich ueber eine
antwort ihrerseits und will ihnen auch nicht verheimlichen, dass wir an
einem aktuellen leiner-gutschein (etwa fuer die fruehjahrssaison, wenn er
uns rechtzeitig erreicht, sonst bitte sommersaison) unsere freude haetten.
so. das wars. einstweilen verbleibe ich mit freundlichen gruessen und in
erwartung ihrer geschaetzen antwort
*andreas kuntner, uebersiedler (gek.)*

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08 Antisemitismus/Debatte: Was sind alle? Antisemiten!
- Kommentar zu einem Schiedel-Interview
Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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Antisemitismus/Debatte:
Was sind alle? Antisemiten!
Anhand des "neuen Antisemitismus" ortete der Rechtsextremismus-Experte vom
DOeW, Heribert Schiedel, in einem kuerzlich erschienen "Standard"-Interview
moegliche und tatsaechliche Verbindungen zwischen Rechtsextremen,
Islamisten, Linken und der Bewegung der Globalisierungskritiker. Schiedel
spricht ueber die signifikante Zunahme antisemitischer Drohungen und
Gewalttaten in Oesterreich und Europa, sowie ueber das "Verhaeltnis von
berechtigter Kritik an der israelischen Regierungspolitik" und dem
"Ressentiment gegen den juedischen Staat" Laut Schiedel setzt der "neue
Antisemitismus" mit dem Beginn der zweiten Intifada und besonders seit den
Anschlaegen auf das World Trade Center und das Pentagon ein. Seither werde
das "Feindbild Jude" offener benannt. Es sei seither zu einer "starken
Zunahme antisemitischer Agitation" gekommen. Die Taeter wuerden vermehrt aus
dem arabischen Raum mit einem meist militant-islamistischen Background
stammen. Der arabisch-islamistische Antisemitismus habe "seine Ursache nicht
im Nahost-Konflikt, der nur benutzt wird, um die antisemitische Propaganda
zu verstaerken." Und fuer muslimische MigrantInnen in Oesterreich stelle der
Antisemitismus so etwas wie ein "Integrationsangebot von Seiten der
oesterreichischen Bevoelkerung" dar.
So weit, so schlecht - allerdings trifft es nicht ganz den Punkt der
Ereignisse nach den Anschlaegen in den USA. So leben israelische
Staatsbuerger meist wesentlich besser und koennen ohne jegliche Probleme die
USA und die westlichen Staaten bereisen, was arabisch-staemmigen Reisenden
meist nur mit grosser Muehe gelingt. Israelis geniessen zumindest in den USA
breiteste Rueckendeckung vor dem "palaestinensischen Terror", den arabischen
Islamisten erkennt Schiedel einfach jegliche Ursachen ihrer antijuedischen
Attacken ab. Der Siedlungsbau am Fliessband im palaestinensischen Gebiet und
die kriegstreiberische Politik der Sharon-Regierung finden keinerlei
Erwaehnung. Im Gegenteil, laut Schiedel koenne sich die Enkelgeneration
ueber die Feindschaft zu Israel mit den Grosseltern aussoehnen, ohne am
antifaschistischen Selbstbild zweifeln zu muessen. Dass ein Grossteil dieser
jungen Generation einfach mit Politik nichts am Hut hat oder manche sogar
mit den Friedensbewegungen auf beiden Seiten sympathisieren koennten, wird
nicht einmal angedacht. Hauptsache ist der flaechendeckende Beweis von
Antisemitismus.
Meine Adoptiveltern waren milde Antisemiten - sofern sie manchmal ueber
Juden sprachen, beherrschten die ueblichen Klischees ihre Erzaehlungen. Als
Kind hoerte ich weder von der Reichskristallnacht, noch von der Gestapo oder
gar von Auschwitz. Bewusst sah ich nie einen Juden, und der erste, der mir
im Fernsehen als Jude praesentiert wurde, war Kreisky. Dieser wurde jedoch
von meinem Vater geliebt, der selbstredend eingefleischter Sozialdemokrat
war. Mit dem Heranwachsen und dem Kennenlernen anderer sozialer Gruppen
reduzierten sich zwar meine Klischees und Vorurteile, gaenzlich beseitigen
konnte ich sie nie. Selbst als Erwachsener fiel es mir nicht leicht,
vollkommene Unbefangenheit gegenueber jemand, z.B. von der Kultusgemeinde zu
zeigen. Es war so etwas wie sterile Freundlichkeit, scheue Vorsicht. Bis ich
mit der damals 12-jaehrigen Tochter meiner Freundin durch den 2. Bezirk fuhr
und sie beim Anblick von juedischen Schuelern mit Beikeles und Kaftan lachen
musste. Der Bann war vorbei, meine Scheu verfluechtete sich. Sie hatte gar
nicht gewusst, dass es juedisch-orthodoxe Jungen waren und zeigte sich nicht
besonders beeindruckt. Sie sehen nur komisch aus, meinte sie. Das fand sie
mit ihren 12 Jahren damals bei sehr vielen. Sie ist heute 19 und wuerde noch
immer beim Anblick der juedischen Schueler lachen, wie sie es auch bei einem
Haufen geschmueckter Burschenschafter tun wuerde. Uebrigens sind die meisten
so wie sie.
Schiedel ist zweifellos in seiner Auflistung all derer, bei denen
Antisemitismus vermutet werden kann, sehr bemueht. Andererseits ist bei
einigem guten Willen fast ueberall Antisemitismus hinein- und herauszulesen.
Globalisierungskritiker per se sind es nicht, aber wenn sich diese Bewegung
antizionistisch gebaerdet, ist sie es schon - da sie Israel das
Existenzrecht als juedischer Staat abspricht. Kaempfer gegen den
Kapitalismus sind keine Antisemiten, die gegen das "internationale
Finanzkapital" kaempfen, sind es schon. Wenn oppositionelle Bewegungen sich
vor allem in Spontaneitaet erschoepfen, werden sie antisemitisch. Wenn alle
ploetzlich ueberall Antisemitismus wittern, herrscht grosse Gefahr. Ich hab
schon meinen Hund in Verdacht - er schaut bereits komisch.
*Fritz Pletzl*

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09 Geschichte/Debatte: Bitte um Milde
- Zum Verhalten der Sozialdemokratie im Jahre 1934
Von: akin <akin.buero at gmx.at>
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Bitte um Milde
Zum Verhalten der Sozialdemokratie im Jahre 1934 und zum Umgang mit
Geschichte
Siebzig Jahre sind vergangen seit den Februarkaempfen. Heute sind wir
klueger. Heute wissen wir, was falsch gelaufen ist. So ungefaehr zumindest.
Und auch wenn Herr Khol die Chuzpe hat zu sagen: "Die Frage der Schuld ist
heute nicht mehr wirklich zu klaeren", wissen wir, dass die Vorgaengerpartei
der OeVP schuld an der Demontage der Ersten Republik war. Da ist nichts zu
beschoenigen und fuer das Geschehen sind auch nicht die Nazis zur
Verantwortung zu ziehen.
Wir wissen auch, dass die Sozialdemokratie in der Verteidigung dieser
Republik versagt hat. Dafuer hat sie von der linken Nachwelt schon genug
Pruegel bezogen -- gerade wieder in den letzten Wochen. Ich frage mich nur,
ob in ihrem Fall nicht doch mildernde Umstaende vor dem Gerichtshof der
Geschichte ins Treffen zu fuehren waeren.
Ich weiss nicht, was in den Koepfen der Fuehrer der Sozialdemokratie in den
fruehen 1930er-Jahren vorgegangen ist -- selbst Autobiographien sind da ja
nur bedingt hilfreich --, aber wenden wir einmal das Prinzip "in dubio pro
reo" und spielen den Advokaten der Sozi. Was koennte man zur Verteidigung
vorbringen?
Die Sozialdemokraten waren nach ihrem eigenen Selbstverstaendnis auch damals
keine Revolutionaere. Sie verstanden sich als Marxisten, glaubten aber auch,
dass sie dem Sozialismus mit den Mitteln der buergerlichen Demokratie zum
Durchbruch verhelfen koennten. Der Republikanische Schutzbund war keine
Revolutionsarmee, sondern sollte die Republik vor der Reaktion schuetzen.
Im Maerz 1933, nach dem Selbstputsch von "Christlichsozialen" und Anhang
(Landbund, Heimwehr), hatte Dollfuss noch lange nicht die totale Macht. Der
christlichsoziale Bundespraesident Miklas bestaetigte zwar das Recht der
Regierung, mit Notverordnungen zu regieren, verlangte aber die alsbaldige
Rekonstruktion des Nationalrats -- was die Sozialdemokraten ernst nahmen.
Weiters waren noch die Landtage und der -- zugegebenermassen auch damals
laecherliche -- Bundesrat, wo die Regierung ihre Mehrheit bereits verloren
hatte, intakt. Die schaerfste Waffe innerhalb der Institutionen aber war der
Verfassungsgerichtshof. Dieser war zwar auch nicht gerade linksradikal
bestueckt, aber die Richter waren in der Mehrheit keine willfaehrigen
Trottel der Regierung. Die Wiener Landesregierung nutzte in der Folge auch
sehr intensiv ihr Klagsrecht vor dem Hoechstgericht und dieses kassierte
prompt auch einige der Regierungsverordnungen ein. Erst als mittels einiger
Intrigen mehrere regierungsnahe Richter zum Ruecktritt bewegt werden
konnten, verlor das Gericht so viele Mitglieder, dass es nicht mehr
funktionsfaehig war. Und dann war es nicht mehr lange bis zum Februar 1934.
Die Sozialdemokraten glaubten aufgrund dieser -- fuer sie lange Zeit nicht
so aussichtslos scheinenden -- Institutionen-Situation, dass es sich
Dollfuss nicht lange wuerde leisten koennen, ohne Parlament zu regieren.
Spaetestens Ende 1934 waeren regulaer sowieso Nationalratswahlen
auszuschreiben gewesen und es war absehbar, dass Dollfuss selbst unter
Einbindung der eher buergerlich-liberalen Grossdeutschen dann keine Mehrheit
mehr zustande gebracht haette. Man sagte sich wohl, dass man der Regierung
bis dahin keine Moeglichkeiten geben wollte, die letzten demokratischen Inst
itutionen mit dem Verweis auf eine nicht mehr funktionierende oeffentliche
Ordnung zu sistieren -- letztlich hatten sie dabei ja nicht einmal voellig
unrecht, kam doch das Verbot der SDAP erst nach dem Februaraufstand.
Natuerlich haette Dollfuss alles getan, um an der Macht zu bleiben. Deswegen
ja auch die staendigen Provokationen von Fey und Starhemberg. "Was waere
gewesen, wenn..." ist zwar keine historische Kategorie, aber die
Sozialdemokraten waeren so oder so verboten, der Wiener Buergermeister so
oder so abgesetzt worden -- des Kanzlers unbedingter Machtwille (den er
nicht erst in der Trabrennplatzrede im September 1933 deklarierte), die
starke reale Machtbasis aus Polizei, Bundesheer und Heimwehr sowie ein sich
doch sehr bald als braver Parteigaenger des Kanzlers erweisender
Bundespraesident haetten der Sozialdemokratie schon fruehzeitig jegliche
Hoffnung auf eine freiwillige Rueckkehr zu republikanischen Zustaenden
rauben muessen.
Ja, schon, aber nachher ist man halt immer klueger. Wie haetten wir damals
gehandelt? Manchmal habe ich den Eindruck, als wollten manche
Diskussionsteilnehmer beim Thema "Februar 34" sich in jene Zeit
zurueckbeamen, um den Klassenkampf so richtig fuehren zu koennen. Und
andere, oft die friedliebendsten Linken, beschweren sich ueber die damalige
"Feigheit" der Arbeiterfuehrer. Ehrlich gesagt, bei dieser Martialitaet wird
mir uebel. Denn ich glaube, ich waere auch feig gewesen. Ich haette mich
wohl lieber einen "Lampenputzer" nennen lassen wollen, anstatt mich
beschiessen zu lassen und selbst zurueckzuschiessen.
Die Sozialdemokratie hat schwere Fehler gemacht, das ist unbestreitbar. Aber
ich habe meine Zweifel daran, ob man sie dafuer verurteilen kann. Was sind
die "Lehren des Februars"? Ist das so leicht zu beantworten? Vielleicht ist
eine Lehre die, dass man sich der Realitaet stellen muss, auch wenn sie
einem nicht ins politische Konzept passt. Ideologie, Utopie, Ueberzeugung
gilt es zu bewahren, oh ja, aber fest verwurzelt im Kopf und nicht als Brett
vor dem selben.
Es stellt sich auch die Frage, welche Konsequenzen zieht man fuer heute?
Auch hier sollte man vorsichtig sein. Wenn Herr Schuessel im Jahr 2000
meinte, er waere nicht Dollfuss, so tat er es, um den ueberdeutlichen
Parallelen seiner autoritaeren Art zu jener des Millimetternich
entgegenzutreten. Immerhin waren auch damals die Sozialdemokraten die
staerkste Partei im Parlament und konnten nur mit den vereinten, aber auch
sehr zerstrittenen Kraeften eines Buergerblocks von der
Regierungsbeteiligung abgehalten werden. Dennoch hatte Schuessel mit seinem
Sager recht, denn ansonsten war und ist schon vieles sehr anders.
Man darf nicht den Fehler machen, Geschichte als Blaupause fuer aktuelles
Geschehen zu verwenden. Denn Geschichte wiederholt sich nicht, nicht einmal
als Farce. Vergleichbare Situationen sind eben nur vergleichbar und nicht
gleich. Und es liegt auch im Wesen der Geschichte, dass sie letztlich nur in
der Erinnerung und in Dokumenten existiert, aber nicht "real" in dem Sinne
ist, dass man sich in eine Zeitmaschine setzen und sie noch einmal erleben
kann.
Geschichte kann uns womoeglich sagen, woher wir kommen und auf wessen
Schultern wir stehen. Sie hilft uns die Gegenwart zu verstehen und
vielleicht auch, die Zukunft zu gestalten. Nur allzu einfach sollten wir es
uns dabei auch nicht machen wollen.
*Bernhard Redl*
(der eh weiss, dass er manchmal ein bisserl was
Oberlehrerhaftes hat ;-))
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Neuauflage von Hindels-Texten zum Februar 34
Am 70jaehrigen Jahrestages des Buergerkrieges im Februar 1934, praesentierte
die Sozialistische Jugend NOe eine Broschuere mit den Texten "Der Weg zum
12. Feber 1934" und "So starb ein junger Sozialist" von Josef Hindels.
Darin werden die Ereignisse, Hintergruende und die Entwicklungen, die
letztlich zum Buergerkrieg fuehrten, beleuchtet und am konkreten Beispiel
des jungen Sozialisten Josef Gerl, der vom Staendestaatregime hingerichtet
wurde, die Schrecken des Kampfes gegen die austrofaschistische Herrschaft
ausfuehrlich dokumentiert.
Die Broschuere kann kostenlos bei der SJ NOe, bestellt werden:
Sozialistische Jugend NOe, Tel. 02742/2255-222, presse at sjnoe.at